Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss nach § 281 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen eine Verweisung nach § 281 ZPO ist die sofortige Beschwerde nicht statthaft.

 

Normenkette

ZPO § 281 Abs. 2 S. 2, § 567

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen Vor 20.9.2022, 3-13 O 36/22)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Der Berichtigungsbeschluss vom 9.2.2023 wurde im hier dargestellten Text umgesetzt.

Die sofortigen Beschwerden der Beklagten gegen den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 03.08.2022 und gegen den Vorlagebeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.09.2022, beide 3-13 O 36/22, werden als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat die Kosten der Beschwerden zu tragen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Multimodaltransportvertrag über einen Transport von Österreich in die Vereinigten Staaten von Amerika in Anspruch. Sie hat ihre Klage zum Landgericht Frankfurt am Main, Kammer für Handelssachen, erhoben. Mit Verfügung vom 11.07.2022, Bl. 10 f. d.A., hat der Vorsitzende der 13. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main das schriftliche Vorverfahren angeordnet und auf Bedenken hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit hingewiesen. Es scheine nach Nr. 30.3 ADSp 2017 eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Rottweil zu bestehen, weil der Auftrag nach Anlage K2 wohl an die Niederlassung Stadt1 der Beklagten gerichtet gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 13.07.2022, Bl. 19 d.A., hat die Klägerin für den Fall, dass die Beklagte sich "nicht rigoros" (gemeint: nicht rügelos) einlasse, hilfsweise die Verweisung an das Landgericht beantragt. Mit Schriftsatz vom 20.07.2022, Bl. 21 f. d.A., hat die Beklagte Verteidigungsabsicht angezeigt und Anträge und Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten.

Mit Beschluss von 03.08.2022, Bl. 24 f. d.A. hat sich das Landgericht Frankfurt am Main für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Rottweil verwiesen. Zum hilfsweisen Verweisungsantrag hat es ausgeführt, § 39 ZPO finde im schriftlichen Vorverfahren keine Anwendung.

Mit Schriftsatz vom 11.08.2022, Bl. 39 ff. d.A., hat die Beklagte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt vom 20.07.2022 eingelegt und auf die Klage erwidert. Sie hat ausgeführt, die Beklagte sei nicht passivlegitimiert, weil der Vertrag nicht mit ihr, sondern mit ihrer US-Schwester zustandegekommen sei. Deshalb sei das "angerufene Gericht" örtlich unzuständig, zuständig sei der United States District Court for the Southern District of New York.

Mit Beschluss vom 14.09.2022 hat das Landgericht Rottweil, Kammer für Handelssachen, den Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen. Es ist davon ausgegangen, der Verweisungsbeschluss sei, wegen einer - auch von der Beklagten gerügten - Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht bindend, die es aus der Gestaltung des auf die Verfügung des Vorsitzenden der 13. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt vom 11.07.2022 erstellten Schreibens an die Beklagte hergeleitet hat.

Mit Beschluss vom 20.09.2022, Bl. 69 ff. d.A., hat der Vorsitzende der 13. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt eine (Rück-) Übernahme abgelehnt und die Sache dem Senat zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt. Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte (erneut) mit Schriftsatz vom 05.10.2022, Bl. 94 ff. d.A., sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht Frankfurt mit Beschluss vom 07.10.2022, Bl. 98 f. d.A., nicht abgeholfen hat.

II. Der Senat befindet mit diesem Beschluss über die beiden sofortigen Beschwerden der Beklagten. Über die Vorlage zur Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Nr. 6 ZPO wird mit gesondertem Beschluss entschieden.

III. Die Beschwerden sind unstatthaft und daher unzulässig. Gemäß § 281 II 2 ZPO sind Verweisungsbeschlüsse nach § 281 I ZPO unanfechtbar. Dies gilt erst recht für einen Beschluss, mit dem an einem Verweisungsbeschluss festgehalten wird.

Eine Überprüfung findet über die Willkürkontrolle durch das Gericht, an das verwiesen worden ist und - soweit dieses die grundsätzlich gem. § 281 II 4 ZPO bestehende Bindung an den Verweisungsbeschluss verneint - im Rahmen des Verfahrens nach § 36 I Nr. 6 ZPO statt. Aufgrund dieser Kontrollmöglichkeit ist eine teleologische Reduktion des eindeutigen Wortlauts des § 281 II 2 ZPO nicht veranlasst (siehe OLG Koblenz Beschl. v. 12.3.2012 - 10 W 117/12, BeckRS 2012, 9112; Musielak/Voit/Foerste, 19. Aufl. 2022, ZPO § 281 Rn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 34. Auflage, § 281 Rn. 13; a.A. MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 281 Rn. 41; Fischer NJW 1993, 2417, 2420).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15627377

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