Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäße Zusammensetzung des Aufsichtsrats
Leitsatz (amtlich)
§ 2349, 2. Teilsatz BGB eröffnet den Parteien eines Erbverzichtsvertrags die Möglichkeit, eine Begrenzung der Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge zu vereinbaren.
Normenkette
BGB § 2349
Verfahrensgang
AG Gelnhausen (Beschluss vom 08.02.2021) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts- Nachlassgerichts - Gelnhausen vom 08.02.2021 wird abgeändert.
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) vom 04.08.2020 wird zurückgewiesen.
Im Beschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Erblasserin ist am XX.XX.2016 mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Stadt1 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorben. Ihr Ehemann war bereits am XX.XX.2007 vorverstorben.
Bei der Beteiligten zu 1) handelt es sich um die einzige überlebende Tochter der Erblasserin. Die weitere Tochter A ist am XX.XX.2014 vorverstorben.
Bei den Beteiligten zu 2) und 3) handelt es sich um die einzigen Abkömmlinge der A.
Die 1978 geborene Beteiligte zu 3) steht unter gesetzlicher Betreuung; die Aufgabe einer Verfahrensbevollmächtigten wird von der Betreuerin wahrgenommen.
Mit notariell beurkundetem Erbverzichtsvertrag vom 26.05.2010 (UR-Nr .../2010 des Notars B) wurde zwischen der Erblasserin und der Mutter der Beteiligten zu 2) und 3) ein Erbverzichtsvertrag beurkundet (Bl. 15 ff. d.A.). Darin erklärte die Mutter der Beteiligten zu 2) und 3), sie verzichte gemäß §§ 2346 ff. auf ihr gesetzliches Erbrecht nach der Erblasserin "unter der Bedingung, dass mein Erbe meinem Sohn ≪erg: nunmehr: Beteiligter zu 2≫ zufällt. Die Erblasserin erklärte sich mit dem vorstehenden Verzicht einverstanden und nahm diesen an.
Seitens des Urkundsnotars wurde darauf hingewiesen, dass durch den vorstehenden Erbverzichtsvertrag die verlorengegangene Rechtsstellung nicht automatisch auf den Beteiligten zu 2) übergehe.
Mit notariellem Schenkungsvertrag gleichfalls vom 26.10.2010 des Notars B (UR-Nr. .../2010, Bl. 6 ff. d.A.) übergab die Erblasserin sodann im Wege der Schenkung und unter Wohnrechtsvorbehalt ein Hausgrundstück an den Beteiligten zu 2) zu Alleineigentum. Der Wert ist in der Notarurkunde mit 98.000,00 EUR angegeben worden.
Das im Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhandene Vermögen der Erblasserin ist mit 21.601,82 EUR angegeben worden (Bl. 51 d.A.).
Die Beteiligte zu 1) hat mit Antrag vor dem Nachlassgericht vom 04.08.2020 (Bl. 52 ff. d.A.) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Miterbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 2) und 3) als Miterben zu je 1/4 ausweisen soll. Der Erbverzicht der vorverstorbenen Mutter der Beteiligten zu 2) und 3) sei nicht wirksam geworden, da er von der Mutter unter die sodann ausgebliebene Bedingung gestellt worden sei, dass die Erblasserin den Beteiligten zu 2) zu ihrem testamentarischen Erben einsetze. Die gemeinsame Absicht der Erblasserin und ihrer vorverstorbenen Tochter A sei es gewesen, das Eigentum an den Grundstücken in einer Hand zu belassen. Ferner habe sich die Erblasserin im Jahre 2007 und damit vor Ableben ihres vorverstorbenen Ehemannes gegenüber der Mutter der Beteiligten zu 2) und 3) dahin geäußert, dass sie den Beteiligten zu 1) zu ihrem Erben einsetzen und ihre Töchter auf den Pflichtteil setzen werde.
Der Beteiligte zu 2) ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, der Erbverzicht sei dahin auszulegen, dass seine Mutter nur für sich und die Beteiligte zu 3) auf ihren Erbteil nach der Erblasserin verzichtet habe, während der Beteiligte zu 2) von der Verzichtswirkung ausgenommen bleiben solle. Der Erbverzicht sei auch wirksam geworden. Er sei nicht davon abhängig, dass die Erblasserin den Beteiligten zu 2) zu ihrem testamentarischen Erben einsetze, sondern greife auch im Falle gesetzlicher Erbfolge nach der Erblasserin ein.
Der von dem Nachlassgericht als Zeuge gehörte Urkundsnotar hat bei seiner Anhörung vom 08.02.2021 (Bl. 101 d.A.) mitgeteilt, dass er keine Erinnerung an den Ablauf der Beurkundungsverhandlung habe. Jedoch schließe er aus dem in der Urkunde enthaltenen Belehrungsvermerk, wonach die verlorengegangene Rechtsstellung nicht automatisch auf den Beteiligten zu 2) übergehe, dass die Angelegenheit mit den Vertragsbeteiligten so besprochen worden war, dass der Erbverzicht der Mutter der Beteiligten zu 2) und 3) vor dem Hintergrund der Regelung des § 2350 BGB eine testamentarische Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2) zur Voraussetzung haben sollte.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 08.02.2021 (Bl. 102 ff. d.A.) die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 1) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses bis zu dessen Rechtskraft zurückgestellt. Aufgrund der Angaben des Urkundsnotars sei festzustellen, dass der Erbverzicht unter der aufschiebenden Bedingung einer testamentarischen Einsetzung des Beteiligten zu 2) durch...