Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der wohnungseigentumsrechtlichen Zulässigkeit des Freiflugs von 20 Edeltauben, die ein Wohnungseigentümer auf einem ihm im Rahmen eines Sondernutzungsrechts zugewiesenen Teil des Gemeinschaftseigentums hält.
Normenkette
BGB § 1004; WEG §§ 14-15
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.01.2003; Aktenzeichen 2/9 T 69/01) |
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 65 UR II 251/00 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht erstattet.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 15.338,76 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2), bei denen es sich um zwei Wohnungseigentümer der sich aus dem Rubrum ergebenden Liegenschaft handelt, streiten um Belästigungen durch frei fliegende Tauben.
Der Antragsteller bewohnt die Wohnung unter dem Dach des Anwesens, zu der eine Dachterrasse gehört. Der Antragsgegner hält auf einem Grundstücksteil, an dem ihm ein Sondernutzungsrecht zugewiesen ist, 20 Edeltauben. Die Hausordnung bestimmt in § 9 zur Haustierhaltung:
"Das Halten von Haustieren (auch Hunden und Katzen) ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verwalters zulässig, die jederzeit widerrufen werden kann. Die durch Haustiere verursachten Verunreinigungen haben die Tierhalter sofort zu beseitigen."
Der Antragsgegner hatte bereits im Jahre 1992 vor dem Beginn seiner Taubenhaltung beim seinerzeitigen Hausverwalter um eine Genehmigung gem. § 9 der Hausordnung nachgesucht. Diese erteilte ihm der Hausverwalter mit Schreiben vom 14.4.1992 (Bl. 50 d.A.). Sie wurde seitdem nicht widerrufen. Die Tiere werden artgerecht gehalten und sind ausweislich einer amtstierärztlichen Bescheinigung vom 18.4.2000 (Bl. 51 d.A.) ohne parasitologischen, virologischen und bakteriologischen Befund. Ihr Futter besteht im Wesentlichen aus Hülsenfrüchten, nicht aus flüssiger Nahrung. Hierdurch kommt es zu festen, erbsengroßen Kotausscheidungen. Das Kotverhalten der Tauben ist dadurch gekennzeichnet, dass sie im Stehen bzw. Laufen, regelmäßig aber nicht im Fluge ausscheiden.
Zur artgerechten Haltung von Edeltauben gehört es, dass sie ausreichend Gelegenheit zum Ausflug erhalten. Sofern dies nicht auf Flugtagen im Langstreckenflug erfolgt, lässt sie der Antragsgegner mehrfach wöchentlich bis zu einer Dauer von maximal 30 Minuten in der Umgebung der Wohnanlage fliegen. Im Laufe der Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) brachte der Antragsgegner sog. Taubendraht und andere Abwehreinrichtungen an, um eine Landung seiner Tauben auf dem Dach der Wohnung des Antragstellers zu verhindern.
Die Wohnanlage befindet sich in der Nähe der ... und verschiedener Gärtnereien, wo starke Populationen von Wildvögeln, insb. Wildtauben und Krähen, Nahrung finden. Einige Wildtauben nisten in unmittelbarer Nähe zur Wohnanlage der Beteiligten. Durch die Edeltauben des Antragsgegners fühlen sich andere Nachbarn, abgesehen vom Antragsteller, nicht belästigt.
Der Antragsteller forderte den Antragsgegner mit Schreiben vom 28.6.2000 (Bl. 27 ff. d.) auf, die Tauben bis zum 15.7.2000 zu beseitigen oder zumindest eine Verpflichtungserklärung abzugeben, sie nicht mehr frei fliegen zu lassen.
Der Antragsteller meint, es handele sich bei den Tauben bereits nicht um genehmigungsfähige Haustiere. Das wäre nur dann der Fall, wenn sie ausschließlich in Käfigen gehalten würden. Ein Tier, das darüber hinaus in das Sondereigentum anderer Miteigentümer eingreife wie eben die frei fliegenden Tauben, sei kein Haustier. Die von den Tauben ausgehenden Belästigungen seien unzumutbar. So gingen von ihnen erhebliche Geräuschemissionen wie Scharren und Gurren, insb. aber Verschmutzungen aus. Hierdurch sei eine Wertminderung seiner Wohnung in einer Größenordnung von ungefähr 100.000 DM eingetreten.
Er hat erstinstanzlich beantragt,
1. dem Antragsgegner zu untersagen, die von ihm in der Liegenschaft ..., in ... gehaltenen Brieftauben frei fliegen zu lassen,
2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung dem Antragsgegner die Verhängung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, anzudrohen.
Der Antragsgegner hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
Er hat unter Vorlage verschiedener Sachverständigengutachten dargetan, dass die von Edeltauben ausgehenden Geräuschemissionen maximal ca. 50 dA(B) erreichen.
Das AG hat den Antrag mit Beschl. v. 19.1.2001 (Bl. 93 ff. d.A.), auf den verwiesen wird, zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die von den Tauben ausgehenden Beeinträchtigungen so unerheblich seien, dass es sich nicht um einen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG handele. Sie gingen nicht messbar über die Belästigungen hinaus, die durch wild lebende Vögel ohnehin schon gegeben seien.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens hat er darüber hinaus unwidersprochen unter Vo...