Leitsatz (amtlich)
Ein Beteiligter eines Verfahrens über einen Ausgleichsanspruch nach der Scheidung legt nur eingeschränkt Beschwerde ein, wenn er in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände einen konkreten Beschwerdeantrag mit entsprechender Begründung formuliert, der nur teilweise dem erstinstanzlichen Tenor entgegensteht.
Ein Versorgungsträger kommt hinsichtlich des Teilhabeanspruchs des Ausgleichsberechtigten in Schuldnerverzug, wenn er auf dessen außergerichtliche Zahlungsaufforderung deutlich macht, ohne Titulierung keine Zahlung vorzunehmen.
Gegenüber einem Teilhabeanspruch nach § 25 VersAusglG kann sich ein Versorgungsträger nicht auf § 30 VersAusglG berufen, da vor Eintritt der Rechtskraft einer familiengerichtlichen Entscheidung über den Teilhabeanspruch dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind; während des laufenden Verfahrens kehrt der Versorgungsträger zudem Zahlungen an Hinterbliebene nicht mehr im Rahmen einer bestehenden Leistungspflicht aus. Insofern unterliegt der Versorgungsträger einer Pflicht, das Bestehen eines Teilhabeanspruchs selbst zu überprüfen; hilfsweise kommt für ihn die Hinterlegung zu Gunsten des Ausgleichsberechtigten und den Hinterbliebenen in Betracht.
Die Hinweise in der Gesetzesbegründung zu den §§ 25, 30 VersAusglG auf § 3a VAHRG haben im Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik keinen Niederschlag gefunden und sind damit unbeachtlich (Anschluss an BGHZ 197, 21 ff.).
Normenkette
VersAusglG §§ 30, 25; BGB §§ 286, 372, 407
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.11.2015; Aktenzeichen 404 F 4315/14) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsgegnerinnen vom 23.11.2015 wird - unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel - der Beschluss des AG - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 17.11.2015, Az. 404 F 4315/14, abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegnerin zu 1. wird geboten, an die Antragstellerin, beginnend ab April 2014, mtl. EUR 597,22, zahlbar und fällig zum letzten eines jeden Monats, zu zahlen.
Der Antragsgegnerin zu 2. wird geboten, an die Antragstellerin, beginnend ab April 2014, mtl. EUR 1.386,00, zahlbar und fällig zum letzten eines jeden Monats, zu zahlen.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Beteiligten zu je ¼. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Beschwerdewert: EUR 3.000,00
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Im November 2013 verstarb der ehemalige Arbeitnehmer der Antragsgegnerin zu 2. und ehemalige Versicherte der Antragsgegnerin zu 1.,... (im Folgenden: Ehemann), der in erster Ehe verheiratet war mit der Antragstellerin und in zweiter Ehe mit der Hinterbliebenen.
Die erste Eheschließung fand statt im Juni 1965, die Zustellung des Scheidungsantrages, der dem rechtskräftigen Scheidungsurteil des AG - Familiengericht - Wiesbaden vom 30.09.1992, Az. 53 F 1638/91 zugrunde lag, erfolgte im Januar 1992. Mit Beschluss vom 25.11.1994 entschied das Familiengericht rechtskräftig über den öffentlichen-rechtlichen Versorgungsausgleich und verwies die damaligen Ehegatten wegen weiter Teile der Anrechte des Ehemannes bei den Antragsgegnerinnen auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Lediglich im Umfang von DM 67,20 mtl., bezogen auf den 31.12.1991, ordnete es das erweiterte Splitting nach § 3b I Nr. 1 VAHRG zu Gunsten der Antragstellerin an.
Infolge dessen verpflichtete das AG - Familiengericht - Wiesbaden den Ehemann durch Beschluss vom 08.01.2003, Az. 531 F 233/02 VA, berichtigt am 20.06.2003, ab August 2002 eine Ausgleichsrente an die Antragstellerin zu zahlen bzw. ersetzte die Willenserklärung des Ehemannes zur Abtretung künftiger Ansprüche gegen die Antragsgegnerinnen an die Antragstellerin. Daraufhin leisteten die Antragsgegnerinnen im Umfang der Abtretung an die Antragstellerin direkt und stellten diese Zahlungen mit dem Tod des Ehemannes zu Ende November 2013 ein.
Am 05.03.2014 wandte sich der Sohn der Antragstellerin per Email, Bl. 284 d.A., an einen bestimmten Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu 1. und übermittelte die Ausgleichsentscheidungen des AG Wiesbaden von 2003. Auf diese reagierte die Antragsgegnerin zu 2. mit Schreiben vom 24.04.2014, Bl. 14 d.A., in dem sie die Antragstellerin auf den Anspruch nach § 25 VersAusglG und die Vorlage eines entsprechenden Titels seitens des Familiengerichts verwies.
Mit Antrag vom 21.07.2014, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tage, nahm die Antragstellerin die Antragsgegnerinnen auf Zahlung einer Ausgleichsrente ab Dezember 2013 in Anspruch. Dieser Antrag wurde den Antragsgegnerinnen am 06. und 11.08.2014 zugestellt, Bl. 17 f. d.A.
Das Familiengericht holte Auskünfte über den Ehezeitanteil der Hinterbliebenenversorgung der Antragstellerin bei den Antragsgegnerinnen ein; diese erteilten unter dem 07.01.2015 Auskunft dahingehend, dass der Ehezeitanteil an der einem/r Hinterbliebenen des Ehemannes (Versicherten/Ar...