Leitsatz (amtlich)
Gerichtsstandsbestimmung aus Zweckmäßigkeitserwägungen bei mehreren Streitgenossen
Normenkette
ZPO § 36
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Das Landgericht Frankfurt am Main wird gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als das zuständige Gericht bestimmt.
Gründe
I. Die Antragstellerin möchte die Antragsgegner wegen Mängeln bei einem Bauvorhaben auf Freistellung in Anspruch nehmen.
Die Antragstellerin ist ein Architekturbüro. Sie wurde bei einem Bauvorhaben an der A Stadt1 mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 5-7 beauftragt. Die Antragsgegnerin zu 1 lieferte und montierte für den Rohbau Porenbetonwände, die Antragsgegnerinnen zu 2, 3 und 4 Türen. Die Antragsgegnerin zu 5 war mit der Objektüberwachung beauftragt. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hatte die Antragsgegnerin zu 1 bestimmte Anforderungen hinsichtlich der von ihr gelieferten Porenbetonwände, insbesondere im Hinblick auf die Ausbildung von Türstürzen und Türöffnungen, übersehen. Die Antragsgegnerinnen zu 2,3 und 4 hätten vor dem Einbau ihrer Türen Prüfungs- und Nachfragepflichten getroffen. Erst nach weitgehender Fertigstellung sei festgestellt worden, dass die Arbeiten nicht den Zulassungen und den anerkannten Regeln der Technik entsprochen hätten. Der Bauherr nehme wegen der dadurch entstandenen Mängelbeseitigungskosten nunmehr allein die Antragstellerin in Anspruch.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass zwischen allen Beteiligten ein Gesamtschuldverhältnis bestehe, weshalb sie beabsichtige, gegen die Antragsgegnerinnen Freistellungsklagen zu erheben. Sie beantragt, das Landgericht Frankfurt am Main als gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen.
Die Antragsgegnerinnen zu 2, 3 und 4 beantragen, den Gerichtsstandsbestimmungsantrag zurückzuweisen, weil keine gesamtschuldnerische Haftung bestehe. Die Antragsgegnerinnen zu 1 und 5 haben zu dem Antrag keine Stellung genommen.
II. Das Oberlandesgericht Frankfurt ist in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 2 ZPO zur Gerichtsstandsbestimmung berufen.
1) Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt auf Antrag eine Gerichtsstandsbestimmung, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Antragsgegner haben ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Landgerichten. Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht.
Streitgenossenschaft auf Antragsgegnerseite ist anzunehmen. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO findet bei allen Arten der passiven Streitgenossenschaft Anwendung (vgl. BGH NJW 1998, 686; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Auflage, § 36, Rn. 20 m.w.N.). Es genügt auch eine sogenannte einfache Streitgenossenschaft nach §§ 59, 60 ZPO, für deren Vorliegen es ausreicht, dass nach dem Vortrag der Antragstellerseite gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Verpflichtungen gegeben sind. Die der Prozesswirtschaftlichkeit dienende Vorschrift des § 60 ZPO ist weit auszulegen, da sie überwiegend auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht. Rechtlich zusammenhängende Verfahren sollen miteinander verbunden werden können, damit sie schneller, mit geringerem Aufwand und möglichst widerspruchsfrei entschieden werden können. Dies gestattet es, auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der geltend zu machenden Ansprüche Streitgenossenschaft anzunehmen, wenn diese Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (BGH Beschluss vom 6.6.2018, X ARZ 303/18, - juris Rdnr. 12; BGH NJWRR 1991, 381; NJW 1998, 685, 686; BayObLG NJW-RR 2003, 134, jeweils m.w.N.).
Das ist hier der Fall. Die Antragstellerin beabsichtigt, alle Antragsgegnerinnen im Zusammenhang mit nach ihrem Vortrag auf einer einheitlichen Ursache beruhenden Mängeln an einem Bauvorhaben auf Freistellung in Anspruch zu nehmen. Darauf, ob die Antragstellerin - die Richtigkeit ihres Vorbringens unterstellt - die Antragsgegnerinnen ihrerseits als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen könnte, oder jeweils nur pro rata, wie die Antragsgegnerin zu 2) geltend macht, kommt es im Hinblick auf die prozessökonomisch gebotene weite Auslegung der §§ 59, 60 ZPO nicht an.
Ebensowenig kommt es darauf an, ob den Antragsgegnerinnen tatsächlich Pflichtverletzungen zur Last zu legen sind. Denn hinsichtlich der Voraussetzungen des § 36 Absatz 1 Nr. 3 ZPO ist allein vom Vortrag des Antragstellers auszugehen. Eine Prüfung der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage findet im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung nicht statt (Zöller/Schultzky, aaO. § 36 Rz. 28).
2) Unter den in Betracht kommenden Gerichten erfolgt die Auswahl nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei im Regelfall nur ein solches Geric...