Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die von der Staatskasse geschuldeten Vergütungen des PKH-Anwalts
Leitsatz (amtlich)
Eine in derselben Angelegenheit entstandene anwaltliche Geschäftsgebühr ist auf die Verfahrensgebühr, die die Staatskasse dem per PKH beigeordneten Rechtsanwalt schuldet, nach Teil 3, Vorbem. 3, Nr. 4 RVG-VV anzurechnen; bei der Staatskasse handelt es sich nicht um einen "Dritten" i.S.v. § 15a II RVG (Aufr. erh. von 18 W 3/10).
Normenkette
RVG § 15a Abs. 2; RVG-VV Vorbem. 3 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 13.09.2011) |
Tenor
In der Beschwerdesache ... wird die Beschwerde vom 16.9.2011 gegen den Beschluss des LG Limburg an der Lahn vom 13.9.2011 zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien haben vor dem LG Limburg an der Lahn gestritten. Der Klägerin ist durch Beschluss vom 19.5.2010 (Bl. 21f PKH-Heft) Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und der Beschwerdeführer beigeordnet worden. Nach Entscheidung des LG hat der Beschwerdeführer unter dem 9.12.2010 (Bl. 23f PKH-Heft.) die Festsetzung einer Vergütung von EUR 1.238,55 beantragt. Auf diesen Antrag hat die Urkundsbeamtin des LG unter dem 26.5.2011 (Bl. 24 PKH-Heft) die anwaltliche Vergütung unter Anrechnung einer auf die vorgerichtliche Tätigkeit des Beschwerdeführers entfallenden Geschäftsgebühr auf EUR 864,18 festgesetzt und den Betrag ausgezahlt. Eine Erinnerung des Beschwerdeführers, mit der die Anrechnung gerügt worden ist, hat das LG durch richterlichen Beschluss vom 13.9.211 (Bl. 65f PKH-Heft) zurückgewiesen. Gegen diesen am 16.9.2011 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am selben Tag Beschwerde eingelegt. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte vorgelegt (Beschluss vom 29.9.2011, Bl. 74 ff PKH-Heft).
II.1. Die Beschwerde ist zulässig, §§ 56 II S. 1; 33 III, IV RVG. Insbesondere ist die in § 33 III S. 1 ZPO genannte Mindestbeschwer überschritten und die Beschwerdefrist (§ 33 III S. 3 RVG) gewahrt.
Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeschriftsatz nicht durch den nach § 33 II, III RVG wegen dessen Beiordnung beschwerdebefugten Rechtsanwalt 1, sondern durch Rechtsanwalt 2 unterzeichnet worden ist. Denn nach der Mitteilung vom 3.8.2011 (Bl. 61 PKH-Heft) handelt es sich bei Letzterem um den für den Beschwerdeführer auftretenden Bevollmächtigten.
2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg, denn die an den Beschwerdeführer zu gewährende Vergütung ist durch das LG zutreffend festgesetzt worden - so dass die Erinnerung des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen worden ist.
2.1 Nach Teil 3, Vorbem. 3, Nr. 4 RVG-VV ist eine vorgerichtlich wegen desselben Gegenstands entstandene anwaltliche Geschäftsgebühr zur Hälfte, höchstens jedoch zu einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen.
2.2 Der Beschwerdeführer entfaltete eine den Gegenstand des Rechtsstreits betreffende vorgerichtliche Tätigkeit, der ein Streitwert von EUR 9.500 zugrunde lag. Denn er forderte vor der im März 2010 erfolgten Klageerhebung von den Beklagten mit Schreiben vom 1.2.2010 die Zahlung des auch klageweise geltend gemachten Betrags.
2.3 Gemäß der o.a. gesetzlichen Regelung hat eine Anrechnung der durch die vorgerichtliche Anwaltstätigkeit entstandenen Geschäftsgebühr nach dem Gegen-standswert zu erfolgen, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist. Da die 0,65fache Geschäftsgebühr aus dem Streitwert von EUR 9.500 (Tabelle nach § 13 RVG) die 1,3fache Verfahrensgebühr (Tabelle nach § 49 RVG) aus demselben Streitwert überschreitet, entfällt eine Vergütung der Verfahrensgebühr.
2.4 Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die zu demselben Gegenstand entstandene Verfahrensgebühr hat auch unter Berücksichtigung der Bewilligung von PKH sowie der Beiordnung des Beschwerdeführers zu erfolgen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, hinsichtlich der zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung vom 12.2.2010 (Az.: 18 W 3/10, veröff. in juris, s. auch Schreiben des LG vom 10.2.2011, Bl. 27 ff PKH-Heft) Bezug genommen wird.
Es besteht keine Veranlassung, von der in dem Beschluss vom 12.2.2010 mitgeteilten Rechtsauffassung des Senats, nach der die im Jahre 2009 eingefügte Vorschrift des § 15a II RVG auf die vorliegende Konstellation keine Anwendung findet, abzuweichen.
Insbesondere bietet die Begründung der Beschwerde vom 16.9.2011 einen derartigen Anlass nicht. Wie u.a. in der o.a. Entscheidung vom 12.2.2010 dargelegt, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht gegeben, da es sich bei der Staatskasse nicht um einen "Dritten" im Sinne dieser Vorschrift handelt. "Dritter" kann grundsätzlich nur derjenige sein, der dem Rechtsanwalt nicht selbst eine Vergütung schuldet. Dies ist hinsichtlich der Beschwerdegegnerin aber der Fall, weil dem Beschwerdeführer nach § 45 I S. 1 RVG ein Vergütungsanspruch unmittelbar gegen sie zusteht. Dieser Auffassung steht der grundsätzlich zutreffende Hinweis d...