Leitsatz (amtlich)
Zu den Kriterien bei der Auswahl der Bewerber für das Amt eines Notars.
Normenkette
BNotO §§ 6, 111; GG Art. 3, 12
Gründe
A. Der Antragsgegner schrieb unter dem 1.10.2004 für den Amtsgerichtsbezirk O1 vier Notarstellen (sog. "Altersstrukturstellen") aus (JMBI. Hessen 2004, S. 527). Die Antragsteller bewarben sich ebenso fristgerecht wie die Beigeladenen und weitere Bewerber für eine dieser ausgeschriebenen Stellen.
Die Bewerbungen der Antragsteller blieben erfolglos. Mit Schreiben vom 12. bzw. 13.9.2005 teilte der Antragsgegner ihnen jeweils mit, dass er die vier Stellen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) besetzen wolle, da diese Punktzahlen von 220,80 bis 248,45 Punkten erreicht hätten, während zugunsten des Antragstellers zu 1) nur 217,45 Punkte, des Antragstellers zu 2) 201,20 Punkte, des Antragstellers zu 3) 178,66 Punkte und des Antragstellers zu 4) 204,90 Punkte zu berücksichtigen seien.
Mit ihren am 13.10.2005 (Antragsteller zu 1), am 27.9.2005 (Antragsteller zu 2), am 13.10.2005 (Antragsteller zu 3) und am 14.10.2005 (Antragsteller zu 4) jeweils rechtzeitig eingegangenen Anträgen auf gerichtliche Entscheidung begehren die Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners, sie als Bewerber um eine der im JMBI. Hessen vom 1.10.2004 ausgeschriebenen Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk O1 zu berücksichtigen, hilfsweise die Bewerbungen neu zu bescheiden.
Zur Begründung seines Antrags macht der Antragsteller zu 1) im Wesentlichen geltend, dass insb. die Regelung in Abschnitt A II Ziff. 3e) des Runderlasses vom 25.2.1999 in der Fassung vom 10.8.2004 nicht mit der Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2004 (BVR 1450/01) im Einklang stehe. Er führt - neben weiteren Bedenken gegen den zitierten Runderlass insb. aus, dass es die Bestenauslese erfordere, der Abschlussnote im Zweiten Juristischen Staatsexamen den höchsten Stellenwert einzuräumen. In diesem Zusammenhang sei es auch verfehlt, die Deckelung bei den beiden anderen Kriterien (Tätigkeit und Fortbildung) wegfallen zu lassen, weil hierdurch insb. der Teil der Bewerber, der keinen Zugang zu einer Notarvertretung habe, benachteiligt würde.
Der Antragsteller zu 2) hat ausgeführt, dass eine weitere Abschwächung des Merkmals ''Note im Zweiten Staatsexamen" im Verhältnis zu dem Zeitraum, um den das Examen zurückliegt, hätte vorgenommen werden müssen. Zum anderen sei das Merkmal "Fortbildung" überbewertet; es führe zur Begünstigung von Großkanzleien. Abzustellen sei demgemäß auf das Merkmal "Notarvertretung", welches der Antragsteller in seinem Fall nicht als richtig gewichtet ansieht.
Er macht insoweit im Wesentlichen geltend, dass der Runderlass vom 25.2.1999 in der Fassung vom 10.8.2004 weder mit den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in §§ 4, 6 BNotO noch mit den Vorgaben der Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2004 in Einklang stehe.
Nach Ansicht des Antragstellers zu 3) verstoße die Neufassung des Runderlasses vom 10.8.2004 gegen das verfassungsrechtliche Gebot des Vorbehaltes des Gesetzes (Art. 19 Abs. 4, 20 GG), so dass die darauf gestützte Auswahlentscheidung schon deshalb rechtswidrig sei. Zum anderen ist er der Auffassung, die Note für das zweite Staatsexamen erfahre gegenüber der Bewertung der spezifischen fachlichen Eignung nunmehr eine zu geringe Gewichtung; im weiteren rügt er auch das Wegfallen der Kappungsgrenzen.
Der Antragsteller zu 4) rügt im Wesentlichen, dass der Runderlass vom 10.8.2004 weder mit den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in den §§ 4, 6 BNotO noch mit den Vorgaben der Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2004 in Einklang stehe, insb. nicht ausreichend dem Grundsatz der Bestenauslese Rechnung trage. Insbesondere hat er die Unterbewertung der im Zweiten Staatsexamen erzielten Note sowie die Aufhebung der Kappungsgrenzen bei den anderen zu berücksichtigenden Merkmalen angegriffen.
Der Antragsgegner, der die Zurückweisung der Anträge auf gerichtliche Entscheidung beantragt, vertritt die Auffassung, dass die im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vorgenommene Änderung der Verwaltungsvorschrift für das Auswahlverfahren den Vorgaben dieser verfassungsgerichtlichen Entscheidung entspreche. Die nunmehr vorgenommene Gewichtung der zu berücksichtigenden Kriterien gewährleiste, dass notarspezifischen Qualifikationsmerkmalen bei der Auswahl die entscheidende Bedeutung zukomme, was insb. durch den Wegfall der Kappungsgrenzen im Fortbildungsbereich und bei den Urkundsgeschäften sowie durch die Möglichkeit der Vergabe von Sonderpunkten für besondere notarspezifische Tätigkeiten erreicht worden sei.
Nach der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 3 BNotO, die vom BVerfG gerade nicht beanstandet worden sei, sei die Note des zweiten Staatsexamens ein mitentscheidendes Kriterium für die Auswahlentscheidung. Das BVerfG habe lediglich deutlich gemacht, dass der spezifischen fachlichen Eignung für das Amt des Notars im Verhältnis zur allgemeinen Befähigung für juristische Berufe auf der Grundlage des alten Runderlasses eine so untergeordnete Bedeutu...