Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung des Familiennamens aus Kindeswohlgründen (hier verneint)

 

Normenkette

BGB § 1618; NamÄndG § 3 Abs. 1

 

Tenor

Die Beschwerden der Verfahrensbeiständin und des Kindesvaters werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten für das Rechtsmittelverfahren haben die Kindeseltern jeweils zur Hälfte zu tragen. Von der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander wird abgesehen.

Der Verfahrenswert für den zweiten Rechtszug wird festgesetzt auf 4.000 EUR.

Der Kindesmutter wird für den zweiten Rechtszug ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin A in Stadt1 bewilligt.

 

Gründe

I. Das betroffene elfjährige Kind B ist aus der nichtehelichen Beziehung der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern hervorgegangen und lebt seit ihrer Trennung im Sommer 2018 gemeinsam mit ihrem inzwischen volljährigen Bruder im Haushalt ihres Vaters. B trägt den Familiennamen ihrer Mutter, Nachname1.

Der zunächst anwaltlich nicht vertretene Kindesvater beantragte beim Familiengericht im März 2021 die Ersetzung der Einwilligung der Kindesmutter in die Namensänderung Bs und ihres Bruders von Nachname1 in Nachname2. Beide hätten ihm mitgeteilt, dass sie gerne seinen Nachnamen tragen würden. Außerdem sei die Kooperation mit der Kindesmutter in Fragen der elterlichen Sorge, des Umgangs mit den Kindern und der Unterhaltszahlungen schwierig.

Die Kindesmutter ist dem Antrag entgegengetreten. Für die gewünschte Namensänderung lägen keinerlei Gründe vor und sie entspreche tatsächlich auch nicht dem Wunsch der Kinder.

Das Familiengericht hat B persönlich angehört. Zum Ergebnis der Anhörung wird auf den Vermerk vom 28.09.2021 Bezug genommen. Die mit Beschluss vom 07.10.2021 bestellte Verfahrensbeiständin hat den Antrag des Kindesvaters befürwortet. B habe auch ihr gegenüber erklärt, den Namen ihres Vaters tragen zu wollen. Sie habe sich mit dem Thema länger auseinandergesetzt, ihr Wille sei durativ, stabil und intensiv. Er entspreche auch dem kindlichen Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität. Das beteiligte Jugendamt hat sich ebenfalls für den Antrag des Vaters ausgesprochen. B erfahre in der Gemeinschaft mit ihm Verlässlichkeit und Erreichbarkeit. Sie werde ihren Lebensmittelpunkt wohl auf Dauer bei ihm haben. Die Mutter zeige momentan aufgrund ihrer psychischen Labilität nicht die für die Entwicklung ihrer Tochter nötige Verlässlichkeit.

Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Verfahrensbeiständin und der Kindesvater den erstinstanzlichen Antrag des Kindesvaters weiter. Die Kindesmutter beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nachdem der Senat die Sache mit Beschluss vom 23.03.2022 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen hat, wurden B und die Kindeseltern am 13.04.2022 persönlich angehört. Zum Ergebnis der Anhörungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom selben Tag verwiesen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen, ferner auf die Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin vom 17.01. (Beschwerdeschrift) und 14.02.2022 sowie des Jugendamts vom 24.11.2021.

II. Die Beschwerden der Verfahrensbeiständin vom 17.01. und des Kindesvaters vom 18.01.2022 gegen die ihnen jeweils am 22.12.2021 zugestellte Entscheidung sind statthaft, form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig (§§ 58 ff. FamFG).

Den beiden Rechtsmitteln bleibt in der Sache jedoch der Erfolg verwehrt. Die zutreffend auf die Verneinung der Voraussetzungen der §§ 1628 BGB, 2, 3 NamÄndG gestützte Entscheidung des Familiengerichts begegnet weder ihrer Begründung noch ihrem Ergebnis nach Bedenken. Das Familiengericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Wahl des Vornamens um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind handelt, über die bei gemeinsamer Sorge - in Abgrenzung zu Angelegenheiten des täglichen Lebens nach § 1687 BGB - von den sorgeberechtigten Eltern grundsätzlich nur gemeinsam entschieden werden kann (BGH FamRZ 2017, 119; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1723). Ist dies - wie hier - nicht möglich, ist die Entscheidungsbefugnis grundsätzlich auf den Elternteil zu übertragen, der dem Kindeswohl (§ 1697a BGB) entsprechend verfahren will. Ob und inwiefern das Kindeswohl berührt ist, ist nach der Eigenart der zu regelnden Angelegenheit zu beurteilen, aus der sich auch die konkreten Anforderungen an die für die Entscheidung nach § 1628 BGB zu treffende Prüfung ergeben (vgl. zum Ganzen OLG Oldenburg FamRZ 2015, 333). Ein Eingriff in die - gemeinsame - elterliche Sorge nach § 1628 BGB ist dabei nur insoweit zulässig, dass das Gericht einem Elternteil die Entscheidungskompetenz überträgt, das Gericht trifft jedoch nicht die Entscheidung anstelle der Eltern selbst (BVerfG FamRZ 2003, 511).

Da sich die nach § 1628 BGB zu treffende Entscheidung gemäß §1697 a BGB nach dem Kindeswohl richtet, ist die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird, ggf. auch...

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