Normenkette

ZPO §§ 885, 887

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-18 O 142/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des LG Frankfurt am Main – 18. Zivilkammer – vom 27.9.2002 (Nichtabhilfebeschluss vom 28.10.2002) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin zu tragen.

Beschwerdewert: 61.355 Euro.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin hatte im Jahr 1965 einen Lagerplatz an die Schuldnerin vermietet. Durch Urt. v. 23.10.2001 wurde die Schuldnerin verurteilt, den Lagerplatz zu räumen und vollständig geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Schuldnerin hat zwischenzeitlich den Besitz am Mietobjekt vollständig aufgegeben; die Gläubigerin weigert sich allerdings, den angebotenen Schlüssel für das Objekt zurückzunehmen. Sie meint, die Räumungsverpflichtung der Schuldnerin beinhalte auch den Abbruch, die Entfernung, die Entsorgung sowie den Rückbau der auf dem Mietgrundstück gelegenen Gebäude und Anlagen.

Das LG hat den Antrag der Gläubigerin auf Ermächtigung zur Ersatzvornahme unter Hinweis auf die fehlenden Voraussetzungen für eine Vollstreckung nach § 887 ZPO zurückgewiesen.

Gegen diese der Gläubigerin am 21.10.2002 zugestellte Entscheidung setzt sie sich mit ihrer am 24.10.2002 eingegangenen sofortigen Beschwerde zur Wehr, der das LG nicht abgeholfen hat.

II. Die an sich statthafte, auch form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG den Vollstreckungsantrag der Gläubigerin zurückgewiesen.

Die Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 887 ZPO für eine Ersatzvornahme hinsichtlich der von der Gläubigerin erstrebten Abbruch- und Beseitigungsarbeiten liegen ersichtlich nicht vor.

Die Vollstreckung der titulierten Verpflichtung der Schuldnerin, die Mietfläche zu räumen und vollständig geräumt an die Gläubigerin herauszugeben, richtet sich nach § 885 ZPO. Danach erfolgt die Vollstreckung in der Weise, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz setzt und den Gläubiger in den Besitz einweist. Werden bewegliche Sachen bei der Räumungsvollstreckung vorgefunden, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, hat der Gerichtsvollzieher sie wegzuschaffen und dem Schuldner, seinem Bevollmächtigten oder seinen Familienangehörigen zu übergeben; sofern keine dieser Personen anwesend ist, muss er sie selbst in Verwahrung nehmen.

Insoweit erfasst ein Titel auf Herausgabe und Räumung eines Grundstücks zwar auch die Räumungsverpflichtung hinsichtlich eines darauf errichteten Gebäudes. Wenn also ein Schuldner ein Grundstück zu räumen hat, muss er notwendig auch das darauf errichtete Gebäude verlassen bzw. aus dessen Besitz gesetzt werden. Mit einer Beseitigung des Gebäudes durch den Schuldner im Vollstreckungsverfahren hat dies indes nichts zu tun. Die von der Gläubigerin zur Stützung ihrer Rechtsauffassung vorgelegten Entscheidungen stellen nur diese, sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Rechtslage dar.

Für die mit der Ersatzvornahme erstrebten Leistungen (Abbruch, Entfernung, Entsorgung und Rückbau der auf dem geräumten Grundstück befindlichen Gebäude und Anlagen) fehlt es an dem erforderlichen Vollstreckungstitel, der dann nach § 887 ZPO vollstreckt werden könnte (Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 885 Rz. 2; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 885 Rz. 4). Eine entsprechende titulierte Leistungsverpflichtung lässt sich nämlich dem rechtskräftigen Räumungsurteil auch im Wege der Auslegung nicht entnehmen. Der Tenor sieht nur die Räumung und Herausgabe in geräumtem Zustand vor. Dadurch werden nur die Besitzverschaffung und das Wegschaffen der beweglichen Sachen erfasst. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich ebenso wenig, dass die titulierte Verpflichtung weitergehende Leistungen der Schuldnerin beinhalten sollte als die auf der Grundlage von § 885 ZPO durchzuführende Räumung. Erstrebt ein Gläubiger weitergehende Leistungen, bedarf es der gesonderten Titulierung eines etwaigen Anspruchs auf Beseitigung von Baumaßnahmen und Rückbau, wie er sich aus § 556 BGB oder einer entsprechenden mietvertraglichen Abrede ergeben kann (so ausdrücklich auch Derleder, JurBüro 1994, 450 [452]).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3, 97 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105231

InVo 2003, 250

MDR 2003, 655

OLGR Frankfurt 2003, 68

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