Leitsatz (amtlich)

Zu den Erwägungen, die im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu beachten sind.

 

Normenkette

ZPO § 91a

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 5 O 245/03)

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, sie ist aber nicht begründet. Denn das LG hat bei seiner Entscheidung nach § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu Recht ihr auferlegt, soweit Gegenstand des Rechtsstreits gemäß der Klageerweiterung vom 25.7.2003 Werklohnkosten waren, welche unstreitig das Gemeinschaftseigentum betrafen; nur um die Kosten dieses Klageteils geht es in der Beschwerde.

Maßstab für die Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO - eine Ermessensentscheidung des Gerichts - ist zum einen der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen. Dies bedeutet, dass im Allgemeinen der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang bei der Kostenentscheidung den Ausschlag geben wird; allerdings ist das Gericht nicht schlechthin gehalten, sich allein an diesem Kriterium zu orientieren (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 91a Rz. 24). Vielmehr können im Rahmen der Billigkeitsentscheidung auch Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden (Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rz. 25).

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nicht zu beanstanden ist, dass das LG darauf abgestellt hat, dass die Klage gegen die Beklagte als gesamtschulderisch haftendes Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen Werklohns für Arbeiten am Gemeinschaftseigentum sich nach der Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 (jetzt BGH v. 20.6.2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 ff.) als unbegründet darstellte, da die Beklagte insoweit nicht passivlegitimiert war. Die Entscheidung war - als "Jahrhundertentscheidung" - im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses durch die Medien bekannt. Es hätte an der Klägerin gelegen, durch entsprechende prozessuale Maßnahmen diesen Teil des Rechtsstreits zu ihren Gunsten zu "retten", wobei rechtlich nur eine Klageänderung in der Form eines Parteiwechsels auf der Beklagtenseite unter Rücknahme des das Gemeinschaftseigentum betreffenden Teils der Klage gegen die Beklagte in Betracht gekommen wäre. In dieser Weise hat die Klägerin prozessual nicht reagiert, so dass sich das rechtliche Risiko, welches sie mit der Klageerhebung betreffend das Gemeinschaftseigentum dadurch eingegangen war, dass sie insoweit allein die Beklagte als eines der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft verklagte, realisierte. Offenbar erfolgte die in der Sache so durch nichts veranlasste Klageerweiterung ggü. der Beklagten bezüglich der Arbeiten am Gemeinschaftseigentum unter dem Gesichtspunkt einer prozessual einfach erscheinenden Vorgehensweise, weil die Klägerin bereits einen Rechtsstreit gegen die Beklagte wegen Werklohns für Arbeiten an deren Sondereigentum angestrengt hatte; die Klägerin hätte als "sicheren Weg" stattdessen, wie weithin üblich, die Wohnungseigentümergemeinschaft - damals verstanden als aus ihren Mitgliedern bestehende, nicht parteifähig ausgestaltete Bruchteilsgemeinschaft - verklagen können. Dass in der von ihr mit der Klagerweiterung gewählten prozessualen Vorgehensweise ein Risiko lag, musste der Klägerin klar sein, nachdem nach der Entscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH v. 29.1.2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 ff. = MDR 2001, 459 = BGHReport 2001, 237 m. Anm. Sprau = AG 2001, 307) eine Übertragung der in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätze auf die Wohnungseigentümergemeinschaft diskutiert wurde. Angesichts dieses Sachverhalts war es an der Klägerin, nach der Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 zu prüfen, inwieweit sie prozessual zu reagieren hatte oder dies möglicherweise - um den Fortgang des Rechtsstreits zeitlich nicht zu beeinträchtigen - nicht tun wollte. Eines besonderen Hinweises auf die geänderte Rechtsprechung durch das LG bedurfte es hier nicht; die Klägerin musste ohne Weiteres damit rechnen, dass das LG sich der derart grundlegend geänderten Rechtsprechung anschließen würde. Dies hätte umso mehr zu gelten, wenn - wie das LG in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 24.7.2006 ausgeführt hat - die neue Rechtsprechung in der mündlichen Verhandlung am 3.8.2005 Gegenstand der Erörterung war und diese Rechtsprechungsänderung gerade Anlass war, erneut über eine vergleichsweise Regelung unter Einbeziehung der Streithelferin nachzudenken, um der Notwendigkeit eines Rechtsstreits gegen diese entgegenzuwirken. Auch wenn die Streithelferin dann dem Vergleich beigetreten ist, ändert dies nichts daran, dass sie nicht Partei des vorliegenden Rechtsstreits war oder nach Klageänderung geworden ist. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin war in ihrer prozessualen Vorgehensweise angelegt; wenn sie unter inhaltlichen Gesichtspunkten - nämlich inwieweit auch der die Wohnungseigentümergemeinschaft betreffende Streit ohne Rücksicht auf deren prozessuale Rolle als Streithelferin beigelegt wurde - das Risiko einer für sie unkomfortablen Kostenentschei...

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