Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsmittel bei Verstoß gegen die Umgangspflicht
Leitsatz (amtlich)
Auch gegen den Umgangsberechtigten können bei Verweigerung der Wahrnehmung gerichtlich angeordneter Umgangstermine Ordnungsmittel jedenfalls dann verhängt werden, wenn die Gründe der Verweigerung (hier: Kosten des Umgangs) bereits im Erkenntnisverfahren berücksichtigt wurden.
Normenkette
BGB § 1684; FamFG § 89
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Beschluss vom 21.06.2022; Aktenzeichen 50 F 443/20 OV2.1) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen Verstoßes gegen eine gerichtliche Umgangsregelung.
Das Amtsgericht hat mit den Beteiligten zugestelltem Beschluss vom 27. Oktober 2021 den Umgang des Antragsgegners mit den zwei gemeinsamen Kindern der Beteiligten unter anderem dahingehend geregelt, dass in ungeraden Kalenderwochen in der Zeit von Freitag 14 Uhr bis Montag 8 Uhr und in geraden Kalenderwochen am Dienstag von 14:30 Uhr bis 19 Uhr Umgang des Beschwerdeführers mit den beiden Kindern stattfindet. Zu dem Beschluss im Einzelnen wird auf diesen verwiesen.
Auf Antrag der Kindesmutter verhängte das Amtsgericht mit dem angefochtenen, dem Antragsgegner am 28. Juni 2022 zugestellten, Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro wegen Verstößen gegen die Umgangsregelung im Zeitraum April und Mai 2022, weil der Beschwerdeführer seit April 2022 keinen Umgang mehr wahrnimmt. Der Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm finanziell nicht möglich, ein für Übernachtungen geeignetes Umfeld für die Kinder aufzubauen, sei nicht zu berücksichtigen und bereits in dem Umgangsbeschluss erörtert und abgelehnt. Der Beschwerdeführer bemühe sich im Übrigen offenbar nicht, irgendeinen Umgang wahrzunehmen. Im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Mit am 12. Juli 2022 eingegangener sofortiger Beschwerde begehrt der Antragsgegner die Aufhebung des Beschlusses und zeitgleich gesondert die Abänderung der geltenden Umgangsregelung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des OLG Frankfurt entspreche es nicht dem Kindeswohl, den umgangsunwilligen Elternteil zum Umgang mit Ordnungsmitteln anzuhalten und Ordnungsmitteln nach §§ 89 ff. FamFG durchzusetzen.
II. Die gemäß § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO, zulässige, insbesondere form- und fristgereicht eingelegte, sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet.
Die Voraussetzungen der Vollstreckung liegen vor. Der Umgang des Beschwerdeführers mit den gemeinsamen Kindern ist durch Gerichtsbeschluss in hinreichend bestimmter Form angeordnet (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), in dem Beschluss wurde die Verhängung von Ordnungsmitteln im Fall der Zuwiderhandlung angedroht und der Beschluss wurde zugestellt. Einer Vollstreckungsklausel bedarf es nach § 86 Abs. 3 FamFG nicht.
Die Festsetzung eines Ordnungsmittels hat auch nicht gemäß § 89 Abs. 4 FamFG zu unterbleiben. Denn der Beschwerdeführer hat keine Gründe vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Im Hinblick auf den erstinstanzlich vorgebrachten Einwand mangelnder finanzieller Möglichkeiten, den Umgang durchzuführen, wird auf die Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung verwiesen.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers verhilft der Beschwerde auch die Berufung auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Oberlandesgerichts Frankfurt nicht zum Erfolg. Zur gerichtlichen Verpflichtung eines Elternteils zum Umgang mit dem Kind hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Eingriff in das Recht des Elternteils auf Schutz der Persönlichkeit im Hinblick auf die den Eltern durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auferlegte Verantwortung für ihre Kinder grundsätzlich gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 121, 69 ≪95 f.≫). Dieser Elternverantwortung trägt § 1684 Abs. 1 BGB Rechnung, indem er den Umgang mit dem Kind zur elterlichen Pflicht erhebt. Es ist einem Elternteil grundsätzlich zumutbar, auch unter Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitssphäre zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient (vgl. BVerfGE 121, 69 ≪97 f.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. Februar 2022 - 1 BvR 743-21 -, Rn. 19, juris). Die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht gegen einen umgangsunwilligen Elternteil hat nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Obergerichte zu unterbleiben, wenn es im konkreten Einzelfall keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt, die darauf schließen lassen, dass der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dienen wird (vgl. BVerfGE 121, 69; OLG Hamm, Beschluss vom 25. Juli 2017 - II-6 WF 179-17 -, Rn. 4, juris). Es ist einem Elternteil zumutbar, auch unter Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitssphäre zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. November 2020 - 3 UF...