Entscheidungsstichwort (Thema)
Entzug der elterlichen Sorge für fremduntergebrachte Kinder
Normenkette
BGB §§ 1666, 1666a
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:
Der Verbleib der Kinder Vorname2 Nachname1, geb. am XX.XX.2019, und Vorname1 Nachname1, geb. am XX.XX.2019, bei den Pflegeeltern Vorname3 und Vorname4 Nachname2 wird angeordnet.
Dem Kindesvater wird das Sorgerecht für die Kinder Vorname2 Nachname1, geb. am XX.XX.2019, und Vorname1 Nachname1, geb. am XX.XX.2019, in dem Teilbereich Antragstellung nach dem SGB VIII entzogen und auf das Jugendamt der Stadt Stadt1 als Ergänzungspfleger übertragen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Kindesvaters zurückgewiesen.
Für das Beschwerdeverfahren wird von der Erhebung von Gerichtskosten und der Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses.
Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf 4.000,- Euro.
Gründe
I. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kindesvater gegen den erstinstanzlich ausgesprochenen Entzug seiner elterlichen Sorge für die fremduntergebrachten Zwillinge Vorname2 und Vorname1 Nachname1, geboren am XX.XX.2019, in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitssorge, Antragstellung nach dem SGB VIII und Umgangsbestimmungsrecht.
Im September 2018 informierte die Psychiatrische Fachklinik Stadt2 des A-Kreises das zuständige Jugendamt über die bestehende Schwangerschaft der Kindesmutter mit den hier betroffenen Zwillingen. Die Klinik teilte mit, dass bei der Kindesmutter eine Posttraumatische Belastungsstörung sowie eine Borderline-Persönlichkeitsstörung vorliege und die Mutter psychisch sehr instabil sei. Die behandelnde Psychotherapeutin der Mutter bestätigte die Diagnosen und erklärte, dass die Mutter immer wieder suizidgefährdet sei.
Nach ihrer Geburt und der Entlassung aus der Klinik am XX.XX.2019 wurden die Zwillinge gemeinsam mit ihrer Mutter in einer Mutter-Kind-Einrichtung aufgenommen. Bereits nach vier Tagen gemeinsamen Aufenthaltes der Kinder mit der Mutter musste diese jedoch erneut zur Behandlung einer akuten Entzündungserkrankung in ein Krankenhaus aufgenommen werden. Das Jugendamt nahm die Kinder deshalb am XX.03.2019 in Obhut. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Bereitschaftspflegefamilie wechselten die Kinder in eine Pflegefamilie, in der sie sich bis zum XX.04.2020 aufhielten.
Die Mutter der Zwillinge verstarb Mitte ... 2020. Der Kindesvater fand die Kindesmutter tot in ihrer Wohnung auf, als er diese aufsuchte, um mit ihr einen begleiteten Umgangstermin mit den Kindern wahrzunehmen.
Die Vaterschaft für die Zwillinge war zunächst ungeklärt. Der Kindesvater erklärte Ende März 2019, der biologische Vater der Zwillinge zu sein, stellte im April 2019 einen Sorgerechtsantrag (Az. ...) und begehrte mit Antragsschrift von Mai 2019 Umgang mit den Kindern (Az. ...). Beide Anträge wies das Amtsgericht - Familiengericht - Stadt1, (...) mangels bestehender rechtlicher Vaterschaft zurück. Die Kindesmutter stimmte der Vaterschaftsanerkennung durch Jugendamtsurkunde am 16.07.2019 zu, nachdem der Vater ein seine Vaterschaft bestätigendes Abstammungsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Stadt1 eingeholt und gerichtlich die Vaterschaftsfeststellung beantragt hatte (Az. ...).
In dem vor dem Familiengericht zur Klärung der Sorgerechtslage seit Mai 2019 geführten Hauptsacheverfahren (Az. ...) holte dieses zunächst ein Sachverständigengutachten zur Überprüfung der Erziehungsfähigkeit der Mutter ein. Nach Klärung der rechtlichen Vaterschaft und eigener Antragstellung des Vaters im anhängigen Sorgerechtsverfahren erweiterte das Familiengericht den Beweisbeschluss um die Begutachtung der Erziehungsfähigkeit des Vaters. In ihrem schriftlichen Gutachten kam die bestellte Sachverständige Dipl.-Psych. B zu dem Ergebnis, dass der Kindesvater grundsätzlich erziehungsgeeignet sei, sie jedoch gewisse, aber nicht gravierende Einschränkungen in den Fähigkeiten zur emotionalen Beziehungsgestaltung sehe. Es sei davon auszugehen, dass der Vater die notwendigen Kompetenzen durch ambulante Hilfen erwerben könne. Auf das Gutachten vom 10.02.2020 (Bl. 207 - 284 d.A. ...) wird Bezug genommen.
Das Amtsgericht übertrug daraufhin nach dem Tod der Mutter die elterliche Sorge für beide Kinder auf den Vater. Die dagegen seitens des Jugendamtes erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 17.04.2020 zurück (Az. ...).
Entgegen der Empfehlung der Sachverständigen, einen Wechsel schrittweise vorzubereiten, wechselten die Zwillinge abrupt und ohne weiteren Vorbereitungsprozess bereits am XX.04.2020 in den Haushalt des Vaters, da die Pflegestelle mitgeteilt hatte, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Zwillinge zur Verfügung zu stehen. Pa...