Leitsatz (amtlich)
Hatte das Familiengericht nach dem bis zum 31.08.2009 geltenden Recht ein öffentlich-rechtliches Versorgungsausgleichsverfahren deshalb mit einer Negativentscheidung, dass derzeit kein Versorgungsausgleich stattfinde, beendet, weil der mutmaßlich ausgleichberechtigte Ehegatte an der Feststellung seiner Anrechte nicht mitwirkte, handelt es sich bei einem neuen Verfahren auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht um ein Erst-, sondern ein Abänderungsverfahren.
Normenkette
FamFG §§ 225-226; VersAusglG § 10; SGN VI § 101 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Alsfeld (Aktenzeichen 22 F 540/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 27.02.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Alsfeld vom 15.02.2017 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben; außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner, beide deutsche Staatsangehörige, schlossen am 28.04.1973 in Apolda die Ehe miteinander. Auf Antrag der Antragstellerin vom 17.05.1991, dem Antragsgegner zugestellt am 16.09.1991, wurde die Ehe durch am 22.03.1994 verkündetes Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Alsfeld, Az. F 161/91, rechtskräftig seit 03.05.1994, unter Abtrennung der von Amts wegen eingeleiteten Folgesache Versorgungsausgleich geschieden.
Da die Antragstellerin ehedem an der Klärung ihres Versicherungskontos bei der Beschwerdeführerin nicht mitwirkte, erließ das Familiengericht in der Folgesache Versorgungsausgleich einen auf den 18.12.1996 datierten Beschluss folgenden Inhalts:
"... Von der Durchführung des Versorgungsausgleichs wird zur Zeit abgesehen. Die spätere Durchführung des Versorgungsausgleichs bleibt einem gesonderten Verfahren vorbehalten, was nur auf Antrag eines Beteiligten durchgeführt wird...".
Diese Entscheidung wurde allen damaligen Beteiligten Anfang 1997 zugestellt und blieb ohne Rechtsmittel.
Der am 30.03.1952 geborene Antragsgegner bezieht seitens der DRV Hessen seit 01.12.2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die am 08.08.1949 geborene Antragstellerin bezieht seit dem 01.09.2009 eine Vollrente wegen Alters.
Am 21.09.2016 beantragte die Antragstellerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs beim Familiengericht. Dieses ermittelte ehezeitliche Anrechte der Ehegatten innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung in folgendem Umfang:
- für die Antragstellerin bei der Beschwerdeführerin 9,0545 Entgeltpunkte Ehezeitanteil, 4,5273 Entgeltpunkte vorgeschlagener Ausgleichswert mit einem korrespondierenden Kapitalwert von EUR 17.993,44;
- für den Antragsgegner bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen 19,5317 Entgeltpunkte Ehezeitanteil, 9,7659 Entgeltpunkte vorgeschlagener Ausgleichswert mit einem korrespondierenden Kapitalwert von EUR 38.813,88.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15.02.2017 (Zeitpunkt der Übergabe an die Geschäftsstelle) hat das Familiengericht, das das Verfahren als Abänderungsverfahren zum Ausgangsverfahren F 161/91 auffasste, seinen Beschluss vom 18.12.1996 mit Wirkung ab 01.10.2016 dahingehend abgeändert, dass es - entsprechend der genannten Ermittlungen - die beiderseitigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung intern teilte.
Nach Zustellung dieses Beschluss an sie am 17.02.2017 richtet sich hiergegen die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 27.02.2017, die am 07.03.2017 beim Familiengericht einging, insoweit, als diese den Wegfall des auf den 01.10.2016 wirkenden Abänderungsausspruches begehrt.
Am 17.05.2017 - nach Beiziehung der Akte des Ausgangsverfahren F 161/91 - wies der Senatsberichterstatter auf die mutmaßliche Erfolglosigkeit der Beschwerde hin; die Beschwerdeführerin nahm hierzu am 08.08.2017 umfangreich Stellung, in dem sie ausführte, es läge mit dem Beschluss vom 18.12.1996 keine der Abänderung zugängliche Ausgangsentscheidung vor, so dass es sich um ein Erstverfahren handele. Die Antragstellerin unterstützt dieses Begehr.
II. Die zulässige, §§ 58 ff. FamFG, Beschwerde der Beschwerdeführerin ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen.
Allerdings ist der Beschwerdeführerin als Versorgungsträgerin nicht die nötige Beschwerdebefugnis, § 59 I FamFG, abzusprechen. Für diese genügt, dass eine unrichtige Anwendung des materiellen Rechts gerügt wird und - im Hinblick auf die künftigen Unklarheiten des jeweiligen Versichertenschicksals - eine wirtschaftliche Mehr- oder Minderbelastung nicht ausgeschlossen werden kann (vergl. BGH FamRZ 2013, 612-614, Rz.11). Vorliegend ergeben sich aus § 101 III S. 1 und 3 SGB VI unterschiedliche Zeitpunkte, zu dem die Beschwerdeführerin gehalten ist, eine Versorgungsausgleichsentscheidung umzusetzen. Während für Erstverfahren nach § 101 III 1 SGB VI die Umsetzung zu dem Zeitpunkt zu erfolgen hat, "...zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist..." (hierunter wird der Eintritt der Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung verstanden, vergl. SG Lüneburg, Gerichtsbescheid vom...