Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch Anbringen einer Markise
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 62 UR II 113/82) |
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/9 T 208/84) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Erstbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20.1.1984 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des landgerichtlichen Beschwerde Verfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Beschwerdewert für beide Beschwerdeverfahren: je 2.000,– DM.
Gründe
Wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist zulässig und in der Sache begründet. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen (§ 22 WEG).
Die Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, daß die Errichtung der Markise an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Hauswand eine bauliche Veränderung nach § 22 I 1 WEG darstellt, daß ungeachtet des Negativbeschlusses vom 15.3.1978 die Zustimmung der durch diese Maßnahme betroffenen Miteigentümer fehlt und daß diese durch die Zustimmung des Verwalters vom 23.12.1980 nicht wirksam ersetzt werden konnte. Letzteres ergibt sich insbesondere daraus, daß den Wohnungseigentümern nach § 11 der Hausordnung eine störende Veränderung der einheitlichen Außenansicht verboten ist und eine solche auch vom Verwalter nicht genehmigt werden kann (vgl. auch OLG Frankfurt DWE 84, 30).
Das Landgericht hat zwar erkannt, daß es nur auf die Zustimmung der nach den §§ 22 I 2, 14 WEG benachteiligten Wohnungseigentümer ankommt und ein Nachteilfür alle Miteigentümer auch in einer nicht unerheblichen Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Anlage zu sehen ist (vgl. OLG Frankfurt OLGZ 80, 80 zur Umgestaltung eines Müllcontainerplatzes; Rpfleger 83, 64 zur Sprossenverglasung von Fenstern; 20 W 242/84 vom 6.12.1984 zur Errichtung einer Gartenhütte; 20 W 130/84 vom 26.11.1984 zur Balkonverglasung; 20 W 192/84 vom 29.11.1984 zur einheitlichen Verglasung von Loggien; BayObLG NJW 81, 690; BGH Rpfleger 79, 130 = NJW 79, 817; OLG Köln NJW 81, 585; OLG Stuttgart Justiz 80, 474; NJW 70, 102). Ihm kann jedoch nicht darin gefolgt werden, daß der optische Gesamteindruck vorliegend wegen der Reihenhausbebauung, der Gartenbepflanzung und wegen des Umstandes, daß die Beteiligten zu 1. und 2. ein Eckhaus bewohnen, nicht berührt werde und daher nur die Antragsteller als Benachteiligte in Betracht kommen.
Es kann hier keinen entscheidungserheblichen Unterschied machen, ob die erhebliche Veränderung in einer Reihenhaus- oder Hochhausanlage vorgenommen wird. Die Gartenbepflanzung ist einem natürlichen Wechsel unterworfen und erlaubt auch je nach Jahreszeit unterschiedliche Sichtverhältnisse. Schließlich haben alle Miteigentümer ein Mitbenutzungsrecht an dem im gemeinschaftlichen Eigentum liegenden Garten (§ 13 II WEG) und Sind auch insoweit von einer uneinheitlichen Fassadengestaltung betroffen. Die Anbringung von Markisen gehört nämlich zu den Maßnahmen, für die – im Gegensatz zur Verwendung von Sonnenschirmen – eine Zustimmung der übrigen Miteigentümer nötig ist (vgl. Weimar JR 74, 57; Deckert ETW 5/85). Es handelt sich um Sonderwünsche, die hinter Gemeinschaftsinteressen zurückzutreten haben und keine Duldungspflicht begründen. Schon hieraus ergibt sich, daß wegen der Benachteiligung aller Miteigentümer die vermittelnde Lösung des Landgerichts nicht aufrechterhalten werden kann, weil die nicht geringfügige Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Anlage nicht behoben wird.
Selbst wenn nur die Antragsteller als Benachteiligte in Betracht kämen, hätte das Landgericht bei seinem Interessenausgleich nicht davon ausgehen dürfen, daß das Nutzungsrecht an einer Eigentumswohnung mit Terrasse „nach den heutigen Lebensverhältnissen und dem Stand der Technik”, auch die Installation und den Gebrauch einer Markise umfaßt und nicht von vornherein verhindert werden kann. Denn auch bei den vom Landgericht angeordneten Maßnahmen bleibt für die Antragsteller die optische Beeinträchtigung und eine verminderte Sicht in den Garten, die die Antragsteller nicht hinnehmen müssen, wenn die Antragsgegner die Errichtung der Markise damit begründen, daß sie diese zum Schutz ihres Teppichbodens benötigen und die Verwendung einer Markise heute allgemein üblich sei. Damit stehen den Beeinträchtigungen der Antragsteller noch keine ganz erheblichen schutzwürdigen Interessen der Antragsgegner gegenüber (vgl. OLG Köln NJW 81, 585), so daß die Markise auch nicht in dem vom Landgericht festgelegten Rahmen zu dulden wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG, die Wertfestsetzung erfolgte nach § 48 II WEG.
Fundstellen
Haufe-Index 555724 |
OLGZ 1986, 42 |