Entscheidungsstichwort (Thema)
Unrichtige Sachbehandlung durch den Notar
Leitsatz (amtlich)
1. Maßstab für die Anwendung des § 21 GNotKG ist nicht eine objektiv richtige Behandlung; vielmehr liegt eine unrichtige Sachbehandlung durch den Notar nur bei einem offen zu Tage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder dann vor, wenn ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist.
2. Objektiv überflüssige Kosten sind selbst durch einen ausdrücklichen Auftrag der Beteiligten nicht gerechtfertigt und ggf. als unrichtige Sachbehandlung anzusehen.
3. Zur Frage des Vorliegens einer unrichtigen Sachbehandlung bei nochmaliger Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags durch den Notar bei behaupteter "Schwarzgeldabrede".
Normenkette
GNotKG § 21; BeurkG § 53
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 19.08.2015; Aktenzeichen 4 OH 27/15) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren eventuell entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 1.887,82 EUR.
Gründe
I. Unter seiner UR-Nr.../2014 beurkundete der Antragsgegner am 09.05.2014 einen Kaufvertrag über ein Grundstück in Stadt1; gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt. Als Kaufpreis wurde in der notariellen Urkunde ein Betrag von 280.000,-- EUR vereinbart.
In der Folge kam es wegen angeblicher Mängel der Kaufsache zu Streitigkeiten zwischen den Antragstellern und den Verkäufern. Die Antragsteller hielten deshalb zunächst den Kaufpreis in Höhe von 70.000,-- EUR zurück, was der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller dem Antragsgegner mit Schreiben vom 27.06.2014 der Sache nach mitteilte. Bei einem Ortstermin wegen der von den Antragstellern behaupteten Mängel stritten die Parteien des Kaufvertrages über dessen Nichtigkeit, wobei die Verkäufer die Räumung und Herausgabe des Grundstücks von den Antragstellern forderten. Die anwaltliche Bevollmächtigte der Verkäufer unterrichtete den Antragsgegner jedenfalls mit Telefax vom 01.10.2014 von einer getroffenen Schwarzgeldabrede dahingehend, dass tatsächlich ein Kaufpreis von 290.000,-- EUR vereinbart worden sei und die Verkäufer noch am 09.05.2014 in den Räumlichkeiten des Antragsgegners - in dessen Abwesenheit - von den Antragstellern einen Barbetrag von 10.000,-- EUR erhalten hätten. Sie berief sich deshalb auf eine Nichtigkeit des Kaufvertrags. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller teilte mit Schreiben vom 02.10.2014 (Bl. 12 d.A.) dem Antragsgegner mit, dass die Mitteilung der anwaltlichen Bevollmächtigten der Käufer unrichtig und nicht zu beachten sei. Es habe vielmehr Unstimmigkeiten wegen erheblicher Mängel der Kaufsache gegeben, die aber ausgeräumt seien. Die Parteien hätten eine Reduzierung des Kaufpreises vereinbart und seien sich hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten des Vollzugs der Urkunde einig geworden. Er habe die Antragsteller gebeten, die Restkaufpreissumme in Höhe von 60.000,-- EUR anzuweisen und die Käufer würden sodann den Eingang des Kaufpreises zwecks Umschreibung des Eigentums im Grundbuch demnächst mitteilen.
Daraufhin setzte der Antragsgegner ausweislich seines Schreibens vom 06.10.2014 (Bl. 13 ff. d.A.) den Vollzug der notariellen Urkunde wegen widersprüchlicher Stellungnahmen aus. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 06.10.2014 (Bl. 15 ff. d.A.) mit, dass die Verkäufer nach Beurkundung mit den Käufern - den Antragstellern - eine Zahlung von 10.000,-- EUR und auch eine Übergabe Zug-um-Zug gegen Überlassung der Schlüssel zum Anwesen vereinbart hätten. Die Zahlung hätte unter Anrechnung auf den Kaufpreis erfolgen sollen und könne nicht zur Unwirksamkeit des beurkundeten Kaufvertrages führen. Nachdem die Vertragsbeteiligten dem Antragsgegner eine von ihren anwaltlichen Bevollmächtigten unterzeichnete Erklärung vom 08./09.10.2014 vorgelegt hatten, deren Inhalt sich aus der Handakte des Antragsgegners ergibt, holte dieser eine Stellungnahme des A des LG Wiesbaden als seiner vorgesetzten Dienstbehörde ein. Dieser teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 10.11.2014 (Bl. 17 d.A.), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, mit, dass es sich nach eigener Mitteilung der Bevollmächtigten der Verkäufer, die vom Bevollmächtigten der Käufer offensichtlich bestätigt worden sei, um eine Schwarzgeldabrede gehandelt habe, woran sich die Parteien auch festhalten lassen müssten. Bei einer Schwarzgeldabrede sei zwingende Folge die Nichtigkeit des Kaufvertrages, sofern dieser noch nicht vollzogen sei. Damit entziehe sich ein solcher Sachverhalt der nachträglichen Einigung der Parteien. Es könne auch nicht nachträglich ein anderer Sachverhalt präsentiert werden.
Der Antragsgegner richtete sodann am 25.11.2014 ein Schreiben an die anwaltlichen Bevollmächtigten der Kaufvertragsparteien (Bl. 78 ff. d.A.), mit dem er das genannte Schreiben des Präsidenten des LG Wiesbaden vom 10.11.2014 überreichte. Er teilte mit, dass er sich dieser Auffassung anschließe und...