Entscheidungsstichwort (Thema)
Dinglicher Gerichtsstand für eine schuldrechtliche begründete Klage wegen Widerrufs eines hypothekarischen Darlehens
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verweisungsbeschluss gem. § 281 ZPO ist willkürlich, wenn er auf mehren groben Rechtsirrtümern beruht, die die Entscheidung in der Gesamtheit nicht mehr nachvollziehbar machen.
2. Dies kann dann der Fall sein, wenn der verweisende Richter verkennt, dass eine hilfsweise erhobene dingliche Klage (auf Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung) keine Zuständigkeit gem. § 24 ZPO für die in der Hauptsache geltend gemachten Anträge auf Feststellung der Unwirksamkeit des widerrufenen Darlehensvertrags begründen kann, wenn er übersieht, dass die Kläger für die Hauptanträge bereits ihr Wahlrecht gem. § 35 ZPO ausgeübt haben und wenn er zu erkennen gibt, dass er sich inhaltlich nicht mit der Rechtsfrage auseinander setzen will, ob schuldrechtlich begründete Klagen auf Löschung einer dinglichen Belastung überhaupt der Vorschrift des § 24 ZPO unterfallen.
Normenkette
ZPO §§ 24-25, 35, 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.07.2017; Aktenzeichen 2-25 O 599/16) |
Tenor
Das Landgericht Frankfurt am Main wird gem. § 36 I Nr. 6 ZPO als das zuständige Gericht bestimmt.
Gründe
I. Die Kläger nahmen zunächst im Januar 2004 und dann nochmals im Juli 2009 grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen bei der Beklagten auf. Im Januar 2016 erklärten sie den Widerruf der Darlehensverträge.
Sie haben vor dem Landgericht Frankfurt am Main Klage gegen die Beklagte erhoben, mit der sie in der Hauptsache die Feststellung begehren, dass die Darlehensverträge in Folge des Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind und dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet (Klageantrag zu 1.), ferner mit den Klageanträgen zu 2.) und 3.), dass die Kläger keine über die dort genannten Beträge hinausgehenden Zahlungen schulden.
Für den Fall, dass dem Klageantrag zu 1.) stattgegeben wird, beantragen die Kläger hilfsweise, dass die Beklagte ihnen eine löschungsfähige Quittung für die auf ihrem Grundstück in Stadt1 eingetragene Buchgrundschuld erteilen soll, Zug um Zug gegen Zahlung der offenen Beträge aus den Darlehen.
Das Landgericht hat die Parteien darauf hingewiesen, dass es im Hinblick auf eine Zuständigkeit des LG Essen gem. §§ 24, 25 ZPO Bedenken in Bezug auf seine eigene örtliche Zuständigkeit habe. Die Kläger haben daraufhin Verweisungsantrag gestellt; die Beklagte hat sich der Rechtsauffassung des Landgerichts Frankfurt am Main angeschlossen.
Durch Beschluss vom 11. 7. 2018 hat sich das Landgericht Frankfurt für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht Essen verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, hier sei mit dem Hilfsantrag der Anwendungsbereich des § 24 ZPO und damit die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts begründet, in dessen Bezirk das streitbefangene Grundstück belegen ist. Der Hilfsantrag sei so auszulegen, dass die Kläger von der Beklagten die Bewilligung der Löschung der auf ihrem Grundstück lastenden Grundschuld begehrten. Hinsichtlich der übrigen Klageanträge folge die Zuständigkeit des Landgerichts Essen aus § 25 ZPO; der Umstand dass der Klageantrag zu 4.) lediglich einen Hilfsantrag darstelle, spiele keine Rolle, da er mit Zustellung der Klage rechtshängig und damit auch verhandlungsfähig geworden sei.
Das Landgericht Essen hat demgegenüber durch Beschluss vom 18. Dezember 2017 die Übernahme abgelehnt und sich für örtlich unzuständig erklärt. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main entfalte keine Bindungswirkung, weil er objektiv willkürlich sei. Das Landgericht Frankfurt am Main habe in Bezug auf die Hauptanträge seine eigene Zuständigkeit unter Übergehung eindeutiger Zuständigkeitsvorschriften und ohne jegliche Begründung verneint. Auch hinsichtlich des Hilfsantrags sei eine Zuständigkeit des Landgerichts Essen nicht gegeben. Das Landgericht Frankfurt am Main habe es versäumt, das Klagebegehren unter diese Merkmale von § 24 ZPO zu subsumieren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen (Bl. 96 ff. d. A.).
Das Landgericht Frankfurt hat daraufhin die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung liegen vor. Die Landgerichte Frankfurt am Main und Essen haben sich mit unanfechtbaren Beschlüssen für örtlich unzuständig erklärt.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Gerichtsstandbestimmung berufen.
Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 2017 ist nicht gem. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bindend; das Landgericht Frankfurt am Main ist vielmehr für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.
1. Verweisungsbeschlüsse sind im Interesse der Prozessökonomie sowie zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkter Verzö...