Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdeberechtigung des Nacherben gegen Vorbescheid des Vormundschaftsgerichts
Leitsatz (amtlich)
Erteilt das Vormundschaftsgericht einen Vorbescheid, mit dem die Genehmigung zur Aufgabe des Eigentums durch den Betreuer an einem Hausgrundstück angekündigt wird, welches der Betreute als nicht befreiter Vorerbe erhalten hat und dessen Unterhaltungskosten er aus seinem Einkommen und Vermögen nicht finanzieren kann, so ist eine Beschwerdeberechtigung des Nacherben, der die Zustimmung zur Veräußerung des Grundstückes verweigert, zur Anfechtung dieses Vorbescheides nicht gegeben.
Normenkette
BGB §§ 2113, 928, 1821 Abs. 1 S. 1, § 1908 Abs. 1, § 2100
Verfahrensgang
AG Bad Hersfeld (Beschluss vom 02.12.2008) |
Tenor
Rechtsanwalt A wird der Betroffenen auch für das Verfahren der weiteren Beschwerde als Verfahrenspfleger beigeordnet; die Verfahrenspflegschaft wird berufsmäßig geführt.
Der angefochtene landgerichtliche Beschluss wird aufgehoben.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Vorbescheid des AG Bad Hersfeld vom 2.12.2008 wird als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die 79jährige pflegebedürftige Betroffene, für die seit dem Jahre 2000 eine Betreuung eingerichtet ist, die sich u.a. auf den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bezieht, lebt seit mehreren Jahren in dem eingangs bezeichneten Altenheim. Da ihre monatlichen Renteneinkünfte i.H.v ca. 600 EUR zur Deckung der Heimpflegekosten nicht ausreichen, werden diese ergänzend vom Landkreis X als Sozialhilfeträger finanziert, der ihr auch ein monatliches Taschengeld von 90 EUR zahlt. Die Betroffene, deren sonstiges Vermögen lediglich aus einem Sparguthaben i.H.v ca. 600 EUR besteht, ist Eigentümerin eines Grundstücks in O1, welches mit einem älteren und erheblich sanierungsbedürftigen Einfamilienhaus bebaut ist. Das Grundstück stand ursprünglich im Miteigentum zu je ½ der Betroffenen und ihres im Jahre 1986 verstorbenen Ehemanns. Nach dem Tode des Ehemanns wurde die Betroffene aufgrund eines Erbvertrages beschränkte alleinige Vorerbin; als Nacherbin nach dem Tod der Betroffenen ist deren einzige Tochter - die Beschwerdeführerin - eingesetzt.
Ausweislich der Eintragung im Grundbuch ist das Nacherbenrecht der Beschwerdeführerin seit dem Jahre 2002 an eine Bank verpfändet. Wegen der verauslagten Sozialhilfe für den Heimaufenthalt, die sich bis April 2008 auf insgesamt ca. 32.000 EUR aufsummierte, ist im Grundbuch eine Hypothek eingetragen.
Da die Betreuerin sich seit längerer Zeit außer Stande sieht, aus den nur noch aus dem Taschengeld bestehenden Einkünften der Betroffenen die laufenden Unterhaltungskosten für das Grundstück i.H.v monatlich ca. 130 EUR aufzubringen, trat sie mehrfach vergeblich an die Beschwerdeführerin heran, um deren Zustimmung zur Veräußerung des Hauses bzw. zur Bewilligung der Löschung des Nacherbenvermerkes zu erlangen. Die Betreuerin hatte zwischenzeitlich einen Interessenten gefunden der für das Hausgrundstück, dessen Wert von einem Sachverständigen auf ca. 32.500 EUR geschätzt worden war, einen Kaufpreis von 25.000 EUR geboten hatte.
Schließlich stellte die Betreuerin im September 2008 beim Vormundschaftsgericht den Antrag, ihr die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zum Verzicht auf das Eigentum an dem Grundstück B-Straße ... in O1 zu erteilen, da die Betroffene nicht mehr in der Lage sei, die Kosten für das Hausgrundstück zu tragen und die Tochter und Beschwerdeführerin einem Verkauf weiterhin nicht zustimme.
Nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Verfahrenspflegers erließ der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts mit Beschluss vom 2.12.2008 einen Vorbescheid, mit welchem er ankündigte, der Betreuerin die Genehmigung für die Erklärung des Verzichts auf das Eigentum an dem näher bezeichneten Grundstück ggü. dem AG - Grundbuchamt - sowie die Beantragung der entsprechenden Eintragung im Grundbuch zu erteilen, sofern nicht innerhalb einer Frist von 10 Tagen Einwände erhoben oder Beschwerde eingelegt werde.
Gegen diesen Vorbescheid legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18.12.2008 "Widerspruch" ein, ohne diesen näher zu begründen. Nach Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger hob das LG mit Beschluss vom 30.4.2009 den Vorbescheid auf und wies den Antrag der Betreuerin auf Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zum Verzicht auf das Eigentum für das Hausgrundstück ab. Zur Begründung führte das LG im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei beschwerdeberechtigt, weil sie durch die angekündigte Genehmigung in ihrem Nacherbenrecht als subjektivem Recht i.S.d. § 20 Abs. 1 FGG beeinträchtigt werde. Die Beschwerde sei auch begründet, da der Eigentumsverzicht betrachtet aus dem Interesse der Betroffenen als unverhältnismäßig anzusehen sei. Auch wenn der als milderes Mittel zunächst in Betracht kommende Verkauf des Grundstücks an der verweigerten Zustimmung der Beschwerdeführerin scheitere, komme als weiteres milderes Mittel die Geltendmachung des Einwilligungsanspruchs ...