Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine nachträgliche Aufhebung einer Fristverlängerung; keine isolierte Feststelltung einer Verzögerung durch eine prozessuale Maßnahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Antrag auf Aufhebung einer vom Gericht gewährtenVerlängerung einer Frist zur Stellungnahme ist - zumal nach Fristablauf - nicht selbständig anfechtbar; ein entsprechneder Antrag ist angesichts der Möglichkeiten, eine Fristeverkürzung zu beantragen (§ 224 Abs. 2 ZPO), unstatthaft.

2. Ein Antrag auf Feststellung, dass eine vom Gericht gewährte Verlängerung einer Frist zur Stellungnahme gegen das Beschleunigungsgebot des Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen habe, ist im Zivilprozess unstatthaft.

 

Normenkette

MRK Art. 6 Abs. 1; MRK Art. 13; ZPO §§ 224-225, 567, 580 Nr. 8

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden

 

Tenor

1. Der Antrag des Klägers, die Verfügung des LG Wiesbaden vom 23.11.2011 über eine Verlängerung der Stellungnahmefrist für die Beklagte bis zum 30.3.2011 aufzuheben, wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die der Beklagten mit Verfügung vom 23.11.2010 eingeräumte ursprüngliche Fristverlängerung bis zum 30.3.2011 gegen das Beschleunigungsgebot des Art. 6 EMRK verstoßen habe, wird als unzulässig verworfen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, und zwar auch, soweit die Parteien das Beschwerdeverfahren bezüglich der gegen den Beschluss des LG Wiesbaden vom 20.1.2011 über die Verkürzung der genannten Stellungnahmefrist bis lediglich zum 28.2.2011 gerichteten sofortigen Beschwerde übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten dagegen, dass das LG auf Antrag der Beklagten vom 17.11.2010 - dem Tag des Ablaufs einer rund zweimonatigen Stellungnahmefrist - mit Verfügung vom 23.11.2010 (Bl. 1743 d.A.) die Frist zur Stellungnahme für die Beklagte ursprünglich bis 30.3.2011 verlängert hatte.

Auf seinen Antrag hin hat das LG mit Beschluss vom 20.1.2011 diese Frist zur Stellungnahme für die Beklagte bis zum 28.2.2011 abgekürzt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18.1.2011 (Bl. 1867, 1876 d.A.) sofortige Beschwerde eingelegt und eine Verkürzung bis mindestens 7.2.2011 verlangt; dem hat das LG mit Beschluss vom 3.2.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt, bei dem die Akte und der Schriftsatz des Klägers vom 7.2.2011 (Bl. 1909 ff. d.A.) am 8.2.2011 eingegangen sind. Zuletzt hat der Kläger eine Verkürzung jedenfalls bis zum 21.2.2011 begehrt. Der Senat hat ihn mit Verfügung vom 8.2.2011 (Bl. 1925 d.A.) darauf hingewiesen, dass der Senat jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für die Beklagte eine weitergehende Verkürzung der Stellungnahmefrist, als sie das LG mit Beschluss vom 20.1.2011 ausgesprochen hat, nicht für angezeigt hielt. Die genannte Beschwerde hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18.2.2011 (II) (Bl. 2027, 2030) für erledigt erklärt. Dem hat sich die Beklagte angeschlossen.

Darüber hinaus begehrt der Kläger weiterhin die Aufhebung der Verfügung vom 23.11.2010 über die Bewilligung der Fristverlängerung und macht geltend, diese Fristverlängerung sei von der Beklagten unter Verstoß gegen das Vollständigkeits- und Wahrheitsgebot mit der Nennung von Gründen, die nicht zugetroffen hätten, erreicht worden.

Außerdem begehrt der Kläger die Feststellung der Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK durch die Verfügung vom 23.11.2010.

Der Kläger ist der Auffassung, es müsse unter mehreren Gesichtspunkten wegen grundsätzlicher Bedeutung die Rechtsbeschwerde zugelassen werden.

Wegen weiterer Einzelheiten seines Vorbringens wird auf seine zahlreichen Schriftsätze verwiesen -zuletzt diejenigen vom 13.5.2011 und vom "10./12.5.2011 (erg.)", für die ihm teilweise ausdrücklich, teilweise stillschweigend die erbetenen Verlängerungen der Frist zur Stellungnahme bis 16.5.2011, 10.00 Uhr, gewährt wurden.

II. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gem. § 569 Satz 1 ZPO durch den Einzelrichter, da der angefochtene Beschluss durch den Einzelrichter getroffen wurde. Zuständiger Einzelrichter ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Zivilsenats für 2011 der Vorsitzende. Dieser entscheidet also nicht in seiner Funktion als Vorsitzender, sondern als Einzelrichter. Hierauf wurde mit Verfügung vom 16.2.2011 (Bl. 1990 d.A.) hingewiesen im Hinblick darauf, dass die Verfügungen vom 08.02. und 14.2.2011 (Bl. 1925 und 1967 d.A.) - was zu Missverständnissen hätte Anlass geben können - von ihm versehentlich nicht mit der richtigen Funktionsbezeichnung "Der Einzelrichter", sondern mit "Der Vorsitzende" unterzeichnet waren, die unterzeichnende Gerichtsperson aber - wie ausgeführt - die zuständige war. Eine Übertragung der Sache gem. § 568 Satz 2 ZPO durch den Einzelrichter auf den Senat in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung war nicht angezeigt, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Weder we...

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