Entscheidungsstichwort (Thema)
Angleichungserklärung bei arabischer Namenskette
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entgegennahme der Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB stellt eine Amtshandlung im Sinne des § 49 Abs. 1 PStG dar.
2. Der Namensträger kann Tatbestände des Art. 47 Abs. 1 EGBGB miteinander kombinieren; die Tatbestände stehen in keinem hierarchischen Verhältnis zueinander.
Normenkette
EGBGB Art. 47
Verfahrensgang
AG Fulda (Beschluss vom 17.10.2019; Aktenzeichen 1 III 5/19) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Die tatsächlichen Namen wurden durch Pseudonyme ersetzt.
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Beteiligte zu 2. wird angewiesen, die Angleichungserklärung des Antragstellers, wonach dieser den Namen "Achmed" (Name geändert - die Red.) zum Familiennamen und den Namen "Hassan" (Name geändert - die Red.) zum Vornamen wählt, sowie die weiteren Namensbestandteile "Mustafa Mustafa" (Namen geändert - die Red.) ablegt, entgegenzunehmen.
Die Entscheidung ergeht im Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei.
Notwendige Aufwendungen werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller war ägyptischer Staatsangehöriger. Am 28.01.2019 erwarb er die deutsche Staatsangehörigkeit. Auf die Abschrift der Einbürgerungsurkunde des Regierungspräsidiums Stadt2 vom 18.01.2019 (Bl. 82 d. A.) wird insoweit verwiesen.
Am 04.03.2019 gab der Antragsteller gegenüber dem Beteiligten zu 2. (im Folgenden: Standesamt) eine Erklärung zur Angleichung der Namensführung an das deutsche Recht ab. Er erklärte: "Ich bestimme durch Angleichung den Namen Achmed zum Familiennamen und den Namen Hassan zum Vornamen.". Wegen der Einzelheiten der Erklärung wird auf die Protokollabschrift (Bl. 23 d. A.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 06.03.2019 (Bl. 24 d. A.) teilte das Standesamt den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit, dass der Eingang des Antrags zwar bestätigt werde, aber der gewünschten Ablegung des Namens Mustafa Mustafa nicht entsprochen werden könne. Zur Begründung führte es aus, dass nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGBGB nur Namensbestandteile, die das deutsche Recht nicht vorsehe, abgelegt werden könnten (= sog. "Ablegeerklärung"). Der Namensträger könne gemäß Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aus seiner eigenen Namenskette Vor- und Familiennamen bestimmen (sog. "Sortiererklärung"), wobei er in der Wahl grundsätzlich frei sei.
Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 06.05.2019 (Bl. 17 ff. d. A.) hat der Antragsteller beim Amtsgericht beantragt, den Standesbeamten dazu anzuhalten, den Namen des Antragstellers "Hassan Achmed Mustafa Mustafa" in "Hassan" (Vorname) und "Achmed" (Nachname) zu ändern. Zur Begründung hat er darin und mit weiterem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 26.08.2019 (Bl. 86 ff. d. A.), auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen vorgetragen, dass ein Anweisungsinteresse des Antragstellers nach § 49 Abs. 1 PStG vorliege, weil das Standesamt die Entgegennahme der Erklärung aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt habe. Das Standesamt sei mithin zur Entgegennahme zu verpflichten. Er hat die Auffassung vertreten, dass Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB nach allgemeiner Auffassung anwendbar sei, wenn die betroffene Person einen mehrgliedrigen Namen (ohne Familiennamen) trage, aus dessen Bestandteilen Vor- und Familiennamen gebildet werden könnten. Entgegen der Auffassung des Standesamts finde Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB Anwendung, weil der Antragsteller einen mehrgliedrigen Namen (ohne Familiennamen) trage. Bei dem Namensteil "Achmed Mustafa Mustafa" des ursprünglichen ägyptischen Namens des Antragstellers handele es sich um den Vornamen ("Achmed") und Zunamen ("Mustafa Mustafa") seines im Jahr 1935 geborenen Vaters. Der ägyptische Name des Antragstellers setze sich also aus einem eigenen Vornamen ("Hassan"), dem Vornamen seines Vaters ("Achmed") und dem Vornamen seines Großvaters ("Mustafa Mustafa") zusammen. Lägen aber mehrere Eigennamen vor, könne der Antragsteller einen davon zum Familiennamen bestimmen. Welcher das sei, bleibe ihm überlassen. Weiterhin könne der Namensträger auch einen bzw. mehrere seiner Namen nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGBGB ablegen und somit die Möglichkeiten des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 EGBGB kombinieren. Dies werde in der Literatur durchgehend bejaht. Aus der von Standesamt und der Beteiligten zu 3. (im Folgenden: Standesamtsaufsicht) in Bezug genommenen Rechtsprechung ergäbe sich nichts Anderes. Dem Wunsch des Antragstellers nach Kombination einer "Sortiererklärung" nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB mit einer "Ablegeerklärung" nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGBGB sei mithin stattzugeben.
Das Standesamt ist dem Antrag ausweislich des Schreibens vom 18.06.2019 (Bl. 26 d. A.) entgegengetreten und hat dessen Zurückweisung beantragt. Zur Begründung hat es sich auf Entscheidungen des Amtsgerichts Leipzig vom 23.09.2010 (Bl. 51 ff. d. A.), des Oberlandesgerichts Ka...