Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Nachlasspflegervergütung bei vermögendem Nachlass

 

Leitsatz (amtlich)

Für einen nicht als Rechtsanwalt oder Diplom-Rechtspfleger tätigen Nachlasspfleger besteht bei Geltendmachung seiner gegen den vermögenden Nachlass gerichteten Vergütung keine an dem Doppelten des Höchstvergütungssatzes des § 3 Abs. 1 VBVG zu bemessende Vergütungsobergrenze.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 1 S. 1, § 1877 Abs. 1, § 1888 Abs. 2 S. 1, § 1915 Abs. 1 S. 1; VBVG § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Beschluss vom 28.06.2021)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss des Nachlassgerichts vom 28.06.2021 insoweit abgeändert, als unter Aufhebung der dortigen Benennung des Tätigkeitsendzeitpunkts 12.05.2021 der zu erstattende Anspruch des Beteiligten zu 6 aufgrund seines Antrags vom 12.05.2021 auf 6.328,35 Euro festgesetzt wird.

Der darüber hinaus gehende Antrag des Beteiligten zu 6 vom 12.05.2021 wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Verfahren der Beschwerde ist gerichtskostenfrei.

Eine Erstattung der den Beteiligten im Verfahren der Beschwerde etwa entstandenen notwendigen Aufwendungen erfolgt nicht.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat mit Beschluss vom 02.03.2020 für die unbekannten Erben des Erblassers gemäß § 1960 BGB Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 6 zum berufsmäßigen Nachlasspfleger mit den Wirkungskreisen Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie Ermittlung der Erben bestellt; seine Verpflichtung durch die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts ist am 06.03.2020 erfolgt (Bl. 12, 15, 24 d. A.).

Ausweislich des von dem Beteiligten zu 6 am 15.05.2020 erstellten Nachlassverzeichnisses mit Erläuterungen belief sich der Nachlasswert zum Todestag des Erblassers auf 205.458,10 Euro (Bl. 37 d. A.; auf das dem Nachlassverzeichnis vorangestellte Schreiben des Beteiligten zu 6 an das Nachlassgericht vom 15.05.2020, Bl. 36 d. A., wird ebenfalls Bezug genommen).

Mit Antrag vom 12.05.2021, auf den nebst Anlagen Bezug genommen wird (Bl. 139 ff. d. A.), hat der Beteiligte zu 6 die Festsetzung seiner Vergütung sowie seiner Auslagen beantragt. Dabei hat er unter Zugrundelegung eines Netto-Stundensatzes in Höhe von 100,00 Euro für insgesamt 53,55 Stunden inklusive Auslagen einen Gesamtbetrag in Höhe von 6.889,55 Euro in Rechnung gestellt (38,85 Stunden á 100,00 Euro = 3.885,00 Euro zzgl. 341,95 Euro Aufwendungen zzgl. 19% USt. und 14,70 Stunden á 100,00 Euro = 1.470,00 Euro zzgl. 133,00 Euro Aufwendungen zzgl. 16% USt.).

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat die Beteiligten zu 1 bis 5 zu diesem Vergütungsantrag angehört (Bl. 147 d. A.), hat dann am 28.05.2021 einen Erbschein erteilt, der die Beteiligten zu 1 bis 5 zu verschiedenen Bruchteilen als Erben des Erblassers ausweist (Bl. 152 d. A.) und hat mit Beschluss vom 28.06.2021, nachdem Einwendungen gegen den Vergütungsantrag des Beteiligten zu 6 nicht erhoben worden waren, den dem Beteiligten zu 6 für seine Tätigkeit in der Zeit vom 02.03.2020 bis 12.05.2021 aus dem Nachlass von den Erben zu erstattenden Anspruch aufgrund seines Antrags vom 12.05.2021 auf 6.889,55 Euro festgesetzt (Bl. 165, 167 d. A.).

Mit am 14.07.2021 bei dem Nachlassgericht eingegangenen, an dieses gerichteten und (wohl versehentlich) auf den 14.06.2021 datierten Schriftsatz hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 2 Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss des Nachlassgerichts vom 28.06.2021 eingelegt, auf die wegen ihrer Begründung im einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 174 f. d. A.). Mit dem Hinweis auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 08.02.2018 (Az. 6 W 19/18) richtet sich die Beschwerde u. a. gegen den angesetzten Stundensatz, da der Beteiligte zu 6 kein Rechtsanwalt sei. Auch wendet sie sich dagegen, dass der Beteiligte zu 6 Arbeiten unvollständig und unrichtig ausgeführt habe, so im Hinblick auf den von ihm dem Nachlassgericht vorgelegten Stammbaum, in dem mit dem vermeintlichen Bruder des Beteiligten zu 2 Vorname3 I und dessen Abkömmlingen nicht zur Familie gehörende Personen auftauchen würden, so dass eine "Anfechtung der erteilten Erbscheine" beabsichtigt sei. Auch sei der Beteiligte zu 6 seinen Schutzpflichten hinsichtlich des von ihm zu verwaltenden Erbes nicht vollumfänglich nachgekommen. So sei offenbar der Inhalt des zum Erbe gehörenden Wohnhauses wie Möbel und Porzellan nicht inventarisiert worden, obgleich wahllos ausgesuchten teilweise vermeintlichen Erben die Schlüsselgewalt ohne Einverständnis des Beteiligten zu 2 erteilt worden sei. Dies lasse nicht auf eine ordnungsgemäße Ausführung der Nachlasspflegschaft schließen, sodass entsprechend auch nicht der vom Beteiligten zu 6 angesetzte Grundstundenlohn in voller Höhe akzeptiert werden könne. Für weiteres explizites Vorbringen mit Belegen werde um Fristverlängerung gebeten.

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat entsprechende Fristverlängerung gewährt und im Hinblick ...

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