Leitsatz (amtlich)
Zum Einfluss der Prozessökonomie auf die Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 ZPO.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1
Gründe
Die Klägerin nimmt die Antragsgegner zu 1) und 2) beim LG O2 (Eingang 28.12.2005), die Antragsgegner zu 3) bis 8) beim LG O3 (Eingang 30.12.2005) auf Zahlung und Feststellung in Anspruch, weil sie im Zusammenhang mit der Insolvenz der Fa. A ihre Prüfungspflichten in unterschiedlichen Funktionen verletzt hätten.
Mit Verfügung vom 25.1.2006 hat das LG O2 auf Bedenken gegen seine Zuständigkeit hingewiesen. Beim LG O3 hat die 1. Zivilkammer die Sache an die 2. Zivilkammer abgegeben.
Die Klägerin beantragt beim erkennenden Senat bezüglich aller Antragsgegner die Bestimmung des zuständigen Gerichts - LG O2, hilfsweise O3 oder O1.
Die Antragsgegnerin zu 1), die ihren satzungsmäßigen Sitz in O1 hat, und die von einem O1 Rechtsanwalt vertretenen Antragsgegner zu 4) bis 7) beantragen, das LG O1 als zuständig zu bestimmen.
Der Antragsgegner zu 2) verweist auf das für ihn zuständige LG O2 und bezweifelt die Zweckmäßigkeit gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung bezüglich aller Prozessbeteiligten, da es um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen gehe.
Die Antragsgegner zu 3) (Wohnsitz im Landgerichtsbezirk O2) und 8) (Landgerichtsbezirk O4) haben sich nicht geäußert.
Auf den nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zulässigen Antrag war das LG O1 als zuständig für die Klage zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift kann ein Gericht als zuständig bestimmt werden, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.
Zur Entscheidung ist der Senat nach § 36 Abs. 2 ZPO berufen. Die Klage beim LG O2 im Bezirk des OLG Frankfurt ist früher eingegangen.
Aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit kann die Zuständigkeitsbestimmung auch nach Rechtshängigkeit erfolgen, solange noch keine sachliche Entscheidung ergangen ist (BGH NJW 1980, 189). Ein Entscheidung in der Sache ist in beiden anhängigen Verfahren noch nicht getroffen worden, so dass die begehrte Zusammenführung zu einer einheitlichen Verhandlung und Entscheidung keinen Bedenken begegnet.
Die Auswahl unter den in Betracht kommenden Gerichten erfolgt nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten. Die vom Senat getroffene Bestimmung ist aus prozessökonomischen Gründen zweckmäßig.
Die Antragsgegnerin zu 1) und die Antragsgegner zu 4) bis 7) haben sich für die Bestimmung des LG O1 ausgesprochen. Die Antragsgegner zu 3) und 8) haben sich nicht geäußert, mithin auch dem Antrag, O1 zu bestimmen, nicht widersprochen.
Da sich, soweit ersichtlich, weder das LG O2, noch das LG O3 bereits eingehend mit den Streitpunkten befasst hat, steht auch die Bestimmung eines anderen Gerichts offen. Da sich die Mehrheit der Beklagten für O1 ausgesprochen hat, was auch die Klägerin durch ihren erweiterten Antrag akzeptiert, dazu auch die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin zu 1) einen Schwerpunkt bildet, ist die Bestimmung dieses Gerichts angezeigt.
Für den Antragsgegner zu 2) ist es zumutbar, sich entsprechend der Mehrheitsmeinung nach dem zwar nicht in unmittelbarer Nähe, aber jedenfalls im selben Bundesland gelegenen O1 zu begeben. Auch ihm gegenüber liegen die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung vor. Die Beklagten werden als Streitgenossen in Anspruch genommen. Für die Streitgenossenschaft ist nicht erforderlich, dass die Inanspruchnahme auf der gleichen vertraglichen Grundlage erfolgt oder gar auf die selbe Anspruchsgrundlage gestützt wird. Über diesen in § 59 ZPO geregelten Fall hinaus können nach § 60 ZPO mehrere Personen auch dann gemeinschaftlich verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen verfolgt werden. Diese Vorschrift ist als Zweckmäßigkeitsregelung weit auslegbar und erfordert lediglich einen inneren Zusammenhang der Ansprüche (Baumbach- Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 60, Rnr. 3 mit Nachweisen), der hier zweifelsfrei vorliegt.
Ob die Inanspruchnahme zu Recht erfolgt, ist vom als zuständig bestimmten Gericht, nicht vom Senat im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung zu prüfen.
Fundstellen
NJW 2006, 2565 |
NJW-RR 2006, 864 |