Leitsatz (amtlich)
Schadensersatzanspruch eines Reiseunternehmens, das bei der beklagten Fluggesellschaft für seine Kunden einen Zubringerflug zu einer Kreuzfahrt gebucht hatte, die die Abfahrt des Schiffes wegen einer Verspätung des Flugzeuges verpassten.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.12.2002; Aktenzeichen 3/10 O 74/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 19.12.2002 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. (LG Frankfurt/M., Urt. v. 19.12.2002 - 3/10 O 74/02) werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte 70 %, die Klägerin 30 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die vorläufige Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwendet werden, wenn nicht die Vollstreckende Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO): Die Klägerin verlangt Schadensersatz, weil 54 Passagiere, für die sie bei der Beklagten einen Zubringerflug von Frankfurt/M. nach V. (..., planmäßiger Abflug: 30.9.2000, ... 25, planmäßige Ankunft: ...15 Uhr, jeweils Ortszeit) zu einer Kreuzfahrt nach H. gebucht hatte, die Abfahrt des Schiffes von V. (planmäßig: 30.9.2000, 17.00 Uhr Ortszeit) verpassten, weil der von Frankfurt/M. gestartete Flug wegen einer Feuerwarnung an einem Triebwerk abgebrochen wurde und ein Start mit einer Ersatzmaschine erst am nächsten Tag erfolgte.
Die Parteien streiten über die Anspruchsgrundlage, das Verschulden der Beklagten und ein Mitverschulden der Klägerin.
Zum Vortrag der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom Bezug genommen.
Das LG hat die Parteien darauf hingewiesen, die Anwendung von Art. 19, 20 WA komme in Betracht, außerdem könne im Rahmen des Art. 20 WA eine Rolle spielen, ob die Beklagte Kenntnis davon gehabt habe, dass die Abfahrt des Schiffes bis 24.00 Uhr oder auch bis 3.00 Uhr des nächsten Tages hinausgezögert werden könne. Die Parteien haben hierzu Stellung genommen.
Durch das angefochtene Urteil hat das LG die Klage i.H.v. 70 % des berechtigten Schadens für gerechtfertigt erklärt.
Es liege ein Verspätungsschaden i.S.v. Art 19 WA vor, keine Unmöglichkeit, da es sonst keinen denkbaren Fall einer Verzögerung mehr gäbe. Zwar sei der Defekt nicht zu verhindern, die Rückkehr erforderlich gewesen, es sei aber genug Zeit gewesen, für eine Ersatzmaschine zu sorgen. Die Beklagte mit Hauptsitz in Frankfurt/M. hätte dartun müssen, weshalb eine solche nicht hätte eingesetzt werden können.
Die Beklagte treffe ein Mitverschulden von 30 %, weil die Klägerin bei der Planung der Ankunft der Maschine um 14.15 Uhr Ortszeit in V. und der vorgesehenen Abfahrt des Schiffes um 17.00 Uhr eine immer mögliche Verspätung nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte weiterhin gegen die vom LG angenommene Anspruchsgrundlage und macht geltend, sie habe alles ihr Zumutbare getan, um die Verspätung oder Unmöglichkeit zu verhindern. Auf den möglichen Einsatz einer Ersatzmaschine komme es, wie sie meint, im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität nicht an. Dieser vom LG herausgestellte Aspekt sei überraschend.
Tatsächlich habe sie sogar mehr als die übliche Reserve vorgehalten.
Üblich sei ein Reservefaktor von 0,6, während sie für diese Teilflotte einen Reservefaktor von 0,75 einhalte, was 6 Reserven pro Woche entspreche; während sich die Mindestreserve aus Anzahl der Flugzeuge einer Teilflotte × 0,6= Anzahl der Reserven pro Woche errechne, hier also 8 × 0,6 = 4,8.
Als Ersatz seien nur X. in Betracht gekommen, da nur Langstreckenmaschinen dieses Typs hätten eingesetzt werden können und auch nur für diese das Start- und Landerecht (Slot) bestanden habe. Von den 8 Maschinen ihrer Flotte seien 6 unterwegs gewesen- einschließlich der hier eingesetzten, bei der sich der Defekt herausgestellt habe. Eine Maschine ..., im Folgenden "Y.", sei gerade in der Wartung gewesen, die nicht kurzfristig habe abgebrochen werden können; diese Maschine habe dann den Flug .../... am 1.10.2002 um 6.49 Uhr durchgeführt. Eine Maschine, im Folgenden "Z." sei die eigentliche Reserve gewesen, sie sei jedoch wegen eines unvorhergesehenen technischen Defekts - Tank Nr. 4 Beanstandung "aircraft on ground" - belegt gewesen. Deshalb habe die übliche Ersatzmaschine nicht zur Verfügung gestanden. Eine ausreichende Personalreserve sei vorhanden gewesen.
Sämtliche Wartungen seien ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Ersatzflüge, auch solche mit anderen Gesellschaften, hätten nicht zur Verfügung gestanden. Die Flüge ... (Ankunft ...45 Uhr) und ... (Ankunft ...55 Uhr) seien ausgebucht gewesen. Hierzu legt sie die "Flight- Leg- Steckbriefe" Bl. 185 ff. d.A. vor.
Mit der Anschlussberufung wendet sich die Klägerin gegen das ihr vom LG angerechnete Mitverschulden. Im Übrigen verteidigt sie das landgerichtliche Urteil.
Sie bestreitet die ordnungsgem...