Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtschutzbedürfnis für statusunabhängiges Abstammungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtschutzbedürfnis für ein statusunabhängiges Abstammungsverfahren besteht nicht, wenn die Vaterschaft in einem gerichtlichen Verfahren unter Einholung eines Abstammungsgutachtens (hier Blutgruppengutachten) festgestellt worden ist. Das Rechtschutzbedürfnis folgt in diesem Fall auch nicht daraus, dass für ein beabsichtigtes Restitutionsverfahren ein Abstammungsgutachten nach § 185 FamFG benötigt wird.

 

Normenkette

BGB § 1598a

 

Verfahrensgang

AG (Beschluss vom 24.07.2015)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 30.11.2016; Aktenzeichen XII ZB 173/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Stadt1 vom 24.7.2015 abgeändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Ersetzung der Einwilligung der Antragsgegner in die genetische Abstammungsuntersuchung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren setzt der Senat auf 2.000 EUR fest.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat am 10.10.2014 beim AG Stadt1 beantragt, festzustellen, dass er nicht der Vater des am ... 1984 geborenen Antragsgegners, Herrn A sei. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei im Jahr 1988 von Polizeibeamten im Standesamt abgeholt worden und habe vor dem AG seine Vaterschaft bekunden müssen. Seine Berechtigung zur Anfechtung ergebe sich aus § 1600 BGB, nachdem er am 20.9.2014 bei einem Aufenthalt in der Gaststätte "C" von deren Betreiber erfahren habe, dass die am Verfahren beteiligte Mutter des Antragsgegners "freundschaftlichen" Kontakt mit anderen Männern gehabt habe. Die Mutter des Antragsgegners habe am Kiosk B in Stadt1 eine Nachricht hinterlassen, dass der Antragsteller sie telefonisch kontaktieren solle. Das habe er nicht getan. Insgesamt könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass er nicht der Vater des A sei.

In der Folgezeit haben die Beteiligten über die Frage gestritten, inwieweit der Antragsteller die Vaterschaft anfechten könne. Der Antragsgegner und die beteiligte Mutter haben dazu vorgetragen, die rechtliche Vaterschaft des Antragstellers sei keineswegs über ein Anerkenntnis entstanden, sondern im Rahmen eines beim AG in Stadt3 geführten Abstammungsverfahrens nach Einholung eines Gutachtens festgestellt worden.

Im Verfahren hatte der Antragsteller den Antragsgegner daraufhin dazu zu bewegen versucht, bei einer gendiagnostischen Abklärung der Vaterschaft mitzuwirken. Dem haben sich der Antragsgegner und seine Mutter widersetzt. Am 12.3.2015 hat der Antragsteller seinen Antrag umgestellt. Er stelle nunmehr den Antrag, die nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung der Probeentnahme anzuordnen gemäß § 1598a Abs. 2 BGB.

Das AG hat versucht, die Akte des AG Stadt3 beizuziehen. Da der Randvermerk am Geburtseintrag des Antragsgegners (Bl. 21 d.A.) allerdings nicht das Aktenzeichen des Urteils des AG Stadt3 vom 14.11.1985 auswies und weil keiner der Beteiligten die Unterlagen des Abstammungs, verfahrens aufbewahrt hatte, ist dieses Vorhaben gescheitert.

Am 3.6.2015 hat das AG dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt, ohne näher auszuführen, für welchen Antrag die Bewilligung gelten soll. Im Anhörungstermin sind der Antragsteller und die Mutter des Antragsgegners befragt worden. Der Antragsteller hat erklärt, er sei im Gericht in Stadt3 nicht anwesend gewesen und habe beim Amtsarzt eine Blutprobe abgegeben. Das Gutachten sei mehrfach "korrigiert" worden. Das habe ihn damals schon stutzig gemacht. Er sei damals allerdings mit großer Sicherheit beim AGdirektor D in Stadt1 gewesen, dieser habe ihn geheißen, etwas zu unterschreiben, sonst müsse er bleiben, bis er vom Urlaub wiederkäme. Die Mutter hat angegeben, dass sie - wie schon beim AG in Stadt3 ausgeführt - während der gesetzlichen Empfängniszeit nur mit einem Mann, nämlich mit dem Antragsteller, verkehrt habe. Deswegen sei nach Einholung von Sachverständigengutachten beim AG in Stadt3 auch festgestellt worden, dass er mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 % der Vater sei.

Mit Beschluss vom 22.7.2015 hat das AG sodann die Einwilligung des Antragsgegners und seiner Mutter in die Entnahme von Proben zur Abstammungsbegutachtung ersetzt. Es sei misslungen, das beim AG in Stadt3 geführte Statusverfahren beizuziehen. Diese Unsicherheit gehe nicht zu Lasten des Antragstellers. Auch Unterlagen beim Standesamt seien nicht verfügbar. Die Verfahrensbeteiligten verfügten ebenfalls nicht mehr über Unterlagen. Ein erheblicher Unsicherheitsfaktor betreffend die Richtigkeit der Feststellung der Vaterschaft in tatsächlicher Hinsicht bestehe damit fort, die Validität des womöglich zugrunde gelegten Gutachtens könne nicht nachvollzogen werden. Unter diesen Umständen könne kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers festgehalten werden.

Gegen die am 13.8.2015 zugestellte Entscheidung wendet...

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