Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bei vorübergehendem Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines gewerblich genutzten Fahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsbereitschaft eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeugs, also seiner ständigen Verfügbarkeit und Einsatzfähigkeit, kommt kein eigenständiger Vermögenswert zu.
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 09.06.2021; Aktenzeichen 1 O 72/20) |
Tenor
Auf den Hinweis wurde die Berufung zurückgenommen.
In dem Rechtsstreit
...
weist der Senat auf seine Absicht hin, die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Juni 2021 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Limburg durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11. März 2022.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Beschlussentscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen. Insbesondere erachtet er die Berufung als offensichtlich unbegründet (1 und 2) und hält eine mündliche Verhandlung nicht für geboten (3).
1. Die Parteien streiten über die Höhe eines Nutzungsausfallschadens in Bezug auf einen Verkehrsunfall, welcher sich am 16. Mai 2019 in der Gemeinde Stadt1 ereignete.
Der Fahrer des im Eigentum der Klägerin stehenden Marke1 Modell1 mit dem amtlichen Kennzeichen ... kollidierte mit dem bei der Beklagten versicherten Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen ..., weil der bei der Beklagten versicherte Personenkraftwagen die Vorfahrt des im Eigentum der Klägerin stehenden Fahrzeugs missachtete. Die 100%ige Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus diesem Unfall steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
In dem von der Klägerin eingeholten Gutachten des Privatsachverständigen A wurde eine etwaige Nutzungsausfallentschädigung mit maximal EUR 65,- pro Tag beziffert. Die Reparaturdauer wurde mit voraussichtlich 12 Arbeitstagen angesetzt.
Die Klägerin veräußerte den Marke1 Modell1 am 24. Mai 2019.
Im Juli 2019 bestellte die Klägerin ein Neufahrzeug, das ursprünglich im September 2019 geliefert werden sollte. Der Liefertermin verzögerte sich sodann auf Februar 2020. Mit Anwaltsschreiben vom 6. Januar 2020 informiert die Klägerin die Beklagte darüber, dass die Klägerin seit dem 17. Mai 2019 vergeblich versucht habe, ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen und dass das Neufahrzeug im Februar 2020 ausgeliefert werden solle. Die Klägerin machte Nutzungsentschädigungsansprüche für den Zeitraum vom 17. Mai bis zum 31. Dezember 2019 geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K 4 (Bl. 56 f. d. A.) zu den Akten gereichte Kopie des Anwaltsschreibens Bezug genommen.
Daraufhin zahlt die Beklagte eine Nutzungsausfallentschädigung für die im Gutachten genannte Reparaturdauer von 12 Tagen zuzüglich 3 Tagen bis zur Gutachtenerstellung in Höhe von EUR 65,- pro Tag, insgesamt also EUR 975,-.
Mit der Klage macht die Klägerin unter Anrechnung der gezahlten EUR 975,- eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von EUR 65,- pro Tag für den Zeitraum vom 17. Mai 2019 bis zum 31. Dezember 2019 geltend.
Sie hat im ersten Rechtszug zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 12.350,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin "außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.029,35 seit Rechtshängigkeit" zu zahlen,
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angegriffenen Urteil vom 9. Juni 2021 die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, der Klägerin sei hier ein Mitverschulden vorzuwerfen, was im Streitfall zu einem Anspruchsausschluss führe. Der Schädiger habe grundsätzlich nur Nutzungsersatz für den Zeitraum zu leisten, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich sei. Dies sei vorliegend die Zeit der voraussichtlichen Reparatur von 12 Tagen zuzüglich des Zeitraums für die Gutachtenerstellung von weiteren drei Tagen. Insoweit habe eine Regulierung der Beklagten jedoch bereits stattgefunden. Die Klägerin hätte - so das Landgericht - bereits zu einem früheren Zeitpunkt erkennen können, dass die Ersatzbeschaffung ein langwieriger Prozess werden könne. Die Beklagte sei darüber allerdings nicht informiert worden und habe mangels Mitteilung bis zum 6. Januar 2020 nicht erkennen können, dass ein ungewöhnlich hoher Schaden in Form einer Nutzungsausfallentschädigung auf sie zukommen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angegriffene Urteil vom 9. Juni 2021 (Bl. 121 ff. d. A.) verwiesen.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigen am 16. Juni 2021 (Bl. 131 d. A.) zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem hier am 13. Juli 2021 eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt (Bl. 145 d. A.). Die Klägerin hat die Be...