Leitsatz (amtlich)

1. Auch in Verfahren betreffend das Umgangsrecht eines sozialen Vaters nach § 1685 II BGB sind das Kind und der rechtliche Vater persönlich anzuhören. Von der Anhörung des Kindes kann auch dann nicht abgesehen, wenn der Verfahrensbeistand empfiehlt, im Interesse des Kindes auf diese zu verzichten, um dessen Loyalitätskonflikt nicht noch weiter zu verstärken und den Bindungsabbruch zu verfestigen.

2. Dauer und Frequenz des Umgangs haben sich bei Umgangsrechten nach § 1685 BGB im Regelfall nicht an die zum Elternumgang nach § 1684 BGB entwickelten Grundsätze zu orientieren.

3. Eine Umgangspflegschaft kann beim Umgangsrecht nach § 1685 BGB nur bei Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung angeordnet werden.

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss vom 09. November 2023 wird einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht - Familiengericht - Bensheim zurückverwiesen.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 4. (im Folgenden Kindesvater) und 6. (im Folgenden Kindesmutter) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des derzeit 5jährigen K, für den sie aufgrund übereinstimmender Sorgeerklärungen vom 10. Oktober 2023 gemeinsam sorgeberechtigt sind.

Die Kindesmutter war schon während der Schwangerschaft mit dem Beteiligten zu 5. liiert. Seit K's Geburt lebten sie in einem gemeinsamen Haushalt. Aus der Beziehung ist ein gemeinsames Kind, der am 28. Februar 2023 geborene X, hervorgegangen. Am 21. August 2023 kam es schließlich zur Trennung. Der Beteiligte zu 5. hatte nach der Trennung lediglich noch am 22. August 2023 Umgang mit dem betroffenen Kind. Nach einem Umgangskontakt mit X am 24. August 2023 weigerte sich der Beteiligte zu 5., diesen an die Kindesmutter herauszugeben und erstattete eine Gefährdungsmeldung beim zuständigen Jugendamt. Nachdem das Jugendamt keine Gefährdung feststellen konnte, gab er X schließlich wieder an die Kindesmutter heraus. In den weiteren beim Amtsgericht Bensheim geführten Verfahren das gemeinsame Kind X betreffend, Az. 73 F .../23 SO und 73 F .../23 UG einigten sich die Kindesmutter und der Beteiligte zu 5. auf einen Umgang und die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Der Kindesvater ist inzwischen bei der Kindesmutter eingezogen.

Im vorliegenden Verfahren hat der Beteiligte zu 5. am 28. September 2023 beantragt, den Umgang zwischen ihm und K zu regeln. Zur Begründung führte er aus, dass er seit der Geburt mit dem betroffenen Kind und der Kindesmutter in einem Haushalt gelebt habe und deshalb faktischer Vater des Kindes sei. Seit der Trennung verwehre die Kindesmutter jeglichen Umgang. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz verwiesen.

Das Amtsgericht hat dem betroffenen Kind einen Verfahrensbeistand bestellt und Termin zur Erörterung für den 20. Oktober 2023 bestimmt und das persönliche Erscheinen der Kindeseltern, des Kindes und des Beteiligten zu 5. angeordnet.

Aus einem Vermerk der erstinstanzlich zuständigen Richterin vom 17. Oktober 2023 geht hervor, dass der Kindesvater mitgeteilt hat, am Termin vom 20. Oktober 2023 verhindert zu sein, jedoch Einverständnis damit bestehe, dass er schriftlich Stellung nehme. Zugleich teilte er mit, dass K krank sei. Auf den Vermerk wird verwiesen.

In seiner schriftlichen Stellungnahme führte der Kindesvater sodann u.a. aus, dass der Beteiligte zu 5. sechs Tage pro Woche arbeite, regelmäßig Alkohol konsumiere und aggressives Verhalten zeige. K sei nach dem einzigen Umgangstag extrem unruhig und ängstlich gewesen. Er sei K's leiblicher Vater, lebe wieder mit der Kindesmutter zusammen und lehne jegliche Kontakte seines Kindes zu dem Beteiligten zu 5. ab. Auf das undatierte Schreiben wird verwiesen.

Das Jugendamt befürwortete in seinem Bericht vom 18. Oktober 2023 einen Umgang zwischen K und dem Beteiligten zu 5., da dieser seit der Geburt des Kindes die Rolle des sozialen Vaters übernommen habe. Im Einzelnen wird auf den Bericht verwiesen.

8Der Verfahrensbeistand hat in seinem schriftlichen Bericht vom 19. Oktober 2023 empfohlen, den Umgang entsprechend des Antrags des Beteiligten zu 5. dahingehend zu regeln, dass dieser 14tägig von Freitag bis Montag und wöchentlich von Dienstag bis Mittwoch stattfindet. Er verwies darauf, dass die Kindeseltern ihm keinen Kontakt zu dem betroffenen Kind ermöglicht hätten und auch ein Austausch mit dem Kindergarten untersagt worden sei. Das Verhalten der Kindeseltern, die den Umgang zwischen K und dem Beteiligten zu 5. verweigerten, ziehe erhebliche Entwicklungsrisiken für K, der in einen Loyalitätskonflikt gedrängt werde nach sich. Im Interesse des Kindes sei eine Umgangspflegschaft einzurichten, um sicherzustellen, dass zukünftige Übergaben des Kindes konfliktfrei verliefen. Im Einzelnen wird auf den Bericht vom 19. Oktober 2023 verwiesen.

Mit Verfügung vom 20. Oktober 2023 hat das Amtsgericht den Termin zu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge