Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren durch das LG ist eine sofortige Beschwerde nicht statthaft.

2. Eine nach früherem Zivilprozessrecht als statthaft angesehene außerordentliche Beschwerde bei sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit existiert nach der seit 1.1.2002 geltenden ZPO auch im Bereich der Prozesskostenhilfe nicht mehr.

 

Normenkette

ZPO §§ 127, 567

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 22.10.2004; Aktenzeichen 3 S 72/04)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Wiesbaden v. 22.10.2004 wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für die Berufung gegen ein Urteil des AG Wiesbaden, mit dem ihre Klage auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls abgewiesen worden ist.

Das LG hat den Antrag der Antragstellerin mit Beschluss v. 22.10.2004 abgelehnt. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 19.11.2004 eingelegten "Beschwerde", der das LG nach Hinweis v. 8.12.2004 auf die Rechtslage mit Beschluss v. 29.12.2004 nicht abgeholfen hat.

Zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde ist gem. § 568 Abs. 1 ZPO der Senat des Beschwerdegerichts berufen. Denn die angefochtene Entscheidung wurde von der Kammer des LG erlassen. Dem steht nicht entgegen, dass - nach Übertragung des Rechtsstreits auf die Einzelrichterin durch Beschluss der Kammer v. 12.11.2004 - die Einzelrichterin über die Abhilfe entschieden hat. Denn das Gesetz knüpft als entscheidend an die angefochtene Ausgangsentscheidung an; dagegen schafft die Nichtabhilfeentscheidung keine neue selbständige Beschwer der Verfahrensbeteiligten, sondern sie ist bloße Verfahrensvoraussetzung dafür, dass das Beschwerdegericht sich mit der Erstentscheidung, durch welche sich ein Verfahrensbeteiligter beschwert sieht, befasst (OLG Frankfurt v. 29.10.2003 - 1 W 70/03, OLGReport Frankfurt 2004, 115; OLG Düsseldorf v. 25.9.2002 - 24 W 29/33/34/02, OLGReport Düsseldorf 2003, 187 [188]).

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist, worauf das LG zutreffend hingewiesen hat, unzulässig, da unstatthaft.

Die nach der bis zum 31.12.2001 geltenden ZPO in Prozesskostenhilfesachen statthafte einfache Beschwerde kennt das seit 1.1.2002 geltende Zivilprozessrecht nicht mehr.

Eine sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 ZPO ist hier nicht statthaft. Denn sie findet nur gegen erstinstanzliche Entscheidungen statt, nicht dagegen, wenn - wie hier - das LG als Berufungsgericht entschieden hat (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 127 Rz. 46; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 567 Rz. 38, m.w.N.). Der Verweis der Antragstellerin auf die Kommentierung bei Zöller/Philippi (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 127 Rz. 13) beruht offenbar auf einem Missverständnis dieser Kommentierung und ist nicht einschlägig; sie behandelt nämlich nicht den Instanzenzug sondern die Frage, wer von den an einem Prozesskostenhilfeverfahren Beteiligten - Antragsteller, Gegenpartei, Anwälte, Staatskasse überhaupt beschwerdeberechtigt ist.

Auch eine nach altem Zivilprozessrecht als statthaft angesehene sog. außerordentliche Beschwerde ist nicht eröffnet. Die entsprechende frühere Rechtsprechung ist durch die ZPO-Reform auch für das PKH-Verfahren überholt (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 127 Rz. 42; Musielak/Fischer, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 127 Rz. 21).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht erfüllt sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1317369

OLGR-West 2005, 593

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