Leitsatz (amtlich)
Voraussetzungen für die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge bei getrenntlebenden Eltern
Normenkette
BGB § 1671
Verfahrensgang
AG Wetzlar (Beschluss vom 25.11.2019; Aktenzeichen 614 F 1000/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die durch die Beschwerde verursachten Kosten werden dem Kindesvater auferlegt. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.
Der Verfahrenswert für den zweiten Rechtszug wird festgesetzt auf 3.000 EUR.
Der Kindesmutter wird für das Rechtsmittelverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A, Stadt1, bewilligt. Die Höhe der von ihr auf die bewilligte Verfahrenskostenhilfe zu erbringenden monatlichen Raten wird festgesetzt auf 210 EUR ab September 2020. Die Berechnung der Ratenhöhe ergibt sich aus der (aus Datenschutzgründen nur der Ausfertigung für die Kindesmutter beigefügten) Anlage zu diesem Beschluss. Hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten ergeht noch eine gesonderte Zahlungsaufforderung der Gerichtskasse.
Gründe
I. Die seit September 2019 rechtskräftig voneinander geschiedenen Eltern streiten über die elterliche Sorge für ihre seit der Trennung im Jahre 2017 im Haushalt der Mutter lebenden gemeinsamen Kinder B (...) und C (...). Wegen des zu Grunde liegenden Sachverhalts wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen familiengerichtlichen Beschluss Bezug genommen.
Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Familiengericht nach Bestellung eines Verfahrensbeistands und persönlicher Anhörung der Beteiligten dem Antrag der Kindesmutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für B und C unter Zurückweisung des gleichlautenden Antrags des Kindesvaters und seines Antrags auf Herausgabe der Kinder statt. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, die Voraussetzungen für eine Übertragung des genannten Teilbereichs der elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 2 S. 1, 2 Nr. 2 BGB seien zu bejahen, weil jedenfalls insoweit zwischen den Kindeseltern kein Mindestmaß an Verständigung über die im Rahmen der gemeinsamen Sorgerechtsausübung zu regelnden Angelegenheiten mehr erzielt werden könne. Die Kindesmutter sei besser geeignet, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auszuüben. Wesentliche Kindeswohlaspekte sprächen für eine Übertragung auf sie, vor allem das Kontinuitätsprinzip und der Kindeswillen. Da der Kindesmutter mit der Entscheidung das Aufenthaltsbestimmungsrecht zur alleinigen Ausübung übertragen werde, fehle es dem Herausgabeantrag des Kindesvaters an der erforderlichen Grundlage.
Mit am 11.12.2019 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben gleichen Datums gegen den ihm am 27.11.2019 zugestellten Beschluss wendet sich der Kindesvater mit dem Widerspruch gegen die familiengerichtliche Entscheidung und begehrt die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder auf sich. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Kindesmutter habe bislang nicht mit ihm bei der in einer früheren Entscheidung des Oberlandesgerichts (Beschluss vom 21.11.2018, Az. .../18) geforderten Aufarbeitung der psychischen Auffälligkeiten Bs zusammengearbeitet, außerdem sei sie bindungsintolerant, wie ihre Handhabung des ihm zustehenden Umgangsrechts belege. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei geboten.
Neben dem Verfahrensbeistand ist auch die Kindesmutter dem Rechtsmittel unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags sowie Zurückweisung der Behauptungen des Kindesvaters entgegen getreten.
Ergänzend wird zum Sachverhalt auf den Inhalt der in beiden Instanzen von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den Anhörungsvermerk des Familiengerichts vom 14.11.2019, das Sitzungsprotokoll vom 19.11.2019 sowie die schriftlichen Stellungnahmen des Verfahrensbeistands vom 18.11.2019 und 19.03.2020 Bezug genommen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Beschluss vom 30.03.2020 auf seine Absicht hingewiesen, gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne erneute persönliche Anhörung der Beteiligten zu entscheiden, da diese bereits im ersten Rechtszug durchgeführt wurde und von einer wiederholten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
II. Dem gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel - der "Widerspruch" des Kindesvaters war nach §§ 133, 157 BGB als statthaftes Rechtsmittel der Beschwerde auszulegen - bleibt in der Sache der Erfolg versagt.
Die Entscheidung des Familiengerichts erweist sich auch im Lichte des Beschwerdevorbringens des Kindesvaters als zutreffend. Nach § 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB ist bei gemeinsamer elterlicher Sorge und einem nicht nur vorübergehenden Getrenntleben der Eltern die elterliche Sorge auf Antrag einem Elternteil zur alleinigen Ausübung zu übertragen, wenn eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Eltern...