Leitsatz (amtlich)
Vor Erlass der Ausgangsentscheidung eingetretene Änderungen des Ausgleichswerts im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG sind zwingend im Ausgangsverfahren zu berücksichtigen und eröffnen keine spätere Abänderung nach § 225 Abs. 2 und 3 FamFG. Ist ihre Berücksichtigung im Ausgangsverfahren unterblieben, kommt eine Korrektur nur in Betracht, wenn eine Abänderung auf Grund späterer, nach Erlass der Ausgangsentscheidung eingetretener Änderungen eröffnet ist.
Normenkette
FamFG § 225 Abs. 2; VersAusglG § 5 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Büdingen (Aktenzeichen 51 F 301/19) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antrag auf Abänderung des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich im Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Büdingen vom 31.7.2018, Aktenzeichen 51 F 84/12, wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten beider Rechtszüge werden dem Antragsteller und der Antragsgegnerin je hälftig auferlegt. Ihre in beiden Rechtszügen entstandenen Aufwendungen tragen die Beteiligten selbst.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 1.000,- Euro.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über eine Abänderung des anlässlich der Scheidung der Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin durchgeführten Versorgungsausgleichs.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin schlossen am 0.0.1990 die Ehe, aus der zwei am 0.0.1991 und am 0.0.1994 geborene Kinder hervorgegangen sind. Die Ehe wurde vom Amtsgericht mit dem im Tenor genannten, am 31.7.2018 verkündeten, dem Antragsteller und der weiteren Beteiligten am 30.8.2018 zugestellten und am 22.1.2019 rechtskräftig gewordenen Beschluss auf Grund des am 14.9.2012 zugestellten Scheidungsantrags geschieden.
Gleichzeitig wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei wurden unter anderem dem Antragsteller zu Lasten der Antragsgegnerin im Wege der internen Teilung 5,1784 Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung, bezogen auf das sich aus § 3 Abs. 1 VersAusglG ergebende Ende der Ehezeit am 31.8.2012, übertragen. Diesem Wertausgleich lag eine Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 30.7.2013 zu Grunde, in welcher der Ehezeitanteil des Anrechts der Antragsgegnerin mit 10,3568 Entgeltpunkten angegeben, ein Ausgleichswert von 5,1764 Entgeltpunkten vorgeschlagen und der korrespondierende Kapitalwert auf 32.931,60 Euro beziffert worden war. Die Auskunft vom 30.7.2013 berücksichtigte naturgemäß nicht die sich aus dem zum 1.7.2014 in Kraft getretenen Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.6.2014, BGBl. I S. 787) ergebenden Änderungen bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder (sogenannte Mütterrente I). Auf die in der beigezogenen Akte des Amtsgerichts - Familiengericht - Büdingen mit dem Aktenzeichen 5 F 84/12 befindliche Auskunft wird Bezug genommen.
Mit Antrag vom 30.4.2019 beantragte der Antragsteller, der zu diesem Zeitpunkt wie auch die Antragsgegnerin bereits Altersrente bezog, die Abänderung des Wertausgleichs des Anrechts der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verweis auf das zum 1.1.2019 in Kraft getretene Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018, BGBl. I S. 2016, sogenannte Mütterrente II).
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag unter Verweis auf die geringe Höhe der mit der Gesetzesänderung einhergehenden Rentenerhöhung entgegen und rügte die fehlende Darlegung des Überschreitens der für eine Abänderung maßgeblichen Wesentlichkeitsgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG.
Dennoch holte das Amtsgericht eine aktuelle Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Hessen zum Ehezeitanteil des Anrechts der Antragsgegnerin ein. Die Deutsche Rentenversicherung gab den Ehezeitanteil des Anrechts daraufhin nun mit 11,8018 Entgeltpunkten an, schlug einen Ausgleichswert von 5.9009 Entgeltpunkten vor und bezifferte dessen korrespondierenden Kapitalwert auf 37.526,28 Euro. Auf die Auskunft vom 23.10.2019 wird Bezug genommen.
Trotz Hinweises der Antragsgegnerin auf den Umstand, dass die zwischenzeitliche Erhöhung des Ausgleichswerts um knapp 14 Prozent zu einem Großteil auf den bereits zum 1.7.2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen beruht, änderte das Amtsgericht den Ausspruch zum Wertausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach mündlicher Erörterung mit dem angefochtenen Beschluss dahingehend ab, dass dem Antragsteller im Wege der internen Teilung des Anrechts 5,9009 Entgeltpunkte übertragen werden. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, für die Überschreitung der Wesentlichkeitsgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG sei der Vergleich des Ausgleichsbetrags der Ursprungsentscheidung mit der aktuellen Rechtslage maßgebend. Wann die Änderungen eingetreten seien, sei unerheblich.
Mit ihr...