Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsstandsbestimmung bei Antragsgegnern, die ausnahmslos keinen inländischen allgemeinen Gerichtsstand besitzen
Leitsatz (amtlich)
Der in einem Verfahren zur Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs in analoger Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestellte Antrag auf Gerichtsstandbestimmung setzt nicht voraus, dass eine der Antragsgegnerinnen des Bestimmungsverfahrens ihren allgemeinen Gerichtsstand bei einem deutschen Gericht hat. Es genügt vielmehr, wenn der Antragsteller schlüssig darlegen kann, dass die Antragsgegnerinnen einen inländischen besonderen Gerichtsstand in Deutschland besitzen (hier bejaht gem. § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ZPO, weil sich Vermögen der Antragsgegnerinnen in Gestalt von Gesellschaftsanteilen und in Gestalt eines gewerblichen Schutzrechts in Deutschland befindet).
Normenkette
EuGVVO Art. 1; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 1062
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wird entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als das gemeinsam zuständige Gericht bestimmt.
Gründe
I. Die Antragstellerinnen und Schiedsbeklagten begehren mit ihrem beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingereichten Antrag die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs gegenüber den in Luxemburg ansässigen Antragsgegnerinnen und Schiedsklägerinnen. Sie wollen nach Abweisung des Schiedsantrags der Antragsgegnerinnen den im Schiedsspruch enthaltenen Ausspruch auf Kostenerstattung vollstrecken. Zur Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts hatten die Antragstellerinnen zunächst darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin zu 1 über ein Bankkonto bei einer Bank mit Sitz in Frankfurt verfüge. Die Antragsgegnerin zu 2 sei unmittelbar Alleingesellschafterin von mindestens zwei deutschen GmbHs, die jeweils ihren Sitz in Frankfurt am Main hätten.
Die Antragsgegnerin zu 1 rügte nachfolgend die internationale Zuständigkeit.
Daraufhin beantragten die Antragstellerin die Bestimmung eines zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO analog und regten die Bestimmung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main an. Zur Begründung führten sie an, dass die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben sei, ohne dass ein inländischer gemeinschaftlicher Gerichtsstand feststellbar sei. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2 bestehe unstreitig ein Gerichtsstand für die Vollstreckbarerklärung im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1 bestehe ein Gerichtsstand für die Vollstreckbarerklärung im Bezirk des Oberlandesgerichts München. Dort befinde sich Vermögen in Form einer deutschen Wort-Bildmarke. Der Belegenheitsort dieser Marke liege gemäß der Auffangzuständigkeit mangels Bestellung eines Inlandsvertreters an dem Ort, an dem das DPMA seinen Sitz habe.
Im Rahmen des Bestimmungsverfahrens haben die Antragsgegnerinnen darauf hingewiesen, dass für eine Gerichtsstandsbestimmung alle betroffenen Streitgenossen einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland haben müssten und einer der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand an dem zu bestimmenden Gericht. Eine analoge Anwendung komme lediglich dann in Betracht, wenn jedenfalls einer der Streitgenossen seinen inländischen allgemeinen Gerichtsstand am angerufenen Gericht habe.
Die Antragstellerinnen betonen dagegen, dass auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht Voraussetzung für ein Bestimmungsverfahren sei, dass zumindest ein Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland haben müsse. Dies widerspreche auch den seitens der Bundesgebiet Deutschland durch das UNÜ eingegangenen Verpflichtungen, ausländische Schiedssprüche anzuerkennen und verstrecken zu lassen. Gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 3. Alt. ZPO erfolge eine Vollstreckbarerklärung von ausländischen Schiedssprüchen im Inland im Hinblick auf das im Inland belegene Vermögen, ohne dass die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Oberlandesgerichts an einen inländischen Gerichtsstand gebunden wäre. Dieser Zuständigkeitsanordnung würde es widersprechen, wenn eine Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bei Streitgenossen an inländischen Gerichtsstand verlange. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO lägen zu den Zweckmäßigkeitserwägungen zugrunde, die Vorschrift sei weit auszulegen.
II. Auf den Antrag der Antragstellerinnen ist das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als das gemeinsam zuständige Gericht entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu bestimmen.
§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gilt grundsätzlich für jedes der ZPO unterliegende Verfahren, gleich welcher Prozessart (Schultzky in: Zöller, ZPO, 35. Aufl, § 36 Rn. 3). Gemäß § 1061 ZPO richtet sich die hier streitgegenständliche Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs nach dem UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. Gem. Art. III dieses Übereinkommens erkennt jeder Vertragsstaat Schiedssprüche als wirksam an und lässt sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebiet...