Leitsatz (amtlich)

Der Vorschlag des Sachverständigen, die Fragestellung eines Gutachtens zu Umgangsfragen auf die Frage der Erziehungsfähigkeit des betreuenden Elternteils auszudehnen, kann eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. Auch Empfehlungen des Sachverständigen zu verfahrensleitenden Maßnahmen können ein Befangenheitsgesuch begründen, vor allem wenn der Sachverständige neben entsprechenden Schreiben an das Gericht in Mitteilungen an die betroffene Partei die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen als sicher vom Gericht zu erwarten darstellt.

 

Normenkette

FGG § 15; ZPO §§ 42, 406

 

Verfahrensgang

AG Fulda (Aktenzeichen 43 F 5/07 UG)

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Eltern des betroffenen Kindes A. Sie haben sich nur wenige Monate nach der Geburt des Kindes voneinander getrennt. Seither ist es - unter im Einzelnen streitigen Umständen - nicht zu Umgangskontakten zwischen dem Antragsteller und seiner Tochter gekommen. A weiß nicht, dass der Antragsteller ihr leiblicher Vater ist, dafür hält sie den Ehemann ihrer Mutter. Die Kindesmutter ist in einem Beschluss des AG Fulda aus dem Jahr 2005 zwar dazu verpflichtet worden, A über ihre Abstammung vom Antragsteller aufzuklären. Dies ist bis heute jedoch nicht geschehen.

Im hier anhängigen Verfahren verlangt der Antragsteller Umgangskontakte mit dem Kind. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen solche Umgangskontakte. Sie ist der Meinung, es werde A schaden, wenn sie erfährt, dass nicht B ihr Vater sei. Umgangskontakte seien kontraproduktiv, da der Antragsteller für A ein völlig fremder Mensch sei, der sich nie für sie interessiert habe.

Mit Beschluss vom 6.2.2007 hat das AG die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens zu der Frage, welche Umgangsregelung dem Wohl des Kindes am besten entspricht, angeordnet und zum Sachverständigen den Dipl. Psych. SV1 bestellt. Unter dem 16.4.2007 teilte der Sachverständige der Antragsgegnerin mit, er halte es für unabdinglich, A mit dem Gegenstand der Begutachtung vertraut zu machen. Es werde eine entsprechende Aufklärung des Kindes erfolgen, worüber das FamG unterrichtet werde. Am 25.4.2007 bat die Antragsgegnerin darum, dem Sachverständigen aufzugeben, diese Aufklärung zu unterlassen. Am 16.5.2007 bat sie wegen weiterer vom Sachverständigen anberaumter Untersuchungstermine erneut darum, den Sachverständigen zu einer Verschiebung der Termine zu veranlassen, da eine psychologische Behandlung des Kindes zur Abklärung etwaiger Folgen der Aufklärung für den 13.6.2007 vorgesehen sei. Am 23.5.2005 nahm der Sachverständige zu diesem Anliegen auf Bitte des Gerichts Stellung und teilte zur Gerichtsakte mit, er sehe keinen Grund, die Termine zu verschieben. Es sei aus entwicklungspsychologischer Sicht erforderlich, dem Kind Informationen über die eigene Vorgeschichte nicht vorzuenthalten. Er werde das Kind bei dem geplanten Untersuchungstermin darüber informieren, welcher Auftrag der Begutachtung zugrunde liege. Dazu gehöre auch die Information darüber, wer ihr leiblicher Vater ist. Am gleichen Tag teilte der Sachverständige dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin mit, es bleibe bei den festgesetzten Terminen. In diesem Schreiben führte er aus:

"Bis zu einer anderweitigen Entscheidung des FamG bleibt es bei den festgelegten Untersuchungsterminen. Sollte Ihre Mandantin Untersuchungstermine bei der Begutachtung nicht wahrnehmen, wird dies als Verweigerung hier festgestellt. Der Sachverständige wird dem FamG geeignete Maßnahmen vorschlagen, um eine Diagnostik bei dem Kind A auch gegen den Willen Ihrer Mandantin durchzusetzen."

Am 13.6.2007 gab der Sachverständige ggü. dem FamG eine gutachterliche Stellungnahme ab, in der er die Ausweitung des Gutachtenauftrags auf die Frage der Erziehungsfähigkeit der Mutter anregte. Die Empfehlung ging ferner dahin, der Kindesmutter die Einsetzung eines Pflegers für den Bereich familienpsychologische Begutachtung anzudrohen. Zur Begründung bezog sich der Sachverständige darauf, dass die Kindesmutter zu zwei anberaumten Untersuchungsterminen nicht erschienen war und lediglich Krankmeldungen für sich selbst vorgelegt hatte. Sie habe es nicht ermöglicht, dass das Kind von anderen Personen zu ihm gebracht werde. Da die Mutter gleichzeitig eine Verschiebung der Gutachtentermine anstrebe, liege der Verdacht nahe, dass die Antragsgegnerin ihre elterliche Sorge nicht adäquat ausübe. Weiter heißt es:

"Es ergibt sich damit der Anfangsverdacht eines Manipulationssyndroms, bei dem die Kindesmutter in missbräuchlicher Ausübung der elterlichen Sorge das Kind von einem zentralen Erfahrungsbereich seines Lebens abschirmen möchte".

Am 18.6.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Sachverständigen wegen Befangenheit ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Sachverständige beim ersten Termin im April, den sie allein wahrgenommen hatte, beleidigende Äußerungen ihr gegenüber gemacht habe. Außerdem ergebe sich seine Voreingenommenheit daraus, dass er dem Gericht vorschlagen wolle, welc...

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