Leitsatz (amtlich)
Der Entzug des Umgangsbestimmungsrechts setzt - unabhängig von einem diesbezüglichen Einvernehmen der Verfahrensbeteiligten - voraus, dass mit der Umgangsbestimmung des sorgeberechtigten Elternteils eine anders- also auch durch eine gerichtliche Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB oder die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen - nicht abwendbare konkrete Gefährdung des Kindeswohls einhergeht.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Von der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge wird abgesehen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Ihre Aufwendungen tragen die Beteiligten selbst.
Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 3.000 EUR.
Gründe
I. Gegenstand der vom AG bereits am 28.6.2013 auf Anregung des Vaters eingeleiteten Kindschaftssache ist die Regelung des seit 2012 unterbrochenen Umgangs zwischen dem Vater und dem bei der Mutter lebenden Kind.
Nachdem trotz zweier Zwischenvereinbarungen der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern vom 19.9.2013 (Bl. 66 der Akte) und 26.1.2014 (Blatt 96 der Akte) über eine einvernehmliche Kontaktanbahnung zwischen Vater und Kind unter gleichzeitiger Inanspruchnahme von Erziehungsberatung durch beide Eltern keine regelmäßigen Umgangskontakte zustande kamen, holte das AG zur Frage einer dem Kindeswohl entsprechenden Umgangsregelung ein kinderpsychologisches Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Päd. Susanne Schmidt vom 26.9.2014 ein, in welchem zunächst begleitete, später unbegleitete Umgangskontakte zwischen Vater und Kind im vierzehntägigen Rhythmus bei gleichzeitiger Unterstützung der Mutter durch eine sozialpädagogische Familienhilfe befürwortet wurden. Wegen des Inhalts des Gutachtens im Einzelnen wird auf dieses (ohne Blattzahlen abgeheftet zwischen Blatt 152 und Blatt 153 der Akte) Bezug genommen.
In der Anhörung der Beteiligten und des bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht förmlich am Verfahren beteiligten Jugendamt am 15.12.2014 trafen die Beteiligten gemeinsam mit der als Umgangsbegleiterin vorgesehenen Cousine der Mutter und dem Vertreter des Jugendamts folgende Vereinbarung:
1. Es besteht Einigkeit zwischen den Kindeseltern darüber, dass dem Kindesvater wieder Kontakt mit dem Kind H. gewährt werden soll.
2. Ein erster Kontakt soll stattfinden am Mittwoch, den 31.12.2014, um 15:00 Uhr in den Räumen des Kindesvaters. Der Umgang wird in Begleitung von Frau H. stattfinden, die dazu ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt. Der Umgang wird längstens bis 18:00 Uhr dauern.
3. Zwei weitere Kontakte sollen stattfinden in den Räumen des Jugendamtes W., ebenfalls begleitet. Die Termine sollen, wenn möglich, bereits im Januar 2015 stattfinden.
4. Sind diese Termine erfolgreich, soll dem Kindesvater unbegleiteter Umgang mit H. gewährt werden.
5. Sofern die beiden Eltern einen entsprechenden Antrag beim Jugendamt stellen, der ihnen unverzüglich zugesandt werden soll, wird der Kindesmutter eine SPFH beigeordnet zur Vor- und Nachbereitung der Umgangskontakte. Die SPFH soll, wenn möglich, bereits bei den begleiteten Umgangskontakten in den Räumen des Jugendamts zugegen sein.
6. Das Jugendamt wird ersucht, die für die Anbahnung der Umgangskontakte erforderlichen Maßnahmen unverzüglich durchzuführen.
7. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass für die Ausübung des Umgangsrechts des Kindesvaters mit H. eine Umgangspflegschaft eingerichtet wird. Umgangspfleger soll das Jugendamt sein.
Vom Vertreter des Jugendamts war in der Anhörung mitgeteilt worden, es könne eine sozialpädagogische Familienhilfe installiert werden, die auf Seiten der Kindesmutter die Umgangskontakte vor- und nachzubereiten helfe. Eine Umgangsbegleitung könne durch den Träger Z. erfolgen.
Im Anschluss an die Anhörung der Beteiligten hörte das AG auch das betroffene Kind an. Wegen des Ergebnisses der Anhörung der Beteiligten und des betroffenen Kindes wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.12.2014, Bl. 193 ff. der Akte, und den Vermerk vom selben Tage, Bl. 197 der Akte, Bezug genommen.
Mit seiner am Ende der Sitzung verkündeten Entscheidung entzog das AG beiden Eltern die elterliche Sorge im Teilbereich der Regelung des Umgangs des Kindes mit seinem Vater und bestellte das Jugendamt insoweit zum Amtspfleger. Eine Kostenentscheidung behielt es der Schlussentscheidung vor und setzte den Wert des "mit dem vorliegenden Beschluss geregelten Verfahrensteils" vorläufig auf 3.000 EUR fest.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, diese beruhe auf §§ 1666, 1666a, 1909 Abs. 1 BGB. Der mit Zustimmung der Eltern erfolgte Teilentzug der elterlichen Sorge sei aus Gründen des Kindeswohls erforderlich, denn wegen der stetigen Auseinandersetzungen der Kindeseltern sei die der gedeihlichen Entwicklung des Kindes unstreitig dienliche Durchführung kontinuierlicher und regelmäßig durchgeführter Umgangskontakte zu ihrem Vater in der Vergangenheit nicht oder nur mit langwährenden Unterbrechungen möglich gewesen. Andere Versuche der Beteiligten, den Umgang konkret...