Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Die Änderung einer Kindesunterhaltsklage des gesetzlichen Prozessstandschafters in eine Klage auf familienrechtlichen Ausgleichsanspruch nach Wechsel des Kindes in den Haushalt des Beklagten ist sachdienlich
Leitsatz (amtlich)
Wechselt im Laufe des Rechtsstreits die Obhut des unterhaltsbegehrenden Kindes, verliert der bisherige Obhutsinhaber die Möglichkeit, den Kindesunterhalt in eigenem Namen weiter zu verfolgen; die dahingehende Klage wird unzulässig. Dies betrifft auch den Unterhaltsrückstand für die Dauer der Obhut.
Normenkette
BGB §§ 1629, 1629 Abs. 2 S. 2, Abs. 3; ZPO § 263
Verfahrensgang
AG Königstein (Aktenzeichen 10 F 447/02) |
Gründe
Die Klägerin hat zunächst im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft gem. §§ 1629 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 BGB Kindesunterhalt für die beiden damals von ihr betreuten 3 Kinder der Parteien geltend gemacht, und zwar in Höhe des von ihr behaupteten höheren Bedarfs, soweit den vom Beklagten bereits titulierten Unterhalt übersteigend. Über letzteren hatte der Beklagte vollstreckbare Jugendamtsurkunden i.H.v. je 255 DM monatlich für A und B und von 216 DM für C errichtet. Nachdem die Kinder vereinbarungsgemäß in den Haushalt des Beklagten übergewechselt sind, hat die Klägerin den Rechtsstreit für die darauf folgende Zeit in der Hauptsache für erledigt erklärt und die bisherige Klageforderung, aufgelistet in einen Kapitalbetrag von 9.764,79 EUR nebst Zinsen, unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs im eigenen Namen weiter verfolgt.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das AG die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Klageänderung, der der Beklagte widersprochen habe, nicht sachdienlich sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiter verfolgt. Sie bekämpft die Rechtsauffassung des AG hinsichtlich der Sachdienlichkeit der Klageänderung und führt dazu aus.
Die von ihr hierfür beantragte Prozesskostenhilfe kann ihr mangels hinreichender Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverfolgung nicht bewilligt werden.
Allerdings scheitert die Erfolgsaussicht ihrer Berufung nicht schon an der fehlenden Sachdienlichkeit der Klageänderung. Wechselt im Laufe des Rechtsstreits - wie hier - die Obhut des unterhaltsbegehrenden Kindes, verliert der bisherige Obhutsinhaber die Möglichkeit, den Kindesunterhalt in eigenem Namen weiter zu verfolgen; die dahingehende Klage wird unzulässig. Dies betrifft auch den Unterhaltsrückstand für die Dauer der Obhut. In diesem Fall kann aber der bisherige Obhutsinhaber für die Zeit der Betreuung des Kindes durch ihn die von ihm erbrachten Aufwendungen (aus eigenen oder auf Kredit beschafften Mitteln) nachträglich in eine Leistung auf Unterhalt umwidmen. Damit wird nachträglich der bisherige Unterhaltsbedarf des Kindes in Höhe dieser Leistungen befriedigt mit der Folge, dass das Kind seinen bisherigen Unterhaltsanspruch insoweit durch Erfüllung verliert. Zugleich geht in dieser Höhe der Unterhaltsanspruch des Kindes auf den betreuenden Elternteil über und kann im Wege des sog. familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs geltend gemacht werden. Eine solche Klageänderung ist in aller Regel sachdienlich, da der Unterhaltsanspruch mit dem originären Unterhaltsanspruch des Kindes wesensgleich ist. Er kann nur in der Höhe verlangt werden, wie er bisher dem Kind zustand, auch die Voraussetzungen des ursprünglichen Verzuges müssen vorliegen. Der bisherige Prozessstoff ist damit im Wesentlichen mit dem des nunmehr geltend gemachten Ausgleichsanspruchs deckungsgleich. Es kommt allerdings im Einzelfall als weiteres Element ein für den Ausgleichsanspruch erforderliches Tatbestandsmerkmal hinzu, dass nämlich der bisher betreuende Elternteil in der Lage war, den Unterhaltsbedarf aus (eigenen oder beschafften) Mitteln zu bestreiten, da nur in dieser Höhe ein Erstattungsanspruch entstehen kann. Diese Frage spielt aber nur eine Rolle, wenn der Bedarf den Mindestbedarf überschreitet, da bis dahin ein entsprechender Aufwand und die Fähigkeit, diesen zu befriedigen, unwiderlegbar vermutet wird. Dieser zusätzlich zu beurteilende Sachverhalt führt aber nicht dazu, dass deswegen dem Wechsel der Gläubigerstellung die Sachdienlichkeit fehlt, da nach wie vor der Schwerpunkt des Verfahrens in der Beurteilung des Bedarfs des Kindes und der Leistungsfähigkeit des Beklagten liegen wird. Ob etwas anderes gilt, wenn der originäre Bedarf des Kindes im Wesentlichen unstreitig ist und der Streit nur um die Frage geht, inwieweit der Ausgleichsgläubiger in der Lage war, den den Mindestbedarf des Kindes übersteigenden Bedarf aus eigenen Mittel zu befriedigen, kann dahinstehen, da ein solcher Fall hier jedenfalls nicht vorliegt.
Gleichwohl kann der Klage deshalb die erforderliche Erfolgsaussicht nicht beigemessen werden, da den Kindern kein den Berufungswert übersteigender höherer Unterhaltsanspruch zustand als vom Beklagten bereits tituliert und erfüllt.
Für den Beginn des Beurteilungszeit...