Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfügungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Unzulässigkeit einer Leistungsverfügung bei Vorwegnahme der Hauptsache (hier: Telekommunikationsanschlüsse einer Kanzlei)

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.08.2017; Aktenzeichen 2-28 O 258/17)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.08.2017 (Az.: 2-28 O 258/17) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000 EUR festgesetzt.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

 

Gründe

Die Antragstellerin hat keinen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Der grundsätzliche Anspruch auf Teilhabe an der von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Telekommunikationseinrichtungen wird durch das Telekommunikationsgesetz (TKG) und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin sowie subsidiär dem besonderen und allgemeinen Schuldrecht des BGB ausgestaltet und beschränkt. Dass die Antragsgegnerin nach diesen Vorgaben gehindert gewesen wäre, den Vertrag mit der Antragstellerin über die bestehenden Telekommunikationsanschlüsse nach Maßgabe des Schreibens vom 18.04.2017 mit Wirkung zum 29.07.2017 zu kündigen, behauptet die Antragstellerin schon nicht. Zwar dürfte es dem geltend gemachten Verfügungsanspruch nicht entgegenstehen, dass die Antragstellerin die mit Schreiben vom 18.04.2017 gesetzte Frist zum Abschluss eines Neuvertrages bis zum 29.07.2017 voll ausgeschöpft hat, da dies grundsätzlich zulässig ist. Allerdings dürften die mit der vollen Fristausschöpfung erfahrungsgemäß verbundenen Risiken dazu führen, dass die Antragstellerin erhöhte Sorgfaltspflichten bei ihren Bemühungen um den Abschluss eines Neuvertrages trafen, die im Rahmen eines Schadenersatzanspruches gegebenenfalls als Mitverschulden zu berücksichtigen sind.

Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin scheitert jedoch daran, dass sie nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der Antragsgegnerin die Wiederherstellung der Telekommunikationsanschlüsse überhaupt technisch möglich wäre. Denn aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 18.04.2017 folgt, dass die Vertragsumstellung zum 29.07.2017 im Zusammenhang mit der Netzumstellung zur Bereitstellung IP-basierter Anschlüsse erfolgen sollte und die Antragstellerin aufgrund der neuen Anschlusstechnik für den angebotenen neuen Tarif "A" einen IP-fähigen Router benötigen würde, zu dessen Erwerb sie zugleich aufgefordert wurde. Damit scheidet eine technische Wiederherstellung der bisherigen Anschlüsse - anders, als im Fall einer vom Telekommunikationsanbieter veranlassten zeitweiligen Sperre - im vorliegenden Fall offensichtlich aus. Dass die Antragstellerin einen IP-fähigen Router zum 29.07.2017 bereits vorgehalten oder sich zwischenzeitlich beschafft hat, trägt sie nicht vor, so dass es für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz - neben dem erforderlichen Vertragsschluss - auch an der von ihrer Seite bereitzustellenden Technik fehlt, worauf das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen hat. Soweit die Antragstellerin demgegenüber mit der Beschwerde ausführt, dass keine Notwendigkeit für die Anschaffung des Routers bestanden habe, da dieser ohnehin erst in den nächsten Tagen oder Wochen von dem angeforderten Techniker vorbeigebracht und installiert worden wäre, verfängt dies nicht. Denn diese Argumentation verkennt, dass auch dann, wenn es noch am 29.07.2017 zum Abschluss eines Neuvertrages gekommen wäre, die Telekommunikationsanschlüsse wegen der von der Antragstellerin vertretbar versäumten Bereitstellung der erforderlichen Technik nicht unverzüglich ab dem 30.07.2017 hätten hergestellt werden können.

Darüber hinaus steht dem Erlass der einstweiligen Verfügung entgegen, dass es sich bei der begehrten Wiederherstellung der Telekommunikationsanschlüsse um eine Leistungsverfügung handelt, bei der die Hauptsache im Ergebnis vorweggenommen wird. In diesem Fall sind aber an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes aber besondere Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist über §§ 935, 940 ZPO hinaus eine bestehende oder drohende Notlage des Gläubigers. Dieser muss so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen sein oder ihm müssen so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.10.2002, Az.: U (Kart) 9/02, zitiert nach juris). Dies ist beispielsweise beim Vorliegen einer Not-/Zwangslage oder einer Existenzgefährdung der Fall (vgl. Vollkommer, in: Zöller, 31. Aufl., § 940 ZPO, Rdnr. 6). Vorliegend hat die Antragstellerin das Bestehen einer solchen besonderen Dringlichkeit nicht ausreichend dargelegt. Zwar behauptet sie in der Antragsschri...

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