Verfahrensgang
LG Marburg (Beschluss vom 13.07.1993; Aktenzeichen 5 O 15/92) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 13. Juli 1993 wird zurückgewiesen.
Die Gläubigerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 5.000,– DM zu tragen.
Gründe
Die Gläubigerin ist eine Enkelin des am 26.04.1989 verstorbenen Bernhard Geidt; die Schuldnerin ist dessen Tochter. Sie hat ihren Vater als alleinige Schlußerbin beerbt. Da die Mutter der Gläubigerin – eine weitere Tochter des Erblassers – vorverstorben ist, macht die Gläubigerin als von der Erbfolge ausgeschlossene gesetzliche Erbin ihres Großvaters einen Pflichtteilsanspruch gegenüber der Schuldnerin geltend.
Zur Durchsetzung ihres Anspruchs hat sie unter dem 26.05.1993 eine Stufenklage erhoben, mit der sie folgende Anträge angekündigt hat:
1) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu geben über den Nachlaß des am 26.04.1989 in … verstorbenen Herrn …, zuletzt wohnhaft …, …, durch Vorlage eines Nachlaßverzeichnisses sowie über den Wert der einzelnen Nachlaßgegenstände.
2) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nach Auskunftserteilung und Wertermittlung den ihr zustehenden Pflichtteil in Höhe von 1/8 des Nachlaßwertes zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 13.08.1992 hat die Schuldnerin die Klageansprüche anerkannt. Auf Antrag der Gläubigerin ist daraufhin vom Landgericht Marburg am 23.09.1992 im schriftlichen Verfahren ein Teilanerkenntnisurteil erlassen worden, dessen Tenor zur Hauptsache dem Klageantrag zu 1) entspricht.
Die Schuldnerin hat daraufhin ein Nachlaßverzeichnis errichtet und der Gläubigerin zugeleitet, in dem sie auch Wertangaben zu den einzelnen Nachlaßgegenständen gemacht hat. Der Gläubigerin genügten diese Angaben jedoch nicht. Sie forderte von der Schuldnerin ein auf Kosten des Nachlasses eingeholtes Sachverständigengutachten über den Wert eines zu 1/2 in den Nachlaß gefallenen, in Marburg, Am Grün 34 gelegenen Hausgrundstücks. Die Schuldnerin kam dieser Aufforderung nicht nach.
Die Gläubigerin hat deshalb bei dem Prozeßgericht beantragt, die Schuldnerin durch die Androhung eines Zwangsgeldes dazu anzuhalten, ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen über den Wert des vorgenannten Hausgrundstücks vorzulegen. Die Schuldnerin ist diesem Antrag mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, daß sie die Einholung eines solchen Gutachtens nach dem Teilanerkenntnisurteil vom 23.09.1992 nicht schulde.
Durch Beschluß vom 13. Juli 1993, der der Gläubigerin am 22. Juli 1993 zugestellt worden ist, hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Marburg den Vollstreckungsantrag der Klägerin als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß ein Wertermittlungsanspruch durch das Teilanerkenntnisurteil vom 23.09.1992 nicht tituliert sei, so daß er im Wege der Zwangsvollstreckung nicht durchgesetzt werden könne.
Hiergegen richtet sich die am 27.07.1993 eingegangene sofortige Beschwerde der Gläubigerin. Sie steht weiterhin auf dem Standpunkt, daß die Verurteilung zur Auskunftserteilung über den Nachlaßwert auch die Verpflichtung umfasse, ein Sachverständigengutachten über den Wert des in den Nachlaß gefallenen Grundstücks einzuholen und vorzulegen. Die Schuldnerin hält demgegenüber an ihrer Auffassung fest, daß sich diese Verpflichtung aus dem Teilanerkenntnisurteil nicht ergebe.
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist zulässig, denn sie ist gemäß § 793 Abs. 1 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden ist.
Das Teilanerkenntnisurteil vom 23.09.1992 läßt die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin mit dem Ziel, sie zur Vorlage eines Wertschätzungsgutachtens über das in den Nachlaß gefallene Grundstück zu zwingen, nicht zu. Die förmlichen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen zwar unstreitig vor. Bei der Wertermittlung durch Zuziehung eines Sachverständigen gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative BGB handelt es sich auch um eine unvertretbare Handlung i. S. von § 888 ZPO, die durch Verhängung von Zwangsgeld oder Zwangshaft vollstreckt wird (OLG Frankfurt OLGZ 87, 480). Gleichwohl ist eine Zwangsvollstreckung aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 23.09.1992 mit dieser Zielsetzung unzulässig, weil der Titel wegen seiner inhaltlichen Unbestimmtheit keine geeignete Vollstreckungsgrundlage i. S. von § 704 ZPO darstellt.
Nach dem Wortlaut des Titels ist die Schuldnerin dazu verurteilt worden, Auskunft über den Nachlaß des Erblassers durch Vorlage eines Nachlaßverzeichnisses sowie (Auskunft) über den Wert der einzelnen Nachlaßgegenstände zu geben. Das Teilanerkenntnisurteil enthält insoweit klare Aussagen über die Verpflichtung der Schuldnerin, nämlich ein Nachlaßverzeichnis zu errichten, in dem alle Gegenstände aufgeführt werden, die in den Nachlaß gefallen sind, und den Wert der einzelnen Nachlaßgegenstände ...