Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesrückführung nach Haager Übereinkommen
Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff der Widerrechtlichkeit i.S.v. Art. 3 HKÜ bei der Anwendung von italienischem Sorgerecht.
Normenkette
KiEntfÜbk Haag Art. 3 S. 1
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beschwerdegegnerin hat der Antragsteller zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das am ...5.1999 in O1 geborene Kind A entstammt einer Verbindung der Mutter des Kindes - der Antragsgegnerin - mit dem Antragsteller, der italienischer Staatsangehöriger ist. Dieser hat am 8.6.1999, einen Tag nach seinem 16. Geburtstag und darum nach italienischem Recht wirksam, vor dem Jugendamt in O1 seine Vaterschaft anerkannt. Die Eltern des damals noch minderjährigen Kindesvaters stimmten als gesetzliche Vertreter der Anerkennung zu. Desgleichen erklärte die ebenfalls damals noch minderjährige Kindesmutter mit Zustimmung ihrer allein sorgeberechtigten Mutter ihr Einverständnis mit der Vaterschaftsanerkennung. Eine Sorgeerklärung nach § 1626a BGB haben die Eltern nicht abgegeben.
Einige Wochen nach der Geburt übersiedelten die Eltern mit dem Kind nach Italien. Im Sommer 2000 kehrte die Mutter mit dem Kind nach Deutschland zurück, reiste aber 2002 wieder nach Italien. Sie lebte dort zusammen mit dem Kindesvater im Haushalt seiner Eltern.
Bald darauf kam es zu einer Entfremdung der Kindeseltern. Schon im Jahr 2003 endete die Beziehung der Kindeseltern, wobei die Antragsgegnerin jedoch mit dem Kind in dem Haus der Eltern des Antragstellers wohnen blieb. Der Antragsteller heiratete eine andere Frau. Aus dieser Ehe ging ein 2005 geborenes Kind hervor. Spätestens seit der Heirat des Kindesvaters lebt er nicht mehr mit dem Kind A und der Kindesmutter in einem Haushalt, da er mit seiner neuen Familie eine eigene Wohnung bezog.
Am 17.12.2007 fuhr die Kindesmutter mit dem Kind "für die Dauer der Weihnachtsferien" zu ihrer Mutter nach Deutschland. Am 6.1.2008 teilte sie der Familie des Kindesvaters mit, dass sie nicht die Absicht habe, nach Italien zurückzukehren.
Im März 2008 wandte sich der Vater an die italienischen Behörden, um die Rückführung des Kindes nach Italien zu erreichen. Mit Anwaltsschreiben an das AG Frankfurt/M. vom 23.5.2008 stellte der Kindesvater unter Berufung auf das Haager Kindesentführungsübereinkommen den Antrag auf Rückführung des Kindes nach Italien. Parallel dazu beantragte der Kindesvater bei dem Gericht für Minderjährige in O2, ihm das Sorgerecht für das Kind zu übertragen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht Frankfurt/M. den Rückführungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller sei nicht Inhaber der elterlichen Sorge oder der Mitsorge für das Kind. Mit der Trennung der Parteien im Jahr 2005 sei das Mitsorgerecht des Antragstellers nach italienischem Recht (Art. 317bis CC) weggefallen und die elterliche Sorge stehe allein dem Elternteil zu, in dessen Haushalt das Kind lebe. Da das Kind nach der Trennung bei der Kindesmutter verblieb, sei diese alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge gewesen, als sie mit dem Kind nach Deutschland reiste.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er sein Rückführungsverlagen weiterverfolgt.
Unterdessen hat das Gericht für Minderjährige in O2 den Sorgerechtsantrag des Kindesvaters mit Entscheidung vom 23.7.2008 abgewiesen und dies damit begründet, dass es für die Regelung der elterlichen Sorge für A nicht zuständig sei. Zuständig seien die deutschen Gerichte. In der Begründung dieser Entscheidung führt das Gericht für Minderjährige in O2 aus, es liege kein widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten des Kindes durch die Kindesmutter vor, da nach Art. 317bis CC die Kindesmutter alleine Inhaberin der elterlichen Sorge gewesen sei, als das Kind nach Deutschland verbracht wurde.
Gegen diese Entscheidung hat der Kindesvater Berufung zum Berufungsgericht von Catania eingelegt. Das Berufungsgericht von Catania hat mit Urteil vom 15.10.2008, das dem Senat erst im Dezember 2008 zur Kenntnis gelangte, festgestellt, dass die Zuständigkeit für die Regelung der elterlichen Sorge für A bei den italienischen Gerichten liege und die elterliche Sorge für A auf beide Elternteile übertragen, wobei vom Gericht die Unterbringung des Kindes bei der Kindesmutter angeordnet wurde. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Regelung nach Art. 317bis CC weitergelte, durch die Neufassung des Art. 155 des italienischen CC jedoch den Gerichten die Möglichkeit eröffnet sei, auch bei Kindern von nicht verheirateten Eltern das gemeinsame Sorgerecht anzuordnen. Das gemeinsame Sorgerecht entstehe jedoch nicht bereits kraft Gesetzes, sondern müsse beantragt und gerichtlich ausgesprochen werden. Bis dahin gelte der Sorgerechtsstatus aus Art. 317bis CC fort.
Der Antragsteller hat gegen das Urteil des Berufungsgerichts Catania Revision zum Corte di Cassazione eingele...