Leitsatz (amtlich)
1. Zur Befangenheitsablehnung einer/s Sachverständigen in Kindschaftsverfahren.
2. Das Wiederherstellen von auf einem von einem Elternteil der/m Sachverständigen freiwillig übergebenen USB-Stick gelöschten Dateien durch den/die Sachverständige/n rechtfertigt allein ohne weitere Anhaltspunkte nicht die Besorgnis der Befangenheit.
Normenkette
FamFG § 30; ZPO § 406
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 404 F 4116/22) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 3. (Kindesmutter) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 2.000 EUR.
Gründe
I. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Ablehnung einer Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit.
Die Beteiligten zu 3. und 4. sind die Eltern der am 15.04.2018 geborenen F. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Sorgerecht für dieses Kind. In einem Parallelverfahren vor dem Amtsgericht zu Aktenzeichen 404 F 4188/21 UG war das Umgangsrecht anhängig. In diesem Parallelverfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.06.2021 ein Sachverständigengutachten über die Frage, welcher Umgang des Vaters mit seiner Tochter F dem Kindeswohl am besten entspricht, in Auftrag gegeben. Zur Sachverständigen wurde Frau Z bestimmt, die ihr schriftliches Gutachten am 07.03.2022 erstattete. Zu den Einzelheiten des Gutachtens wird zunächst auf Bl. 79 f d. A. 404 F 4188/21 UG Bezug genommen. Die Sachverständige kommt in dem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Kindesmutter das Wohl von F gefährde, da sie ihr im Alltag keine verlässlichen und vertrauensvollen Beziehungsangebote anbiete und ihr nicht die Möglichkeit gäbe, ihre eigenen Emotionen und Gefühlszustände zu erkennen und eigenständig zu regulieren, auch und gerade im Zusammenhang mit Umgangskontakten. Die Mutter lehne Umgangskontakte im Grunde ab und verstärke Belastungen des Kindes durch ihr eigenes Verhalten. Das Kind und die Mutter würden sich an der Belastungsgrenze befinden, weswegen derzeit keine Umgangsempfehlung ausgesprochen werden könne.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 25.04.2022 hat die Kindesmutter die Sachverständige in dem parallelen Sorgerechtsverfahren wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Zur Begründung hat die Kindesmutter ausgeführt, dass sich aus dem Gutachten ergebe, dass die Sachverständige mit dem Kindesvater 5 Telefonate mit einer Gesamtdauer von 1 Stunde 43 Minuten und mit der Kindesmutter nur 1 Telefonat von 22 Minuten geführt habe. Weiter übernehme die Sachverständige ungeprüft Aussagen des Kindesvaters über die Kindesmutter. Auch habe sie bei der Thematisierung der Wohnsituation der Kindesmutter nicht berücksichtigt, dass Umbauarbeiten in der Wohnung stattgefunden hätten, auf die sie die Sachverständige aufmerksam gemacht hätte. Die Schlussfolgerung einer mangelhaften Versorgung F's, weil sie einmal ungekämmt im Kindergarten gewesen sei, sei aus der Luft gegriffen und lebensfremd. Der Kindesmutter werde die Inanspruchnahme eines Heilpraktikers zu Unrecht zum Vorwurf gemacht. Alle U -Untersuchungen und Impfungen des Kindes seien durch die Mutter veranlasst worden. Hinsichtlich der Interaktionsbeobachtung habe die Kindesmutter die Sachverständige darauf hingewiesen, dass F zuvor krank und noch nicht wieder fit gewesen sei. Ob dies berücksichtigt worden sei, sei nicht erkennbar. Schließlich habe sie die Sachverständige auch per Email darauf hingewiesen, dass sie für die Bearbeitung des Fragebogens BASC Anleitung benötigt hätte, die sie aufgrund der Mittagspause im Institut nicht erhalten habe.
In der Darstellung der Auswertung der Sachverständigen fehle, dass diese mit der Kindesmutter besprochen habe, inwieweit bei F eine Hochbegabung vorliege.
Weiter führt die Kindesmutter aus, dass die Sachverständige Daten auf einem ihr übergebenen Stick aus dem Ordner "Trash" wiederhergestellt und ausgewertet habe.
Aus der Diagnose der Sachverständigen werde deutlich, dass sie den Lebensstil der Kindesmutter ablehne und daher zu der Feststellung kindeswohlgefährdender Verhältnisse komme.
Aus der Stellungnahme der behandelnden Psychologin der Kindesmutter Frau Dipl. Psych. ... vom 30.03.2022 gehe hervor, dass der psychologische Befund der Sachverständigen, bezogen auf die Kindesmutter falsch sei und jeder Grundlage entbehre. Die Sachverständige diskreditiere die Kindesmutter und sei gegen sie voreingenommen. Das Gutachten weise Lücken und Ungenauigkeiten auf.
Gegenüber dem Kindesvater habe die Sachverständige dagegen keine vergleichbar kritische Haltung eingenommen.
Zu den weiter von der Kindesmutter betreffend das Gutachten aufgeführte Mängel wird auf den Schriftsatz vom 25.04.2022 (Seite 8 f) Bezug genommen.
Im Termin zur Anhörung in beiden Verfahren am 28.04.2022 hat die Kindesmutter klargestellt, dass sich das Ablehnungsgesuch gegen die Sachverständige auf beide Kindschaftsverfahren beziehe. Die Kindeseltern haben sodann eine Vereinbarung zum Umgang des Vaters mit F getroffen, die...