Entscheidungsstichwort (Thema)
Sperrung eines Social-Media-Kontos
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle der Sperrung des privat genutzten Social-Media-Kontos und des Antrags im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung der Sperrung wegen eines Hackerangriffs versteht sich der Verfügungsgrund nicht von selbst, sondern bedarf der besonderen Begründung.
2. Die Untersagung der Löschung des Kontos kann ausreichen, um dem Sicherungsinteresse des Antragstellers zu genügen.
Normenkette
ZPO § 940
Verfahrensgang
LG Hanau (Beschluss vom 28.02.2023; Aktenzeichen 9 O 213/23) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die teilweise Zurückweisung ihrer im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Hanau gestellten Anträge, mit denen sie, jeweils strafbewehrt, im Hauptantrag die Wiederherstellung unter Einräumung der Nutzungsmöglichkeit ihres von der Antragsgegnerin am 25. Januar 2023 gesperrten und deaktivierten Plattform1-Kontos oder (primär) hilfsweise die Unterlassung der Deaktivierung und Sperrung dieses Kontos erreichen will.
Hierzu hat die Antragstellerin unterstützt durch ihre eidesstattliche Versicherung behauptet, sie gehe davon aus, dass sich Dritte mittels eines "Hackerangriffs" wahrscheinlich unbefugten Zugriff auf ihr Plattform1-Konto verschafft hätten. Sie habe sich dann nach der Benachrichtigung der Antragsgegnerin am 25. Januar 2023 in ihr Konto eingewählt und gesehen, dass dort fünfzehn Beiträge gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen haben sollen. Die von der Antragsgegnerin grundsätzlich eröffneten Möglichkeiten zur Erläuterung und Abhilfe habe sie - ohne Erfolg - frequentiert.
Die Antragstellerin hat auf die regelmäßige Nutzung ihres Plattform1-Kontos, das mit ihrem Plattform2-Konto verknüpft sei, verwiesen. Dies stelle eine für sie im privaten Gebrauch wesentliches Kommunikationsmittel dar, das sie schon seit 2009 nutze und mittels dessen sie auch auf Bilder zugreifen und sich in den Gruppen austauschen könne.
Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung dem Hilfsantrag zu 3 der Antragsschrift stattgegeben, wonach es der Antragsgegnerin strafbewehrt verboten hat, das gesperrte und deaktivierte Plattform1-Konto der Antragstellerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens unwiederbringlich zu löschen.
Das Landgericht hat den Verfügungsanspruch der Antragstellerin bejaht und mit Blick auf den Haupt- und den Hilfsantrag zu 1 ein Eilbedürfnis und damit einen Verfügungsgrund verneint, weil insoweit die Voraussetzungen für eine Leistungs-, Erfüllungsverfügung nicht vorlägen.
Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde, mit der die Antragstellerin darauf verweist, ihr sei mit dem Löschungsverbot angesichts ihrer bevorzugten Nutzung des Kontos zum Zwecke der gesellschaftlichen Kommunikation bis zum Abschluss des Hauptverfahrens nicht gedient.
Das Landgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen. Die Antragsgegnerin ist in das Verfahren mit Ausnahme ihrer formalen Stellung als Antragsgegnerin nicht eingebunden.
II. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Blick auf den Hauptantrag und den Hilfsantrag zu 1 zu Recht zurückgewiesen, weil es an den Voraussetzungen der besonderen Dringlichkeit einer Regelungsverfügung mangelt.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob es in Bezug auf den Hilfsantrag zu 1 bereits am Rechtschutzbedürfnis wegen des jedenfalls inhaltsähnlichen Hauptverfügungsantrags fehlt.
Die sachlich/örtliche Zuständigkeit des Landgerichts und des Senats sind in Übereinstimmung mit dem Landgericht gegeben. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird mit Blick darauf als auch wegen der auch hier vereinbarungsgemäß maßgeblichen Anwendbarkeit deutschen Rechts auf BGH, Urteil vom 27. Januar 2022 - III ZR 4/21 -, Rn. 16, 22, juris und OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20 -, Rn. 44 und 46, juris verwiesen.
Ob schließlich in Bezug auf die vorbezeichneten Anträge der Antragstellerin ein Verfügungsanspruch zur Seite steht (vgl. zum Anspruchsgrund BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20 -, Rn. 27, juris), kann ebenso offen bleiben wie die (Un-)Maßgeblichkeit der hier zugrundeliegenden AGB (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20 -, Rn. 51ff, juris).
Gemäß § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder {...} aus anderen Gründen nötig erscheint.
Der zwischen den Verfahrensparteien geschlossene Nutzungsvertag ist ein Dauerschuldverhältnis.
Der Verfügungsgrund ist in der verfahrensgegenständl...