Leitsatz (amtlich)
Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Eigentumsumschreibung die Geschäftsfähigkeit des Veräußerers im Beurkundungszeitpunkt selbständig zu überprüfen.
Dabei ist von dem Grundsatz der Geschäftsfähigkeit auszugehen. Ergeben sich daran auf Tatsachen gegründete Zweifel, z.B. auf Grund eines Betreuungsgutachtens, können diese durch ein ärztliches Gutachten ausgeräumt werden, wobei der volle Nachweis der Geschäftsfähigkeit nicht geführt werden muss. Ein Zweitgutachten, dass auf unzureichender Tatsachenfeststellung beruht und die juristischen Kriterien des § 104 Nr. 2 BGB nicht eindeutig beantwortet, reicht nicht aus zur Zweifelsausräumung.
Normenkette
BGB § 104 Nr. 2, § 925; GBO §§ 19-20
Verfahrensgang
LG Kassel (Beschluss vom 22.02.2005; Aktenzeichen 3 T 569/04) |
AG Hofgeismar (Aktenzeichen 6 HL-2158-10) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 60.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit notarieller Urkunde der Verfahrensbevollmächtigten vom ...11.2003 (Fol. 9/2 ff. d.A.) hat die 1917 geborene Antragstellerin zu 1) das mit einem Wohnhaus bebaute, betroffene Grundstück auf die Antragstellerin zu 2), die Lebensgefährtin ihres Sohnes, übertragen und sich den lebenslangen Nießbrauch vorbehalten. Feststellungen nach § 11 Abs. 1 S. 2 BeurkG enthält die Urkunde nicht. Wegen einer mit Beschluss des AG Kassel vom 2.7.1999 für die Antragstellerin zu 1) angeordneten Betreuung hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung vom 4.12.2003 die Eigentumsumschreibung von der Genehmigung des Betreuers abhängig gemacht. Die Antragstellerinnen haben darauf verwiesen, dass die Betreuung ohne Genehmigungsvorbehalt eingerichtet worden sei und eine ärztliche Bescheinigung des Hausarztes Dr. A vom 1.12.2003 vorgelegt, wonach die Antragstellerin zu 1) körperlich und geistig in der Lage sei, ihre Rechtsgeschäfte auszuführen (Fol. 9/14 d.A.). Nachdem das Grundbuchamt an seinen Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit der Antragstellerin zu 1) festgehalten hat, ist die Zwischenverfügung mit der Beschwerde angegriffen worden, der ein Schreiben des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 8.1.2004 beigefügt war, in dem von einer Vorstellung der Antragstellerin zu 1) wegen Scheitelbeinkopfschmerzen die Rede ist und ein cervikocephales Syndrom ohne Hinweis auf eine zentrale Mitverursachung diagnostiziert wurde (Fol. 9/27 d.A.). Nach Beiziehung der Betreuungsakten hat das LG mit Beschl. v. 23.4.2004 - Az. 3 T 194/04 - die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die sich aus den im Betreuungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten und den von der Antragstellerin zu 1) verfassten Schriftstücken ergebenden Zweifel an deren Geschäftsfähigkeit seien nicht ausgeräumt.
Auf Anregung des Sohnes der Antragstellerin zu 1), gestützt durch ein Attest der praktischen Ärzte Dres. C und D vom 2.2.1999 mit der Diagnose vaskulärer Demenz, wurde mit Beschluss des AG Hofgeismar am 2.7.1999 (AG Hofgeismar, Beschl. v. 2.7.1999 - 4 XVII 35/99) für die Antragstellerin zu 1) ein Betreuer bestellt, dessen Aufgabenkreis die Vermögenssorge, die Vertretung ggü. Ämtern und Behörden, die Sorge für die Gesundheit einschließlich der Aufenthaltsbestimmung für stationäre Aufenthalte umfasste. Dem lag ein Gutachten des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin E vom 25.5.1999 zugrunde. Nach einem Hausbesuch bei der Antragstellerin zu 1) am 3.5.1999 diagnostizierte der Sachverständige eine organische Psychose mit einem systematisierten Wahn bei hirnorganischen Abbauprozessen. Die Antragstellerin zu 1) sei nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheiten ausreichend zu überblicken, noch nach Einsichten zu handeln, viele ihrer Handlungen seien wahnmotiviert und entbehrten jeder realistischen Grundlage. Nach einem Schreiben des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 9.9.1999, bei dem sich die Antragstellerin zu 1) im Februar und September 1999 vorgestellt hatte, zeigte sich bei ihr eine chronifizierte paranoide Psychose, wahrscheinlich im Rahmen eines dementiven Krankheitsprozesses. Eine Unterbringung in der geschlossenen Abteilung der Klinik O1 vom 7.5./14.6.2001 blieb nach einem Bericht vom 24.7.2001, in dem von einer organischen Genese der paranoiden Symptomatik ausgegangen wird, ohne Erfolg. Eine weitere Unterbringung erfolgte im Dezember 2002 bis Ende Januar 2003 auch zur Sicherstellung der von der Antragstellerin zu 1), die bereits in der Jugend das linke Auge verloren hatte, verweigerten Nachbehandlung nach einer Staroperation des rechten Auges. Nach einem Bericht vom 23.1.2003 der Klinik O1 stellte sich unter dem Einfluss neuroleptischer Medikation eine leichte Besserung der chronifizierten Wahnsymptomatik ein. Die Antragstellerin zu 1) sei umgänglicher geworden, ihr Denken und ihre Handlungsplanung seien aber weiter von wahnhaften Vorstellungen geprägt. Mit Beschl. v. 11.6.2004 wurde die Betreuung aufgehoben, da nach dem Umzug der Beteiligten zu 1...