Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr nach Nr. 3202 RVG-VV auch bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 307 ZPO

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3202; ZPO § 307

 

Verfahrensgang

AG Marburg (Beschluss vom 29.09.2021; Aktenzeichen 70 F 160/20 UE)

 

Gründe

Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Marburg vom 29.09.2021 dahingehend abgeändert, dass die aufgrund des Anerkenntnisbeschlusses des Oberlandesgerichts vom 14.05.2021 von der Antragstellerin an den Antragsgegner zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.509,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2021 festgesetzt werden.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 714,95 EUR festgesetzt.

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 29.09.2021 ist begründet.

Zu Unrecht hat das Amtsgericht davon abgesehen, die Terminsgebühr für das Beschwerdeverfahren ... gemäß Nr. 3202 VV RVG festzusetzen. Zwar hatte der erkennende Senat seinen Beschluss vom 14.05.2021 (...), mit dem unter anderem der Antragstellerin die Kosten des betreffenden Beschwerdeverfahrens auferlegt wurden, ohne mündliche Verhandlung erlassen. Vorliegend ist aber gemäß Absatz 1 der Anmerkung zu Nr. 3202 die Regelung in Absatz 1 Nr. 1 der Anmerkung zu Nr. 3104 VV RVG einschlägig, wonach die Terminsgebühr auch in einem Verfahren entsteht, für das die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist und gemäß § 307 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.

Ein solcher Fall war hier gegeben, insbesondere hat der Senat die verfahrensabschließende Entscheidung nicht gemäß §§ 68 Abs. 3 S. 2, 117 Abs. 3 FamFG getroffen. Zwar hatte der Senat mit Verfügung vom 05.03.2021 eine solche Verfahrensweise angekündigt, tatsächlich ist der Beschluss vom 14.05.2021 jedoch nicht auf der Grundlage von §§ 68 Abs. 3 S. 2, 117 Abs. 3 FamFG ergangen. Denn hierfür bestand kein Anlass mehr, nachdem der Antragsgegner auf den Hinweis vom 05.03.2021 mit einem Anerkenntnis reagiert hatte. Dies hatte zur Folge, dass der Senat bereits nach §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 307 S. 2 ZPO ohne eine mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ohne auf die Spezialvorschrift des § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG zurückgreifen zu müssen. Dementsprechend ist der Beschluss vom 14.05.2021 ausdrücklich als Anerkenntnisbeschluss ergangen und in den Gründen des Anerkenntnisbeschlusses ein Hinweis auf die Anwendung von § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG unterblieben. Vielmehr wurde in den Gründen dargelegt, dass der Senat in der Sache aufgrund des Anerkenntnisses entscheidet.

Aus diesen Gründen kommt es auf den Meinungsstreit dazu, ob die Terminsgebühr bei einer Entscheidung nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG anfällt (vgl. OLG Celle FF 2013, 168; KG FamRZ 2012, 812; OLG Stuttgart FamRZ 2017, 1960; OLG Hamburg FamRZ 2021, 455; OLG Köln FamRZ 2021, 539), nicht an. Die Terminsgebühr ist entstanden, weil der Anerkenntnisbeschluss vom 14.05.2021 gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 307 S. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergangen war.

Die Höhe der Terminsgebühr richtet sich vorliegend nach § 13 RVG in der Fassung vom 21.12.2020 gemäß Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 vom 21.12.2020. Dasselbe gilt für die Verfahrensgebühr. Zu Unrecht hat das Amtsgericht § 13 RVG in der Fassung vom 23.07.2013 angewendet. Zwar war das Beschwerdeverfahren ... schon vor dem maßgeblichen Stichtag (01.01.2021) eingeleitet worden, indem die Antragstellerin ihre Beschwerde am 18.11.2020 eingelegt hatte und die Zustellung der Beschwerdeschrift an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners schon am 03.12.2020 bewirkt worden war. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG gehörte die Empfangnahme der Rechtsmittelschrift und ihre Mitteilung an den Auftraggeber jedoch gebührenrechtlich noch zum ersten Rechtszug (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Auflage 2021, Rn. 80 ff. zu 19 RVG). Vorliegend ist der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners erst nach dem 31.12.2020 im zweiten Rechtszug erstmals tätig geworden, indem er erst mit Schriftsatz vom 04.01.2021 die Vertretung des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren angezeigt und die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hatte. Nach dem Vorbringen im Schriftsatz vom 18.10.2021 hatte der Antragsgegner seinen Verfahrensbevollmächtigten erst nach dem Jahreswechsel bezüglich des Beschwerdeverfahrens mandatiert. Deshalb bestimmen sich die angefallenen Gebühren (1,6 Verfahrensgebühr und 1,2 Terminsgebühr) nach der ab dem 01.01.2021 geltenden Fassung des § 13 RVG.

Auf dieser Grundlage sind die mit Schriftsatz vom 17.06.2021 beantragten Kosten in voller Höhe festzusetzen, nämlich:

713,60 EUR 1,6 Verfahrensgebühr Nr. 3200 VV RVG

+ 535,20 EUR 1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG

+ 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale

+ 19 % Umsatzsteuer

= 1.509,87 EUR

Die Kostenentscheidung beruht auf 91 Abs. 1 ZPO...

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