Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Ordnungsmittelverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die - von Amts wegen zu prüfende - Verfolgungsverjährung im Falle eines Ordnungsmittelantrags in einem Wettbewerbs-verfahren beträgt nach Art. 9 Abs. 1 EGStGB zwei Jahre und beginnt mit dem Verstoß. Die Verfolgungsverjährung kann nicht mehr eintreten, wenn das erstinstanzliche Gericht innerhalb der Frist ein Ordnungsgeld festsetzt.
2. Die Vollstreckung eines Ordnungsgeldes und der Ordnungshaft verjährt nach Art. 9 Abs. 2 EGStGB in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt, sobald das Ordnungsmittel vollstreckbar ist.
3. Die Vollstreckungsverjährung ruht nach Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EGStGB, wenn sie nach dem Gesetz nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Ein gesetzliches Vollstreckungshindernis besteht wegen der aufschiebenden Wirkung nach § 570 Abs. 1 ZPO auch im Falle der Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels.
Normenkette
EGStGB Art. 9; ZPO § 570 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 16 O 42/17) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Gegen die Antragsgegnerin wird wegen schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Darmstadt vom 21.7.2017 ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,- EUR festgesetzt, sowie ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 1.000,- EUR einen Tag Ordnungshaft, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gebühr nach Ziff. 2121 KV-GKG wird nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Ordnungsmittelverfahrens erster Instanz hat die Antragsgegnerin zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beschwerdewert wird auf 20.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin mit Beschluss - einstweiliger Verfügung - vom 21.7.2017 u.a. untersagt:
im Rahmen der Akquise von Energieverträgen von potentiellen Kunden persönliche Daten, insbesondere Name und/oder Anschrift und/oder IBAN, und/oder Vertrags-daten mit dem bisherigen Energielieferanten, insbesondere Kundennummer und/oder Vertragskontonummer und/oder Zählernummer und/oder Jahresverbrauch und/oder monatliche Abschlagshöhe, abzufragen und/oder abfragen zu lassen, ohne darauf hinzuweisen, dass diese Daten für einen freiwilligen Wechsel des Kunden zu der Antragsgegnerin abgefragt werden.
Der Beschluss ist der Antragsgegnerin am 31.7.2017 zugestellt worden. Auf Antrag der Antragstellerin hat das Landgericht gegen die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 18.10.2018 wegen Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot ein Ordnungsgeld in Höhe von 20.000,- EUR verhängt. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des Ordnungsgeldes und die Zurückweisung des Ordnungsmittelantrags anstrebt.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Die Vollstreckung ist nicht verjährt. Der Eintritt der Verjährung ist von Amts wegen zu prüfen (Zöller/Seibel ZPO, 33. Aufl., § 890 Rn. 23).
a) Es ist keine Verfolgungsverjährung eingetreten. Der angegriffene Verstoß wurde am 15.11.2017 begangen. Das erstinstanzliche Gericht hat am 18.10.2018, mithin vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist nach Art. 9 Abs. 1 EGStGB, ein Ordnungsgeld festgesetzt. Nach diesem Zeitpunkt kann die Verfolgungsverjährung nicht mehr eintreten, auch wenn die Entscheidung nicht rechtskräftig ist (BGH GRUR 2005, 269; Zöller/Seibel ZPO, 33. Aufl., § 890 Rn. 23).
b) Es ist auch keine Vollstreckungsverjährung eingetreten. Nach Art. 9 Abs. 2 EGStGB verjährt die Vollstreckung des Ordnungsgeldes und der Ordnungshaft binnen zwei Jahren. Die Verjährung beginnt, sobald das Ordnungsmittel vollstreckbar ist. Seit der Verhängung des Ordnungsgeldes durch das Landgericht sind mehr als zwei Jahre vergangen. Die Vollstreckungsverjährung von Ordnungsmitteln ruht jedoch nach Art. 9 Abs. 2 S. 4 Nr. 1 EGStGB, wenn sie nach dem Gesetz nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Gemäß § 570 Abs. 1 ZPO hat die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels aufschiebende Wirkung. Damit besteht ein gesetzliches Vollstreckungshindernis (BGH, Beschluss vom 18.12.2018 - I ZB 72/17, Rn. 15, juris).
2. Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Das Ordnungsmittel wurde angedroht (§ 890 Abs. 2 ZPO).
3. Das Landgericht ist nach durchgeführter Beweisaufnahme zu Recht von einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen das Verbot ausgegangen. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der für die Antragsgegnerin tätige Werber A am 15.11.2017 die Zeugen B und D aufgesucht und der Zeugin B einen Energieliefervertrag angeboten sowie ein entsprechendes Formular mit den Daten der Kundin ausgefüllt. Auf die Freiwilligkeit des Wechsels hat er nicht hi...