Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensbeistandsvergütung in parallel geführten Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Verfahrensbeistand im einstweiligen Anordnungsverfahren und im Hauptsacheverfahren bestellt, steht ihm die nach § 158 Abs. 7 FamFG zu erstattende Pauschale für beide Verfahren zu; eine Anrechnung einer im Hauptsacheverfahren geforderten Vergütung auf die im einstweiligen Anordnungsverfahren anfallende Pauschale ist nicht möglich. Nach Einführung der Pauschalisierung der Vergütung des berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistands kommt eine Kürzung der nach § 158 Abs. 7 FamFG zu erstattenden Vergütung aus dem Gesichtspunkt eines unterdurchschnittlichen Aufwands nicht in Betracht.
Normenkette
FamFG § 158 Abs. 2, 7
Verfahrensgang
AG Kassel (Beschluss vom 30.07.2010; Aktenzeichen 512 F 273/10 EASO) |
Tenor
Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Kassel vom 30.7.2010 (Az.: 512 F 273/10 EASO) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 550 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit Schreiben vom 14.1.2010 hat das Jugendamt der Stadt ... angeregt, den Eltern des betroffenen Kindes die elterliche Sorge zu entziehen. Im hier anhängigen Eilverfahren und im gleichzeitig angelegten Hauptsacheverfahren ist unter dem 21.1.2010 für das Kind Frau Rechtsanwältin ... zum Verfahrensbeistand bestellt worden. Ihr wurde die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern des Kindes zu führen.
Im Eilverfahren und im Hauptsacheverfahren sind auf den 19.2.2010 und den 26.3.2010 Anhörungstermine anberaumt worden. In beiden Terminen erschienen die Eltern nicht, die Verfahrensbeiständin war anwesend. In dem einstweiligen Anordnungsverfahren ist kein Beschluss in der Sache ergangen; die abschließende Kostenentscheidung nimmt darauf Bezug, dass das Verfahren sich durch den Erlass der Hauptsacheentscheidung vom 26.3.2010 erledigt hat.
Die Verfahrensbeiständin hat unter dem 11.5.2010 die Fallpauschale i.H.v. 550 EUR zur Abrechnung gestellt. Noch vor Festsetzung der Pauschale ist die Bezirksrevisorin beim LG Kassel gehört worden. Sie hat unter dem 1.7.2010 mitgeteilt, sie könne nur der Festsetzung einer Fallpauschale zustimmen und hat sich darauf bezogen, dass auch eine Vergütung im Hauptsacheverfahren gefordert werde. Soweit die Verfahrensbeiständin nun auch im Eilverfahren die Festsetzung der Pauschale i.H.v. 550 EUR verlange, sei festzustellen, dass sie sie in jedem Fall nur einmal verlangen dürfe.
Der Gesetzgeber habe mit dem einstweiligen Anordnungsverfahren die Möglichkeit eines schnellen Verfahrens schaffen wollen, das nicht jederzeit ein Hauptsacheverfahren nach sich ziehe. Jedenfalls dann, wenn der Verfahrensgegenstand identisch sei, beide Verfahren völlig parallel verliefen und zeitgleich endeten, dürfe die Vergütungspauschale i.H.v. 550 EUR nur einfach festgesetzt werden. Denn in solchen Verfahren sei nicht ersichtlich, dass der Verfahrensbeistand tatsächlich gesonderte Aufgaben im Eilverfahren und im Hauptsacheverfahren wahrgenommen habe.
Mit Beschluss vom 30.7.2010 (Bl. 61 ff. d.A.) hat die zuständige Rechtspflegerin des AG den der Verfahrensbeiständin zu erstattenden Anspruch auf 550 EUR festgesetzt, im Hauptsacheverfahren ist am gleichen Tag die Vergütung auf weitere 550 EUR festgesetzt worden. Zur Begründung führt das AG aus, dass es sich bei dem Eilverfahren und bei dem Hauptsacheverfahren um zwei völlig eigenständige Verfahren handele, die auch gesondert abzurechnen seien. Die Rechtspflegerin hat die Beschwerde zugelassen.
Auf den ihr am 16.8.2010 zugestellten Beschluss hat die Bezirksrevisorin bei dem LG Kassel vom 16.8.2010 Beschwerde eingelegt und sich auf ihre Ausführungen in der Stellungnahme vom 1.7.2010 bezogen.
II. Die gem. §§ 58 ff. FamFG, 11 Abs. 1 RPflG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das AG hat zu Recht die der Verfahrensbeiständin zustehende Vergütung mit einer Pauschale von 550 EUR festgesetzt, § 158 Abs. 7 S. 3 FamFG. Eine Berechtigung dazu, die Gebühr aus dem Hauptsacheverfahren auf die Pauschale im einstweiligen Anordnungsverfahren anzurechnen, ist aus dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Die Frage, ob der im Eilverfahren und im Hauptsachverfahren für ein Kind bestellte Verfahrensbeistand die Pauschale zweimal verlangen kann, ist bislang soweit ersichtlich oberstgerichtlich ungeklärt (Schumann, in MünchKomm zur Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2010, Rz. 48 zu § 158). Eine Anrechnungsregelung im Gesetz fehlt. Auch das beschwerdeführende Land geht nicht davon aus, dass im Gesetz eine Anrechnungsmöglichkeit normiert worden ist, sondern bezieht sich allein auf eine ratio legis. Auf die Frage, ob solche Erwägungen eine Anrechnungsmöglichkeit eröffnen, die nicht im Gesetz geregelt ist, kommt es allerdings nicht an. Denn die Beweggründe des Gesetzgebers, eine Pauschalierung einzuführen, tragen eine solche Argumentation nicht.
Soweit sich das beschwerdeführende Land darauf ber...