Leitsatz (amtlich)
1. Herabwürdigende Äußerungen über den Inhaber eines Vollstreckungstitels in einem Facebook-Account stellen keine Verstöße gegen ein Kontaktaufnahmeverbot im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GewSchG dar, die mit Ordnungsmitteln sanktioniert werden können.
2. Die Äußerung, es dem Inhaber eines Vollstreckungstitels "gewaltig heimzuzahlen", stellt keine Drohung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG dar und kann ebenfalls nicht mit Ordnungsmitteln belegt werden.
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert. Der Antrag der Antragsteller auf Verhängung eines Ordnungsgelds vom 06.09.2021 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Beteiligten hälftig. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin begehrt die Aufhebung eines Ordnungsmittels in einem Gewaltschutzverfahren.
Die Antragsgegnerin ist die ehemalige Mieterin der Antragsteller. Das Mietverhältnis endete im Streit.
Mit Beschluss vom 19.05.2021 hat das Amtsgericht der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung im schriftlichen Verfahren bis 18.11.2021 untersagt, sich der Wohnung der Antragsteller bis auf eine Entfernung von 20 Metern zu nähern, Verbindung zu den Antragstellern auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen, ein Zusammentreffen mit den Antragstellern herbeizuführen und die Antragsteller zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurden der Antragsgegnerin Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. Wegen des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe wird auf den Beschluss vom 19.05.2021 Bezug genommen. Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 21.05.2021 zugestellt. Auf ihren Antrag hin hat das Amtsgericht eine mündliche Verhandlung auf den 25.06.2021 anberaumt und die Sache erörtert. Zu dem Termin ist die Antragsgegnerin nicht erschienen. Am Terminstag hat ein von ihr beauftragter Rechtsanwalt Terminsverlegung beantragt, die das Amtsgericht abgelehnt hat. Mit Beschluss vom 28.06.2021, für den kein Zustellungsnachweis vorliegt, hat das Amtsgericht den Beschluss vom 19.05.2021 aufrechterhalten.
Im August 2021 stellte die Antragsgegnerin auf ihrer Facebook- bzw. Instagramseite u.a. folgende Kommentare ein: "Vorname1 Nachname1 und Vorname2 Nachname1, Vorname1 Nachname2 und Vorname2 Nachname2, Vorname3 Nachname2 und Vorname4 Nachname2!!! Irgendwann ist Zahltag. Jeder bekommt das, was er verdient. Die einen früher und die anderen später."
"Dumme Scheisse Labbern aber nie etwas Schriftlich darlegen können, im Gegensatz zu mir!!! Ich werde Euch jede Lüge so gewaltig heimzahlen!!!" In weiteren Posts warf sie den Antragstellern Lügen und Betrug vor.
Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss nach Anhörung der Antragsgegnerin, die mit Schreiben vom 11.10.2021 zum Antrag Stellung genommen hat, gegen diese wegen am 13.08.2021 und am 31.08.2021 erfolgter Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsanordnung vom 19.05.2021/28.06.2021 ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 5 Tagen verhängt.
Mit ihrer am 27.10.2021 eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen den ihr am 27.10.2021 zugestellten Beschluss macht die Antragsgegnerin geltend, dass sich aus dem Beschluss nicht ergebe, was sie konkret gemacht haben solle. Nur zwei Daten hinzuschreiben, reiche nicht aus.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Antragsteller hätten durch Vorlage zahlreicher Ausdrucke von Veröffentlichungen auf der Internetplattform "Facebook" dargelegt, dass die Antragsgegnerin Bedrohungen ihnen gegenüber ausgesprochen habe. Die als Rechtfertigung vorgebrachten Äußerungen der Antragsgegnerin überzeugten hingegen nicht.
Nach der ihm erst im Beschwerdeverfahren gewährten Akteneinsicht hat der Antragsgegnervertreter die Beschwerde weiter begründet. Die Antragsgegnerin habe die Antragsteller im Anschluss an den Beschluss des Amtsgerichts vom 19.05.2021 zu keinem Zeitpunkt i.S.v. § 241 StGB bedroht. Sie habe sich im sozialen Netzwerk über von den Antragstellern vorgetragene Umstände und deren Verhalten ausgelassen und sich möglicherweise in der Wortwahl vergriffen. Aus den der Entscheidung des Gerichts zugrunde gelegten Unterlagen könne keine Bedrohung hergeleitet werden.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 87 Abs. 4 FamFG in Verbindung mit §§ 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden und hat auch in der Sache Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Antragsgegnerin am 13.08.2021 und am 31.08.2021 gegen die Untersagungsanordnung vom 19.05.2021/28.06.2021 verstoßen hat. Zwar führt der Umstand, dass der amtsgerichtliche Beschluss keine Begründung enthäl...