Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Verein ohne Rechtspersönlichkeit, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, ist mit dem Inkrafttreten des MoPeG uneingeschränkt grundbuchfähig.
Normenkette
BGB § 54; GBO § 18
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
I. Am 25.06.2021 wurde im Grundbuch (Bl. ...) als Eigentümer des Grundstücks Straße1 Nr. 1 in Stadt2 der "Verein1 n.e.V." eingetragen, "bestehend aus den Mitgliedern" A und B "in Gesamthandsgemeinschaft". Am selben Tag wurde im Grundbuch (Bl. ...) als Eigentümer des Grundstücks Straße1 Nr. 2 in Stadt2 der "Verein2 n.e.V.", ebenfalls "bestehend aus den Mitgliedern" A und B "in Gesamthandsgemeinschaft", eingetragen. Beide Vereine sind nicht im Vereinsregister eingetragen.
Mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 26.04.2024 (UR-Nr. ... der C in Stadt3; Bl. 31/3 d.A.) verkauften die beiden Vereine, jeweils vertreten durch Frau A und Herrn B, "handelnd als Gesamthandsgemeinschaft", die beiden Grundstücke an die Beteiligten zu 1 und 2 "zu gleichen Anteilen". Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für die Beteiligten zu 1 und 2 wurde bewilligt und beantragt.
Die Notarin hat mit Schriftsatz vom 10.05.2024 im Namen der Beteiligten zu 1 und 2 "gem. § 15 GBO" die Eintragung der Vormerkungen beantragt (Bl. 31/2 d.A.).
Mit Zwischenverfügung vom 23.05.2024 (Bl. 31/5 d.A.) hat das Grundbuchamt beanstandet, zur Verfügung über Grundstücke müsse sich seit Inkrafttreten des MoPeG am 01.01.2024 auch der nicht eingetragene Verein zuerst in das Vereinsregister eintragen lassen. Auf den nicht eingetragenen Verein sei § 47 Abs. 2 GBO nF analog anzuwenden. Es scheine eine Gesetzeslücke vorzuliegen.
Zur Begründung hat das Grundbuchamt den Aufsatz von Enneking/Wöffen (NZG 2023, 310 ff.) zitiert. Darin heißt es (S. 311 f.), es liege eine planwidrige Gesetzeslücke vor. Der Gesetzgeber des MoPeG habe den nicht eingetragenen Idealverein im Rahmen des § 47 Abs. 2 GBO nF nicht bedacht. Die Grundbuchfähigkeit des eingetragenen Idealvereins entspringe gemäß § 21 BGB der konstitutiven Eintragung ins Vereinsregister. Für den nicht eingetragenen Idealverein bestehe vor diesem Hintergrund eine Regelungslücke, die mangels Erwägungen in den Gesetzesmaterialien nicht beabsichtigt erscheine. Es bestehe zudem eine vergleichbare Interessenlage. Das Verkehrsschutzinteresse bei der GbR einerseits und dem (Ideal-)Verein andererseits unterscheide sich wenig. Hinzu komme, dass im Sachenrecht die grundbuchrechtlichen Grundsätze der Bestimmtheit und Rechtsklarheit im Vordergrund stünden. Im Mittelpunkt befinde sich mithin die eindeutige Identifizierung und Zuordnung von Sachen zu Rechtssubjekten. Beim nicht rechtsfähigen Verein drohten vergleichbare Unklarheiten wie bei der GbR, bei der eine "Subjektspublizität" ohne Eintragung kaum vorhanden sei; es sei deshalb konsequent gewesen, für die GbR die Eintragung der Gesellschaft im Gesellschaftsregister für die Grundbuchfähigkeit anzuordnen. Eine Möglichkeit, auf andere Art und Weise die notwendige Klarheit über die Rechtssubjekte im Grundbuch herbeizuführen, etwa durch zusätzliche Eintragung aller Mitglieder beziehungsweise Gesellschafter, sei für beide Rechtsformen mit der Streichung des § 47 Abs. 2 aF GBO weggefallen. Auch für die nicht eingetragenen Vereine müsse deshalb gelten: ohne Eintragung ins Vereinsregister keine Eintragung im Grundbuch.
Das Grundbuchamt hat den Beteiligten zu 1 und 2 deshalb aufgegeben, "in analoger Anwendung" des Art. 229 § 21 EGBGB den nicht eingetragenen Verein in das Vereinsregister eintragen zu lassen und "sodann die Änderung im Grundbuch durch Bewilligung der im Grundbuch eingetragenen Mitglieder und den sodann eingetragenen Verein" zu beantragen. Darüber hinaus sei in geeigneter Weise Nachweis zu führen, dass der sodann eingetragene Verein identisch zu dem bei Beurkundung nicht eingetragenen Verein sei.
Mit Schriftsatz vom 06.08.2024 hat die Notarin Beschwerde eingelegt (Bl. 31/19 ff. d.A.). Es bestehe keine gesetzliche Verpflichtung für den nicht eingetragenen Verein, sich in ein Register eintragen zu lassen. Für nicht eingetragene Vereine gebe es auch kein Register. Die Grundbuchfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins sei gegenüber dem früheren Recht unverändert. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 BGB gelte für den nicht eingetragenen Verein dieselbe Rechtslage wie für den eingetragenen Verein. Er könne demgemäß unter seinem Namen eingetragen werden, ohne dass die Namen der Mitglieder hinzugesetzt werden müssten.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 21.08.2024 nicht abgeholfen (Bl. 31/23 d.A.). Es werde nicht grundsätzlich der Rechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins widersprochen, jedoch der Grundbuchfähigkeit ohne Eintragung in das Vereinsregister. Im Hinblick auf die Änderungen hinsichtlich der GbR, die auch rechtsfähig ohne Eintragung in das Gesellschaftsregister sei, jedoch nicht...