Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.07.1988; Aktenzeichen 2/26 O 123/82) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Schuldnerin zur Last.
Der Beschwerdewert beträgt 6.000.– DM.
Gründe
Die Schuldnerin ist im Baumängelprozeß durch Urteil des Oberlandesgerichts verurteilt worden, sieben bestimmt bezeichnete Nachbesserungsarbeiten am Haus der Klägerin vorzunehmen. Dieses Urteil ist seit Mai 1985 rechtskräftig. Die Schuldnerin hat die Verpflichtung zur Vornahme der Handlungen nur teilweise und nicht ordnungsgemäß erfüllt. Im August 1987 haben deshalb die Gläubiger unter Vorlage eines Privatgutachtens Antrag auf Ermächtigung zur Ersatzvornahme und Vorauszahlung der dafür erforderlichen Aufwendungen gestellt. Die Schuldnerin hat dem Antrag widersprochen, und das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten über die Behauptungen der Schuldnerin eingeholt. Das Gutachten lag im April 1988 vor, es kam zu dem Ergebnis, daß mehrere Arbeiten überhaupt noch nicht, andere nicht vollständig ausgeführt sind und daß außerdem noch Folgeschäden aus durchgeführten Nachbesserungsarbeiten beseitigt werden müssen. Nach einer Ergänzung des Gutachtens gab das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluß vom Juli 1988 dem Antrag der Gläubiger überwiegend statt. Diese Entscheidung greift die Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde an. Sie macht zur Begründung des Rechtsmittels lediglich geltend, sie sei nun bereit, die Arbeiten auszuführen und habe nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses den Gläubigern einen Termin für den Beginn der Reparaturarbeiten genannt, die Gläubiger hätten dieses Angebot jedoch abgelehnt und verlangten den ihnen zugesprochenen Kostenvorschuß.
Die sofortige Beschwerde gegen den nach § 887 ZPO ergangenen Beschluß des Landgerichts ist zulässig (§§ 793, 577 Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Zwar wird in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein die Meinung vertreten, der Schuldner habe das Recht, auch nach Erlaß der Entscheidung gemäß § 887 ZPO, die den Gläubiger zur Ersatzvornahme auf Kosten des Schuldners ermächtigt, die geschuldete Handlung noch vorzunehmen, also seine Verpflichtung noch (nachträglich) zu erfüllen (vgl. Rosenberg-Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., 1987, § 71 II 1 m. w. N.). Wie Inhalt und Grenzen eines solchen Rechts unter den besonderen Bedingungen der Zwangsvollstreckung zu bestimmen sind, ist, soweit ersichtlich, bis heute ungeklärt geblieben. Zumindest für den – hier gegebenen – Fall, daß die geschuldete Handlung nicht ohne Einverständnis des Gläubigers vorgenommen werden kann (gegen seinen Willen können die Bauhandwerker nicht ins Haus) und daß er dieses Einverständnis ausdrücklich verweigert, folgt der Senat der genannten Auffassung nicht, denn sie ist mit dem Sinn des Verfahrens nach §§ 887, 891 ZPO und mit dem Grundsatz der Effektivität der Zwangsvollstreckung unvereinbar.
Der Gläubiger, der im Vollstreckungsverfahren den Titel des § 887 ZPO erwirkt hat, ist nach Auffassung des Senats berechtigt, nach seiner freien Entschließung von diesem Titel Gebrauch zu machen oder nicht und demgemäß auch unbeschränkt und ohne Vorliegen besonderer Gründe die verspätete Erfüllung abzulehnen. Dieser Ablehnung gegenüber gibt es kein „Recht auf Erfüllung”. Der Gläubiger darf nicht gezwungen werden, den Schuldner die längst überfälligen Arbeiten nun doch noch ausführen zu lassen, bloß, weil es dem Schuldner so gefällt, aus der von ihm beständig geleugneten oder mißachteten Pflicht zur Vornahme der Handlung nun plötzlich im nachhinein (nach der ihn belastenden Verurteilung zur Vorschußzahlung) ein Recht zur Vornahme dieser Handlung herzuleiten. Das freie Wahlrecht des Vollstreckungsgläubigers (vgl. z. B. für die freie Wahl unter Vollstreckungsobjekten zutreffend Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht, 18. Aufl., 1987, § 1 X) muß auch hier erhalten werden.
Die mit der Beschwerde vertretene Rechtsauffassung hat unannehmbare Konsequenzen. Wollte man, dem Hauptantrag der Beschwerde entsprechend, wegen des Angebots des Schuldners den angefochtenen Ermächtigungsbeschluß aufheben und den Antrag aus § 887 ZPO zurückweisen, so müßten die Gläubiger einen völlig neuen Antrag stellen, wenn – was nicht fernliegt – die Schuldnerin doch nicht alle Restarbeiten sofort und vollständig und ordnungsgemäß ausführt oder wenn auch nur Streit darüber entsteht. Dieses „Spiel” (Zurückweisung des Antrags, neuer Antrag) könnte sich wiederholen. Damit verkäme das für den Gläubiger schon sowieso oft mühselige Verfahren der Vollstreckung vertretbarer Handlungen zur bloßen Farce. Aber auch das mit dem Hilfsantrag der Beschwerde wohl verfolgte Ziel, durch eine einstweilige Anordnung nach § 572 Abs. 3 ZPO der Schuldnerin die Möglichkeit zu schaffen, ihre Handlungspflicht zu erfüllen, ist nicht erreichbar. Rein formal wäre es vielleicht möglich, so den Gläubiger zu zwingen, einstweilen die Reparaturarbeiten nicht selbst vorzunehmen und nicht vorn...