Leitsatz (amtlich)
Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Eigentumsumschreibung die Geschäftsfähigkeit des Veräußerers im Beurkundungszeitpunkt selbständig zu überprüfen. Dabei ist von dem Grundsatz der Geschäftsfähigkeit auszugehen. Ergeben sich daran auf Tatsachen gegründete Zweifel, z.B. auf Grund eines Betreuungsgutachtens, können diese durch ein ärztliches Gutachten ausgeräumt werden, wobei der volle Nachweis der Geschäftsfähigkeit nicht geführt werden muss. Ein Zweitgutachten, dass nur zum Ergebnis kommt, die Geschäftsunfähigkeit im Beurkundungszeitpunkt könne nicht positiv festgestellt werden, reicht nicht aus zur Zweifelsausräumung.
Normenkette
BGB §§ 104, 925; GBO §§ 19-20
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 31.08.2004; Aktenzeichen 4 T 415/04) |
AG Wiesbaden (Aktenzeichen WI-27423-9) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Er hat der Beteiligten zu 2) deren außergerichtliche Kosten im Verfahren der weiteren Beschwerde sowie im Erstbeschwerdeverfahren 4 T 415/04 - LG Wiesbaden - zu erstatten.
Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 216.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit notarieller Urkunde des Notars N1, O1, vom ...6.2003 hat die 1919 geborene Beteiligte zu 2) das mit einer Doppelhaushälfte bebaute, betroffene Grundstück auf den Antragsteller übertragen und sich den lebenslangen Nießbrauch vorbehalten. Die Übertragung erfolgte auf Grund einer Schenkung ohne Anordnung jedweder Auflagen oder Gegenleistungen und unter Verzicht auf grundbuchrechtlich gesicherte Rückforderungsansprüche. Nach ausdrücklicher Feststellung in der sog. Vertragsgrundlagenerklärung verblieb die Beteiligte zu 2) ungeachtet von Hinweisen und Belehrungen bei diesem in einer ersten Erörterung mit dem Notar im September 2002 bereits von ihr gewünschten Vertragsinhalt. Feststellungen nach § 11 Abs. 1 S. 2 BeurkG enthält die Urkunde nicht.
Auf Anregung der ...-klinik, wo die Beteiligte zu 2) Anfang September 2003 stationär aufgenommen worden war, wurde mit Beschluss des AG Wiesbaden vom 25.11.2003 (AG Wiesbaden, Beschl. v. 25.11.2003 - 43 XVII 1064/03 N) für die Beteiligte zu 2) ein Betreuer bestellt, dessen Aufgabenkreis die Vermögenssorge einschließlich der Immobilienangelegenheiten und dem Widerruf von Vollmachten, die Organisation ambulanter Hilfen sowie die Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen und sonstigen Institutionen umfasste. Mit Beschl. v. 18.12.2003 wurde bezüglich der Vermögenssorge ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. In dem Betreuungsverfahren hatte ein Facharzt für Psychotherapeutische Medizin am 17.11.2003 ein Gutachten erstattet. Nach einem Hausbesuch bei der Beteiligten zu 2) am 11.11.2003 diagnostizierte der Sachverständige ein hirnorganisches Psychosyndrom im Sinn einer senilen Demenz. Die Beteiligte zu 2) sei in allen Qualitäten weitgehend desorientiert und habe den Überblick über ihre finanzielle und sonstige Situation völlig verloren. Es bestünden erhebliche kognitive Defizite und das Kritikvermögen sei deutlich reduziert. In der Vergangenheit habe die Beteiligte zu 2) Verfügungen getätigt, die sie sicherlich nicht habe überschauen können und sich vermutlich erheblichen finanziellen Schaden zugefügt. Die Beteiligte zu 2) sei nicht mehr in der Lage, sich selbst vorzustehen und die Tragweite ihres Tuns und Handelns sinnvoll zu erfassen, so dass die Einleitung einer Betreuung dringend indiziert sei.
Mit am 12.2.2004 beim Grundbuchamt eingegangenem Antrag beantragte der Urkundsnotar gem. § 15 GBO die Eigentumsumschreibung auf den Antragsteller sowie die Löschung der am 11.7.2003 zu dessen Gunsten eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung.
Mit Zwischenverfügung vom 9.3.2004 (Bl. 9/8 d.A.) verlangte das Grundbuchamt die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zum Nachweis der Geschäftsfähigkeit und Verfahrensfähigkeit der Beteiligten zu 2) oder die Wiederholung der Auflassung unter Beteiligung des Betreuers einschließlich vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung.
Gegen diese Zwischenverfügung hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, soweit das Grundbuchamt von einer fehlenden Verfahrensfähigkeit ausgegangen ist und im Übrigen zum Nachweis des Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu 2) ein nervenärztliches Gutachten des stellvertretenden ärztlichen Direktors des ... vom 28.4.2004 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, da aussagekräftige medizinische Unterlagen für den Zeitpunkt der Beurkundung im Juni 2003 nicht vorlägen, könne für diese Zeit nicht von einem Vollbild einer senilen Demenz ausgegangen werden, sondern es müsse zumindest ein wechselndes Zustandsbild angenommen werden, möglicherweise sogar eine noch geringere Symptomatik. Der Nervenarzt kommt deshalb zu der Beurteilung, auf Grund der referierten Anknüpfungstatsachen sei nicht davon auszugehen, dass die Beteiligte zu 2) sich am ...6.2003 in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit...