Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Vergütung des Nachlasspflegers bei fehlender Feststellung der berufsmäßigen Führung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine nachträgliche rückwirkende Feststellung der Berufsmäßigkeit der Führung der Nachlasspflegschaft ist nicht möglich.

2. Für den tatsächlich berufsmäßig tätigen Nachlasspfleger kommt bei unterbliebener Feststellung der Berufsmäßigkeit nur die Festsetzung einer Vergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB in Betracht. Er muss sich hinsichtlich der Höhe seiner Vergütung dann so behandeln lassen, als sei er nicht berufsmäßig tätig geworden. Bei der Bemessung der Vergütung aus dem Nachlass kann daher weder ein Stundensatz gewährt werden, der bei festgestellter berufsmäßiger Führung angemessen wäre, noch kann Umsatzsteuer zusätzlich festgesetzt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1836, 1915, 1960; VBVG §§ 2-3

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 07.08.2018)

 

Tenor

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Der angefochtene Beschluss wird unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert.

Der Beschwerdegegnerin wird auf ihren Antrag vom 19.01.2018 für ihre Tätigkeit als Nachlasspflegerin im Zeitraum vom 08.03.2012 bis zum 18.01.2018 eine aus dem Nachlass zu erstattende Vergütung in Höhe von 2.412,00 EUR bewilligt.

Der Antrag auf weitergehende Festsetzung einer Vergütung wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss, mit welchem das Nachlassgericht der Beschwerdegegnerin antragsgemäß eine aus dem Nachlass zu erstattende Nachlasspflegervergütung in Höhe von 6.854,40 EUR bewilligt hat.

Der Erblasser war am XX.XX.1925 in Land1 geboren. Die einzige Ehe des Erblassers war geschieden. Aus der Ehe waren zwei Kinder hervorgegangen. Eines davon war vorverstorben. Der Aufenthalt eines im Jahr 1963 in Stadt1 geborenen Sohns war seit etwa 1990 unbekannt. Eine Verfügung des Erblassers von Todes wegen ist nicht bekannt geworden.

Eine Schwester des Erblassers stellte bei dem Amtsgericht Darmstadt (Az. ...) einen Antrag auf Todeserklärung des Sohns des Erblassers mit unbekanntem Aufenthalt im Aufgebotsverfahren, den das Amtsgericht zurückwies. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 08.07.2016 (Az. ...) zurück.

Mit Beschluss vom 02.03.2012 (Bl. 20 f.) ordnete das Nachlassgericht Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben des Erblassers an und ernannte die Beschwerdegegnerin zur Nachlasspflegerin mit dem Wirkungskreis "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses" und "Ermittlung der Erben". Obwohl es sich bei der Beschwerdegegnerin um eine Dipl.-Rechtspflegerin (FH) handelt, erfolgte keine Feststellung der berufsmäßigen Ausübung des Amtes. Die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin erfolgte am 08.03.2012 (vgl. Bl. 22 d. A.).

Die Beschwerdegegnerin beauftragte u. a. ein Erbenermittlungsbüro mit Nachforschungen zum Verbleib des Sohns des Erblassers. Dieses erstattete mehrere Sachstandsberichte (vgl. Bl. 42, 44, 78 ff., 129 d. A.), aus denen sich im Wesentlichen ergab, dass sich die Nachforschungen schwierig gestalteten, der Sohn aber noch am Leben sei und sich in Sibirien im "Drogen- und Obdachlosenmilieu" aufhalte. Mit weiteren Schreiben (Bl. 154, 164 f. d. A.) zuletzt vom 20.03.2015 (Bl. 170 d. A.) teilte das Erbenermittlungsbüro mit, der Sohn des Erblassers sei einmal angetroffen worden, seitdem sei aber eine weitere Kontaktaufnahme nicht mehr möglich gewesen. In der Folge blieben weitere Erkenntnisse zu dessen aktuellen Aufenthalt aber aus.

Mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 06.02.2017 (Bl. 231 d. A.) teilte die Beschwerdegegnerin mit, dass sie dem zunächst beauftragten Erbenermittlungsbüro, das sich mit entsprechenden Referenzen bei ihr beworben habe, den Auftrag nunmehr entzogen und andere Erbenermittler beauftragt habe.

Diese erklärten mit Schreiben vom 31.01.2017 (Bl. 242 d. A.), es zeichne sich ab, dass der gesuchte Sohn des Erblassers bereits im Jahr 2003 verstorben sei, ohne Abkömmlinge zu hinterlassen, und mit weiterem Schreiben vom 21.04.2017 (Bl. 306 d. A.), dass eine Sterbeurkunde bei den zuständigen russischen Behörden nicht zu beschaffen sei.

Daraufhin beantragten mehrere als Erben zweiter Ordnung in Betracht kommende Personen mit notarieller Urkunde vom 13.09.2017 (Bl. 288 ff. d. A.) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, welcher insgesamt acht Abkömmlinge von Geschwistern des Erblassers, darunter den Beschwerdeführer, als Erben ausweisen sollte. Mit Beschluss vom 09.01.2018 (Bl. 311 d. A.) stellte das Nachlassgericht die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen fest und erteilte diesen unter demselben Datum (Bl. 313 f. d. A.).

Nachdem die Beschwerdegegnerin unter dem 18.01.2018 ihre Schlussrechnungslegung (Bl. 318 ff. d. A.) vorgelegt hatte, hob das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft mit Beschluss vom 08.02.2018 (Bl. 333 f. d. A.) auf.

Die Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 19.01.2018 (Bl. 329) eine Aufstellung ihrer Tätigkeiten i...

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