Leitsatz (amtlich)
›Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG ist grundsätzlich nicht analog im Markenrechtsstreit anwendbar.‹
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 16.07.2002; Aktenzeichen 2/3 O 406/02) |
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Recht abgelehnt, da es am erforderlichen Verfügungsgrund fehlt. Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG ist im Markenrecht nicht im Wege einer generellen Analogie anwendbar. Für eine solche Analogie fehlt es schon an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke, nachdem der Gesetzgeber davon abgesehen hat, in das Markengesetz, mit dem das Kennzeichnungsrecht grundlegend neu kodifiziert worden ist, eine der Vorschrift des § 25 UWG entsprechende Regelung aufzunehmen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Auflage, Rdz. 20 zu Kapitel 54); dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass das Markengesetz durchaus eine die Durchsetzung von markenrechtlichen Ansprüchen im Eilverfahren betreffende Spezialregelung (§ 19 Abs. 3) enthält. Soweit der erkennende Senat früher im Anschluss an eine verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. die Nachweise Köhler/Piper, UWG, Rdz. 14 zu § 25) von einer analogen Anwendung des § 25 UWG im Kennzeichnungsrecht ausgegangen ist (vgl. die Nachweise aus der Senatsrechtsprechung bei Traub, Wettbewerbsrechtliche Verfahrenspraxis, 2. Auflage, Seite 104), hält er hieran aus den eingangs genannten Gründen nicht mehr fest. Daraus folgt allerdings nicht, dass nunmehr an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes nach §§ 935, 940 ZPO wesentlich höhere Anforderungen zu stellen wären. Vielmehr ist aufgrund der von jeder Markenverletzung ausgehenden Gefährdung für die geschützte Marke ein berechtigtes Interesse des Markeninhabers, weitere Verletzungshandlungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes alsbald zu unterbinden, regelmäßig zu bejahen (vgl. hierzu Teplitzky, a.a.O., Rdz. 20 f. zu Kapitel 54); insoweit kann jedenfalls der in § 25 UWG zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgedanke auch auf das Markenrecht angewendet werden.
Im vorliegenden Fall liegen jedoch besondere Umstände vor, die ausnahmsweise zur Verneinung eines Verfügungsgrundes führen. Zum einen bedient sich die Antragsgegnerin seit 1993 der beanstandeten Firmierung, ohne dass die Antragstellerin die Kollision mit ihrer eigenen Firma überhaupt bemerkt hätte; daraus und aus der räumlichen Distanz der Geschäftssitze der Parteien hat das Landgericht zutreffend gefolgert, dass die Gefahr tatsächlicher Verwechslungen zwischen den sich gegenüber stehenden Geschäftsbezeichnungen offensichtlich äußerst gering ist. Zum anderen hat sich die Antragsgegnerin strafbewehrt verpflichtet, die angegriffene Bezeichnung ab 01.09.2002 im Geschäftsverkehr nicht mehr zu verwenden (zur Wirksamkeit einer mit aufschiebender Befristung versehenen Unterwerfungserklärung vgl. allgemein BGH WRP 2001, 1179 Weit-Vor-Winter-Schlussverkauf). Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten kann ein die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erforderndes Bedürfnis der Antragstellerin, die Benutzung der angegriffenen Firma sofort zu unterbinden, nicht anerkannt werden. Vielmehr ist der Antragsgegnerin ausnahmsweise die von ihr selbst beanspruchte Umstellungsfrist von wenigen Wochen zuzugestehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das von der Antragstellerin verfolgte Unterlassungsbegehren sich gegen die Verwendung der angegriffenen Firmierung insgesamt und nicht etwa nur im Internet richtet. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 2962426 |
GRUR 2002, 1096 |
AfP 2002, 552 |
WRP 2002, 1457 |
Mitt. 2003, 425 |