Leitsatz (amtlich)
Das Kosteninteresse der Verfügungsbeklagten rechtfertigt eine Fristsetzung zur Hauptsacheklage regelmäßig nicht.
Normenkette
ZPO § 926
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3-4 O 82/07) |
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin hatte gegen die Verfügungsbeklagte eine einstweilige Verfügung mit Beschluss des LG vom 19.6.2007 erwirkt, mit der der Verfügungsbeklagten aufgegeben wurde, alle in ihrem Besitz befindlichen, zur vollständigen Lohn- und Finanzbuchhaltung gehörenden Daten bestimmter Gesellschaften auf einem heute üblichen Datenträger an die Verfügungsklägerin herauszugeben und zwar in der Weise, dass die Daten der Lohn- und Finanzbuchhaltung, also aus den Bereichen Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie Finanz- und Rechnungswesen, auf einem bestimmten Softwareprogramm eigenständig lauffähig sind.
Zugleich wurden der Verfügungsbeklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Nach Widerspruch der Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss hat das LG Beweis erhoben, die Verfügungsbeklagte hat dann die herausverlangten Daten an ein von der Verfügungsklägerin genanntes Unternehmen überspielt.
Daraufhin hat die Verfügungsklägerin beantragt festzustellen, dass die einstweilige Verfügung in der Hauptsache erledigt sei, die Verfügungsbeklagte hat beantragt, unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Mit Urteil vom 8.8.2007, gegen das die Verfügungsbeklagte die Berufung zum erkennenden Senat eingelegt hat (5 U 158/07), über die noch nicht entschieden ist, hat das LG festgestellt, dass das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache erledigt sei und der Verfügungsbeklagten die weiteren Kosten des Verfahrens auferlegt. Den weiteren Antrag der Verfügungsbeklagten auf Fristsetzung zur Klageerhebung hat das LG abgelehnt, der hier gegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Verfügungsbeklagten mit Beschluss vom 14.8.2007 nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten ist statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, ohne Rücksicht darauf, dass nicht der Richter, sondern der Rechtspfleger funktionell für die Entscheidung über einen Antrag, dem Antragsteller einer einstweiligen Verfügung gemäß den §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, zuständig ist (§ 20 Nr. 14 RPflG) und daher die Entscheidung auch grundsätzlich durch Beschluss und nicht durch Urteil getroffen wird. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz ist gegen eine Entscheidung jedenfalls auch das Rechtsmittel gegeben, das statthaft gewesen wäre, wäre die Entscheidungen in der richtigen Form erlassen worden. Dies ist die nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässige sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG), so dass durch die Entscheidung der funktional unzuständigen Kammer in ihrer richterlichen Besetzung nicht ein Rechtsmittel eröffnet worden ist, das sonst nicht gegeben wäre.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Dem Antrag der Verfügungsbeklagten fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Der Wortlaut der Vorschrift des § 926 ZPO setzt eine noch bestehende einstweilige Verfügung voraus, bereits hieran fehlt es, nachdem das LG die erlassene einstweilige Verfügung nicht aufrechterhalten, sondern auf Antrag der Verfügungsklägerin ausgesprochen hat, dass das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache erledigt ist.
Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll es dem Verfügungsbeklagten ermöglicht werden, den Verfügungskläger, wenn er die Rechte aus einer einstweiligen Verfügung nicht verlieren will, zu zwingen, im ordentlichen Verfahren den Verfügungsanspruch nachzuweisen, weil dieser bislang nur summarisch (§§ 936, 920 Abs. 2, 921 ZPO) geprüft worden ist und der Verfügungsbeklagte die lediglich glaubhaft gemachte Behauptung des Klägers vielleicht nur mit den begrenzt zulässigen Beweismitteln des Verfügungsverfahrens nicht erschüttern konnte, wobei ein das Verfügungsverfahren abschließendes Erledigungsurteil ebenfalls nur auf summarischer Prüfung, insbesondere der Frage beruht, ob der Verfügungsanspruch von Anfang an begründet war oder nicht (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.1973 - II ZR 135/71, NJW 1973, 1329).
Eine auf Leistung der Beklagten gerichtete Hauptsacheklage könnte die Verfügungsklägerin unstreitig nicht erheben, weil an klageweiser Geltendmachung des Verfügungsanspruchs kein Interesse mehr besteht, nachdem die Verfügungsklägerin die herausverlangten Daten erhalten hat.
Ein schutzwürdiges Interesse der Verfügungsbeklagten, der Verfügungsklägerin eine Frist für eine Leistungsklage zu setzen, ist nicht ersichtlich und wird von der Verfügungsbeklagten auch nicht geltend gemacht.
Allerdings könnte der Verfügungsklägerin die Möglichkeit bleiben, nach entsprechender Fristsetzung eine Klage auf Feststellung dahin zu erheben, dass der Verfügungsanspruch im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und...