Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung von Zwangsgeld gemäß § 888 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle einer offensichtlich unvollständigen Auskunft kann der titulierte Auskunftsanspruch im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO weiterverfolgt werden.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Beschluss vom 24.07.2020; Aktenzeichen 2 O 414/15)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar

Die sofortige Beschwerde des Schuldners und Beschwerdeführers gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 24. Juli 2020 in Verbindung mit dem Beschluss vom 24. September 2020 über die Nichtabhilfe wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Schuldner und Beschwerdeführer die Vollstreckung des gegen ihn verhängten Zwangsmittels abwenden kann, indem er den Verpflichtungen aus dem Tenor des Urteils des Landgerichts Gießen vom 29. Dezember 2017 bis zum 4. November 2020 nachkommt.

Der Schuldner und Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Vollstreckung einer Auskunftsverpflichtung.

Das Landgericht Gießen hat den Schuldner mit dem insoweit rechtskräftigen Urteil vom 29. Dezember 2017 u. a. verurteilt, der Gläubigerin zu 1 Auskunft darüber zu erteilen, "welche Umsätze der Beklagte als LOS Lizenzunternehmer der Klägerin zu 1 [= der Gläubigerin zu 1] in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 19. Juni 2016 aus der Erbringung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der Schulung von Lese- und Rechtschreibschwäche und Nebenleistungen getätigt hat, und zwar getrennt, jeweils chronologisch geordnet nach Monat, Auftraggeber, ausgeführter Leistung, Datum der Leistungserbringung, Höhe der Vergütung, Zahlungseingang und unter Vorlage aller dazugehörigen einzelnen Verträge und Rechnungen."

Die Gläubigerinnen forderten den Schuldner zur Auskunftserteilung auf. Dieser übersandte den Prozessbevollmächtigten ein Paket mit Unterlagen, das dort am 9. März 2020 einging und in dem sich die in Kopie als Anlage A 8 vorgelegten Unterlagen befanden (Bl. 1821 ff. d. A.).

Das Landgericht hat auf Antrag der Gläubigerinnen mit Beschluss vom 24. Juli 2020 gegen den Schuldner ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 1.500,00 sowie für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, je EUR 100,00 einen Tag Zwangshaft verhängt. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Beschlusstenors sowie der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 2019 ff. d. A.).

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 7. August 2020, die dieser mit Anwaltsschriftsatz vom 19. August 2020 begründet hat. Er rügt u. a., dass das Landgericht verkannt habe, dass er die Auskunftsverpflichtung vollständig erfüllt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der sofortigen Beschwerde wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 19. August 2020 Bezug genommen (Bl. 2065 ff. d. A.).

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 24. September 2019 (Bl. 2123 d. A.) nicht abgeholfen.

Der Schuldner beantragt sinngemäß,

das mit dem Beschluss des Landgerichts vom 24. Juli 2020 festgesetzte Zwangsgeld aufzuheben und den Antrag der Gläubigerinnen vom 9. März 2019 zurückzuweisen.

Die Gläubigerinnen beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen des § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegen.

Allerdings spielt es bei Auskunftsansprüchen für die Beurteilung der Frage, ob die Angaben des Schuldners dem gegen ihn ergangenen Titel genügen und damit Zwangsmittel gegen ihn ausscheiden oder nicht, grundsätzlich keine Rolle, ob die Angaben richtig oder umfassend sind. Zweifeln in dieser Richtung muss grundsätzlich im Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nachgegangen werden (vgl. etwa Gruber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 888, Rdnr. 12; Stürner, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), BeckOK ZPO, 38. Edition, Stand: 01.09.2020, § 888, Rdnr. 6; jeweils m. w. N.).

Zumindest im Falle einer offensichtlich unvollständigen Auskunft kann der titulierte Auskunftsanspruch jedoch im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO weiterverfolgt werden (vgl. etwa OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.03.2016 - 6 W 19/16 -, NJW-RR 2016, 960; Gruber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 888, Rdnr. 12; Stürner, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), BeckOK ZPO, 38. Edition, Stand: 01.09.2020, § 888, Rdnr. 6; jeweils m. w. N.), weil im Falle einer (offensichtlichen) Unvollständigkeit der Auskunftsanspruch eben noch nicht erfüllt ist (s. etwa Bittner/Kolbe, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 260, Rdnr. 36; vgl. auch BGH, Urteil vom 06.03.1952 - IV ZR 45/50 und IV ZR 16/51 -, LM § 260 BGB Nr. 1).

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Schuldner eine offensichtlich unvollständige Auskunft erteilt hat.

So muss nach dem oben zitierten Tenor des Urteils des Landgerichts Gießen vom 29. Dezember 2017 au...

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