Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiederhandlung gegen das Mietrechtsverbesserungsgesetz
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.04.1992; Aktenzeichen 18 Js 45680.9/91 – 9 33 OWi) |
Tenor
Das Urteil wird aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde und die den Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen.
Gründe
Durch Bußgeldbescheid des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main – Amt für Wohnungswesen – vom 3.7.1991 wurden die Betroffenen wegen vorsätzlicher Zweckentfremdung von Wohnraum wahlweise vorsätzlicher Mietpreisüberhöhung mit Geldbußen in Höhe von jeweils DM 75.000,– belegt. Auf die hiergegen gerichteten Einsprüche der Betroffenen hat das Amtsgericht durch Urteil vom 22.4.1992 auf Freispruch erkannt.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und ebenso begründete Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird.
Die nach § 79 I Nr. 3 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde dringt mit der Sachrüge durch. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen den Freispruch wegen des Vorwurfs eines Verstoßes gegen Art. 6 § 2 Mietrechtsverbesserungsgesetz (MRVerbG) nicht.
Danach vermieteten die Betroffenen durch Formularmietvertrag vom 14.12.1988 die Räume im 5. Geschoß des Anwesens Schwindstraße 6 in Frankfurt am Main einschließlich des darüber gelegenen Dachbodens ab dem 1.1.1989 an die polnische … zu einem monatlichen Mietzins von DM 5.000,– teilinklusive Nebenkosten. Im 5. Geschoß mit einer Fläche von ca. 190 m² befinden sich sieben Zimmer, ein Flur, eine Küche, ein Waschraum und ein WC. Der Dachboden hat eine Fläche von ca. 100 m². Nach den Urteilsfeststellungen war Zweck des Mietvertrages, daß die Mieterin – die Firma Centrozap – dort ihre Mitarbeiter unterbringt. Die einzelnen Zimmer wurden von der … mit 2–4 Bettstellen ausgestattet und den Arbeitnehmern der Firma für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung gestellt. Die von den Arbeitnehmern zu zahlende Miete wurde jeweils direkt mit dem Lohn verrechnet.
Das Amtsgericht hat darin keinen Verstoß gegen Art. 6 § 2 MRVerbG gesehen, da es sich zwar um ein Geschäftsraummietverhältnis handelte, nach der Zweckbestimmung des Vertrages die Räume von den Arbeitnehmern der … jedoch wohnlich genutzt werden sollten. Sollte die Nutzung tatsächlich nicht zu Wohnzwecken erfolgt sein, stelle dies ein vertragswidriges Verhalten der Firma … dar, es sei denn, eine über den schriftlichen Mietvertrag hinausgehende Nutzung zu anderen Zwecken sei vereinbart oder konkludent von den Betroffenen gebilligt worden. Hierfür seien jedoch keinerlei Anhaltspunkte gegeben.
Die Feststellung des Amtsgerichts, es lägen keine Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Betroffenen von einer Nutzung der Räume zu anderen als zu Wohnzwecken vor, steht in Widerspruch zu dem im Urteil mitgeteilten Vertragsinhalt. Danach war Zweck des Mietvertrages, daß die Fa. … in den Räumen ihre Mitarbeiter unterbringt, was auch genauso geschehen ist.
Die zutreffende Einstufung des Vertrages als Geschäftsraummietverhältnis ändert nichts daran, daß es sich bei der von den Betroffenen vermieteten Wohnung um Wohnraum i. S. des Zweckentfremdungsverbots nach Art. 6 § 2 MRVerbG handelt.
Die Frage, ob eine Zweckentfremdung vorliegt, ist nicht nach dem Charakter des zwischen den Betroffenen und der Firma … geschlossenen Vertrages, sondern allein nach der Art. der tatsächlichen Nutzung der Wohnräume zu beurteilen. Aus den Urteilsfeststellungen läßt sich entnehmen, daß die Arbeitnehmer nur vorübergehend – nämlich für die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses mit der Firma … – in der Wohnung untergebracht wurden. Es liegt weiterhin nahe, daß die Unterbringung der polnischen Arbeiter ausschließlich den gewerblichen Interessen der Firma … diente, die sich aufgrund des unterschiedlichen Lohnniveaus zwischen Polen und Deutschland einen Wettbewerbsvorteil gegenüber deutschen Firmen verschaffen konnte. Die Urteilsfeststellungen sind insoweit jedoch nicht ausreichend, um die Frage einer Aufgabe des Wohnzweckes im Sinn des Art. 6 § 1 MRVerbG. abschließend beurteilen zu können. Auch fehlt es an einer Darstellung der Einlassung der Betroffenen hinsichtlich ihrer Kenntnis von der geplanten und später durchgeführten Nutzung der Räume durch die Firma …
Sollte das Amtsgericht nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts den Tatbestand des Art. 6 § 2 MRVerbG nicht als erfüllt ansehen, wird ein Verstoß gegen § 5 WiStG wegen Mietpreisüberhöhung zu prüfen sein. Von dieser Vorschrift werden sowohl Vermieter als auch Zwischenmieter erfaßt. Nach ihrem Sinn und Zweck soll die wirtschaftliche Ausnutzung eines geringen Wohnungsangebots zu Lasten breiter Bevölkerungsschichten, die die hohen Mieten nicht bezahlen können, verhindert werden. Dagegen ist unerheblich, daß die Mieterin – die Firma … – in vorliegenden Fall nicht schutzwürdig erscheint.
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